Korrupt (German Edition)
Polizei?», meinte Hult.
«Unter anderem», erwiderte sie.
«Und ich bin mitten hineingeraten, könnte man sagen», fügte Max hinzu. «Sie haben einen Sündenbock gefunden, und an den werden sie sich halten.»
«Aber wieso können Sie nicht einfach zeigen, dass Sie am Leben sind, Annie? Alle glauben doch, dass Sie von Ihrem Mann ermordet wurden.»
«Es gibt gewisse Umstände», sagte sie und zuckte mit den Achseln, «die dies unmöglich machen.»
«Gibt es denn niemanden bei der Zeitung?»
«Auf den ich mich verlassen könnte?»
Sture Hult nickte.
Sie dachte nach. «Es gibt dort viele Leute, die ich mag und respektiere, und das beruht auf Gegenseitigkeit. Sie würden mir sicherlich zuhören und mir helfen wollen, aber was können sie schon tun? Sie haben keinen Einfluss darauf, was gedruckt wird. Sogar Bergström würde mir vermutlich helfen wollen, obwohl ich ihn reingelegt habe, aber das würde bedeuten, dass er dafür seinen Job opfern müsste. Aber wozu? Nichts würde sich ändern. Carl von Konow würde weiterhin auf seinem Posten sitzen. Wikholm würde das Richtige tun wollen, da bin ich mir sicher, aber er will gleichzeitig auf seine vollen Pensionsbezüge nicht verzichten.»
«Also niemand bei der Zeitung», stellte Sture fest.
«Ich glaube nicht.»
«Und die Polizei?» Sture zog die Brauen hoch. «Oder ist das eine dumme Frage?»
«Da gab es einen gewissen Gustafsson, mit dem ich gesprochen habe», meinte Max. «Ich hatte das Gefühl, dass er mir geglaubt hat. Aber jetzt sieht die Welt anders aus. In den Zeitungen ist von technischen Beweisen die Rede. Ich kann dieses Risiko nicht eingehen.»
«Und an Ihrem Arbeitsplatz? Gibt es da jemanden?»
«C. Er traut mir so eine Tat nicht zu, will aber keinen Ärger. Er schaut, wenn möglich, weg. Sieht nichts, hört nichts, sagt nichts. Er ist mir schon mal mit seinen Beziehungen behilflich, und ich stehe eher in seiner Schuld als umgekehrt.»
Sture nickte entmutigt. «Und Freunde?»
Max sah Annie an und zuckte mit den Schultern. «Ein Jurist, ein paar Bankangestellte.»
«Und ein paar Jazzmusiker», fügte Annie lächelnd hinzu.
«Damit ließe sich doch schon eine Armee gründen», meinte Sture.
Sie lachten.
«Aber jetzt im Ernst», sagte Sture, «wenn Sie alles erzählen würden, was Sie wissen, ergäbe das doch eine glaubwürdige Geschichte. Mit einem eindeutig Schuldigen und einer Erklärung dafür, wie es so weit kommen konnte.»
«Durchaus», antwortete Annie.
«Sicher?»
«Hundertprozentig», sagte sie, ohne zu zögern. «Es gibt ausreichend viele Beweise und Indizien, um auch die Abgebrühtesten zu beeindrucken, wenn sie publik gemacht würden. Das Problem ist nur, dass wir diese Informationen nicht an die Öffentlichkeit bringen können, es sei denn, wir verteilen Flugblätter. Würde eine schwedische Zeitung wagen, diese Story zu veröffentlichen, würde ihr das massiven Ärger mit der Polizei und der Familie Droth einbringen, noch ehe die Druckerschwärze getrocknet wäre.»
«Das bringt mich auf einen Gedanken.»
«Was?»
«Keine schwedische Zeitung würde so etwas drucken wollen. Alle haben Angst vor Verleumdungsklagen und fürchten um ihren Ruf und ihre guten Beziehungen zur Polizei. Nicht wahr?»
«Ja, das meinte ich.»
«Wie wäre es mit einer anderen Zeitung?»
«Wie meinen Sie das?»
«Eine, die weder die Droths noch die schwedische Polizei fürchten», meinte Max.
«Eine von Schweden unabhängige Zeitung, die aber eine Neuigkeit aus dem ordentlichen Land im Norden interessant findet.»
Sie schwiegen eine Weile.
«Sie wenden sich mit Ihrer Story an eine ausländische Zeitung, die Interesse an einer Nachricht dieser Art haben könnte.
Le Figaro
in Frankreich, die
FAZ
in Deutschland. Wenn die das bringen, können sich die schwedischen Zeitungen einfach darauf berufen, und die Behörden müssten irgendwie reagieren. Alles käme ans Licht.»
«Da könnte was dran sein», meinte Annie.
«Natürlich!» Sture schlug mit der Faust auf den Tisch.
«Aber das hilft uns im Moment nicht weiter», meinte Annie. Die beiden Männer sahen sie enttäuscht an. «So eine Story zu lancieren kostet Zeit. Ich verfüge nicht über die nötigen Kontakte. Ich müsste erst Kontakte knüpfen, das Material übersetzen, den Hintergrund erläutern, das Quellenmaterial ordnen. Das ließe sich innerhalb von ein paar Monaten machen. Aber diese Monate haben wir nicht. Wir haben bestenfalls vierundzwanzig Stunden.»
«Das ist wahr», meinte Max.
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