Kornmond und Dattelwein

Omen; besagte es doch, daß die Göttin ihr Volk nicht vergessen hatte. Inanna genas langsam, aber beständig. Im ersten Winter lebten sie, Seb und die anderen, in Schilfhütten wie die, die sie vor vielen Jahren zusammen mit Enkimdu in dem kleinen Tal errichtet hatte. Die kleine Gemeinde der Überlebenden hätte an einer Hungersnot zugrunde gehen können, aber die Natur war ihnen gnädig. Auch das Wetter meinte es gut mit ihnen. Der Regen fiel zur rechten Zeit, und obwohl nur wenige Felder von der Zerstörungswut der Schwarzköpfigen verschont geblieben waren, reichte der geringe Ertrag aus, sie alle bis zum Frühjahr satt zu machen.
    Als das Getreide das nächste Mal keimte und sproß, waren die Stadtmauern wieder instandgesetzt. Im darauffolgenden Jahr, in der ersten Woche des Weidenmondes, hob Inanna Seb neben sich auf den Thron und machte ihn damit zum König. Sie verkündete, daß von nun an sie beide gemeinsam über die Stadt herrschen würden. Am selben Tag pflanzte sie Jasmin auf das Dach des neuen Palastes. Er war deutlich kleiner und weniger prachtvoll ausgefallen als der alte, stand aber schon für eine Reihe guter Erinnerungen. Von da an arbeiteten Seb und Inanna jeden Tag am Dachgarten, bis der neue Horst der Königin wieder ein Platz der Schönheit, des Friedens und der Erbauung war. Und dort, zwischen den zierlichen Sternen der Jasminblüten, wachte Seb – drei Jahre nach dem großen Feuer – über Inanna, während sie dem ersten Kind der beiden das Leben schenkte: einem Knaben mit himmelblauen Augen, dem sie den Namen Enkimdu gaben.