Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
zusammen Medizin studiert, aber als wir unseren Pflichtdienst als Landärzte antraten, haben wir uns aus den Augen verloren.«
Wie günstig, dass wir bei einem Bekannten gelandet sind, sage ich mir. Dann rufe ich Vlassopoulos und schicke ihn mit dem Arzt zu Tsolakis. Danach bleibt mir nichts anderes zu tun, als für heute Schluss zu machen und nach Hause zu fahren.
Bis zu meinem Eintreffen daheim hat die Presse bereits von den Festnahmen erfahren, und ihre Vertreter entwickeln vor der Kamera diverse Theorien, die in der altbekannten Anschuldigung gipfeln, dass man ihnen Informationen vorenthält.
»Was ist passiert? Habt ihr ihn?«, fragt mich Adriani, die vor dem Fernseher Position bezogen hat. »Warte, ich erzähle es dir gleich.«
Zunächst hat Fanis Vorrang. »Okay, Kalentsidis hat mich verständigt«, sagt er, sobald er meine Stimme hört. »Er wird versuchen, ihn ins Allgemeine Staatliche Krankenhaus zu verlegen, weil er dort in Behandlung war.«
»Er hat seine Medikamente abgesetzt. Das war der Grund, warum er euch in die Ferien geschickt hat: Er wollte ohne dein Wissen die Behandlung beenden.«
Absolute Stille hat sich im Telefonhörer breitgemacht, so dass ich mich schon frage, ob die Verbindung unterbrochen ist. »Ich komme auf der Stelle zurück«, meint Fanis dann.
»Wenn du meine Meinung hören willst: Bleib, wo du bist.«
»Also, jetzt hör mir mal zu, Kommissar: Habe ich dir jemals dreingeredet, wenn du einen Verdächtigen festnehmen solltest?«, fragt er schroff.
»Nein, aber wie kommst du jetzt darauf?«, frage ich perplex.
»Da kannst du auch nicht von mir verlangen, dass ich dem langsamen Freitod meines Patienten ruhig zusehe.«
»Das verlangt ja auch keiner. Ich bitte dich nur, ihm ein wenig Zeit zu lassen, damit er sich an die neue Situation gewöhnen kann. Du kennst dich mit Patienten aus, ich mich mit Untersuchungshäftlingen. Zunächst sollen sich deine Kollegen um ihn kümmern, und wenn du dann in ein paar Tagen zurückkehrst, hat er sich beruhigt. Dann wirst du mehr für ihn tun können.«
»Na gut, ich denke drüber nach«, sagt er, lässt seine Entscheidung jedoch noch offen.
Adriani wartet geduldig, bis sie an der Reihe ist, um die Neuigkeiten zu erfahren. Schließlich berichte ich ihr die Geschichte in allen Einzelheiten, da sie Tsolakis aus meinen wenigen Andeutungen bereits kennt.
»Tsolakis hat Glück«, bemerkt sie, als ich zu Ende erzählt habe. »Wäre Fanis nicht sein Fürsprecher, hätte sein Zustand weder dir noch dem Polizeiarzt zu denken gegeben. Vielleicht hätte ihn dann ein Wärter eines Morgens einfach tot in seiner Zelle gefunden.«
»Du übertreibst, wir haben doch keine Junta mehr, wo die Häftlinge in den Zellen verreckt sind.«
»Lass die Junta aus dem Spiel. Hierzulande brauchst du selbst im Krankenhaus einen Fürsprecher, damit man dich nicht auf ein Feldbett im Flur verbannt. Ohne Vitamin B kannst du froh sein, wenn ein Arzt im Praktikum alle heiligen Zeiten einmal nach dir schaut. Da kann die Troika sagen, was sie will, in Griechenland kann dir Vitamin B das Leben retten.«
Damit ist alles gesagt. Punktum.
Weitere Kostenlose Bücher