Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hohle Köpfe

Hohle Köpfe

Titel: Hohle Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
E s war eine warme Frühlingsnacht, als eine Faust so heftig an die Tür klopfte, daß sich die Angeln verbogen. Ein Mann öffnete und sah hinaus auf die Straße. Nebelschwaden kamen vom Fluß, und das Schimmern der Sterne war hinter einer dichten Wolkendecke verborgen. Der Mann hätte auch versuchen können, durch grauen Samt zu blicken.
    Doch nachher glaubte er, Gestalten bemerkt zu haben, außerhalb des Lampenscheins auf der Straße. Einige, vielleicht auch viele Schemen, die ihn aufmerksam beobachteten. Hier und dort schienen kleine Lichter zu glühen…
    Existenz und Beschaffenheit der Gestalt vor dem Mann waren eindeutig. Groß und dunkelrot ragte sie auf wie das von Kindeshänden geschaffene Tonmodell eines Menschen. Zwei Kohlen bildeten die Augen.
    »Nun? Was willst du so spät in der Nacht?«
    Der Golem reichte ihm eine Schiefertafel, auf der geschrieben stand.
    Wir gehört; daß du möchtest einen Golem.
    Golems konnten natürlich nicht sprechen.
    »Ha! Ich
möchte
einen, ja. Aber ich kann mir keinen
leisten.
Ich habe mich erkundigt, doch heutzutage seid ihr viel zu teuer…«
    Der Golem wischte die Worte von der Tafel und schrieb:
    Für dich einhundert Dollar.
    »Bist du zu verkaufen?«
    Nein.
    Der Golem wankte zur Seite. Ein anderer trat vor die Tür.
    Es war ebenfalls ein Golem – das sah der Mann auf den ersten Blick. Aber dieser sah keineswegs so aus wie die üblichen klobigen Tonhaufen, die man gelegentlich zu Gesicht bekam. Er glänzte wie eine frisch polierte Statue und war perfekt bis zur detailgetreuen Darstellung der Kleidung. Er erinnerte den Mann an die alten Bilder von früheren Königen der Stadt, die immer eine gebieterische Haltung einnahmen und einen herrischen Haarschnitt zur Schau stellten. Dieser Golem trug sogar eine kleine Tonkrone auf dem Haupt.
    »Hundert Dollar?« fragte der Mann argwöhnisch. »Stimmt mit dir was nicht? Wer verkauft dich?«
    Alles stimmt. Perfekt bis ins letzte Detail. Neunzig Dollar.
    »Das klingt, als wollte dich jemand möglichst schnell loswerden…«
    Golem muß arbeiten. Golem muß einen Herrn haben.
    »Ja, sicher, aber man erzählt sich Geschichten… Manchmal werden Golems verrückt und stellen zu viele Dinge her und so.«
    Nicht verrückt, achtzig Dollar.
    »Er sieht… neu aus«, sagte der Mann und klopfte gegen die glänzende Brust. »Aber es werden keine Golems mehr produziert. Deshalb sind sie ja zu teuer für kleine Unternehmen…« Er unterbrach sich. »Jemand hat wieder mit der Produktion begonnen, stimmt’s?«
    Achtzig Dollar.
    »Die Priester haben sie schon vor Jahren verboten. Mit solch einer Sache kann man sich in
große
Schwierigkeiten bringen.«
    Siebzig Dollar.
    »Wer steckt dahinter?«
    Sechzig Dollar.
    »Verkauft er sie an Albertson? Oder an Spatz & Sperling? Es ist auch so schon schwierig genug, konkurrenzfähig zu bleiben, und die anderen haben genug Geld für Investitionen.«
    Fünfzig Dollar.
    Der Mann ging um den Golem herum. »Soll man sich einfach hinsetzen und zusehen, wie die eigene Firma mit unfairen Preissenkungen in den Ruin getrieben wird?«
    Vierzig Dollar.
    »Ich meine, Religion ist ja schön und gut, aber was wissen Propheten von Profit? Hmm…« Er sah zu dem schattenhaften Golem in der nebligen Dunkelheit. »Hast du da gerade dreißig Dollar geschrieben?«
    Ja.
    »Pauschalkäufe haben mir schon immer Spaß gemacht. Warte einen Augenblick.« Der Mann verschwand im Haus und kehrte kurze Zeit später mit einer Handvoll Münzen zurück. »Hast du vor, die Burschen auch an meine Rivalen zu verkaufen?«
    Nein.
    »Gut. Richte deinem Chef aus, daß es mir ein Vergnügen ist, Geschäfte mit ihm zu machen. Komm rein, Söhnchen.«
    Der weiße Golem betrat die Fabrik. Der Mann sah noch einmal nach rechts und links, bevor er ihm folgte und die Tür schloß.
    Schemen bewegten sich in der Dunkelheit. Etwas zischte leise. Dann wankten die großen, schweren Gestalten davon.
    Kurz darauf erlebte ein Bettler, der hinter der nächsten Straßenecke hockte und hoffnungsvoll die Hand ausstreckte, eine Überraschung. Er stellte fest, daß er plötzlich um dreißig Dollar reicher war. 1
     
    Die Scheibenwelt drehte sich vor dem glitzernden Hintergrund des Weltraums, und zwar auf dem Rücken von vier riesigen Elefanten, die wiederum auf dem Panzer der Himmelsschildkröte Groß-A’Tuin standen. Kontinente glitten langsam vorbei, ausgestattet mit Wettersystemen, die in entgegengesetzter Richtung trieben, wie Tänzer, die sich gegen den Rhythmus

Weitere Kostenlose Bücher