Kosmologie für Fußgänger
beide Methoden dienen der Bestimmung der Galaxienmasse. Während die scheinbare Leuchtkraft ein Maß für die leuchtende Masse einer Galaxie ist, wird ihre Rotation durch ihre Gesamtmasse bestimmt. Die Gesamtmasse setzt sich zusammen aus leuchtender Materie und nicht leuchtender Materie. Gemäß dem alten Spruch »Wo Tauben sind, fliegen Tauben hin« sind auch leuchtende und nicht leuchtende Materie miteinander verbunden. Woher kommt denn das nun wieder? Nun, das hat mit der Entstehung von Galaxien zu tun. Normale Materie, die so genannte baryonische Materie, die in den Sternen und Gaswolken konzentriert ist, konnte sich nur deshalb entgegen der allgemeinen Expansion des Universums zu Galaxien zusammenballen, weil sich eine andere Art von Materie, die Dunkle Materie, in diesen Gebieten bereits verdichtet hatte, und zwar viel früher, als dies der normalen baryonischen Materie möglich war. Weshalb? Weil im frühen Universum, also etwa in den ersten 300 000 Jahren nach dem Urknall, die Strahlung im Universum noch so intensiv war, dass sie jede Art von Klumpung normaler Materie, das heißt von Protonen und Elektronen, durch ihren Strahlungsdruck wieder »verschmiert« hat. Die Dunkle Materie hingegen blieb von der Strahlung unbeeinflusst und konnte sich ungestört zusammenballen.
Da die Dunkle Materie nicht mit Strahlung wechselwirkt, muss sie aus nicht-baryonischer Materie bestehen, also aus irgendwelchen anderen Teilchen wie Neutrinos oder exotischen Partikeln, die aus den ganz frühen Phasen des Universums übrig geblieben sind. Das Irre an der Dunklen Materie ist nun, dass es davon ungefähr zehnmal mehr gibt als von der »normalen« baryonischen Materie. Alle leuchtenden Sterne, Galaxien und Galaxienhaufen sind nur ein »Dreckeffekt« im Meer der Dunklen Materie. Weil deren Zusammensetzung heutzutage noch völlig ungeklärt ist, wollen wir hier nur eines festhalten: Dort, wo die Dunkle, nicht-baryonische Materie zuerst unter ihrem Gewicht zusammenfiel, sackte später die baryonische Materie hinein und wandelte sich in Sterne und leuchtende Galaxien um.
Doch zurück zu Brent Tully und Richard Fisher, die 1981 die nach ihnen benannte Beziehung entdeckten. Wir haben erfahren: Die Rotationsgeschwindigkeit der Galaxie und ihre scheinbare Helligkeit können wir messen. Wenn es nun gelingt, an einer zur Milchstraße nahen Galaxie bekannter Entfernung die Galaxienhelligkeit zu eichen, hat man fortan eine Beziehung zwischen der absoluten Galaxienhelligkeit und deren Rotationsdauer und somit auch einen neuen Typ von Standardkerzen. Beschränkt man die Untersuchungen auf einen ganz bestimmten Galaxientyp, so darf man in erster Näherung davon ausgehen, dass sich dieser Typ überall im Universum hinsichtlich Helligkeit und Rotationsgeschwindigkeit ähnlich verhält. Wiederum kann man dann das gleiche, schon bekannte Spiel der Entfernungsbestimmung durchexerzieren: Man misst die Rotationsgeschwindigkeit, liest daraus die absolute Helligkeit der Galaxie ab und errechnet die Entfernung aus der gemessenen scheinbaren und der absoluten Helligkeit.
Ganz sicher ist diese Methode jedoch nicht, denn es wurden Bedenken laut, ob es nicht doch gewisse Abweichungen in der Helligkeits-Rotations-Beziehung geben könnte, je nachdem, ob die Galaxien in losen Gruppen, dichten Haufen oder einzeln verteilt auftreten. Eine wirklich sichere Grundlage für die Tully-Fisher-Relation haben die Astronomen also noch nicht. Das liegt auch daran, dass die Anzahl der Galaxien, die sich zur Eichung eignen, gegenwärtig noch sehr gering ist.
Aber es gibt noch andere Möglichkeiten, die Entfernung sehr weit entfernter Galaxien zu bestimmen. Jetzt kommen die Supernovae und die allgemeine kosmische Expansion ins Spiel.
Supernovae als Standardkerzen
Im Prinzip können wir alle bisher zur Entfernungsbestimmung herangezogenen, leuchtenden Objekte, nachdem sie hinsichtlich ihrer absoluten Helligkeit geeicht wurden, als Standardkerzen auffassen. Einen speziellen Typ haben wir aber noch nicht erwähnt. Auf den ersten Blick scheint es sich dabei um einen rechten Mickerling zu handeln, von dem man alles andere als eine große Leuchtkraft erwartet, die ja nötig ist, um ihn in den Tiefen des Universums noch aufspüren zu können. Wir sprechen von einem Weißen Zwerg, dem Rest eines ausgebrannten Sterns mit einer Masse, die kleiner ist als das 1,4-fache der Sonne, und einer Größe, die sich mit jener der Erde vergleichen lässt. Sie bestehen im Wesentlichen aus
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