Kotzmotz der Zauberer
gewittergrauschwarzer Zaubermantel ward nie wieder gesehen.
Und als alle ihren vor Verwunderung weit offenen Mund wieder zugeklappt hatten, rief die allerkleinste Fliege entzückt:
»Ich auch, ich auch, ich auch! Bitte verkleiden, bitte, bitte, bitte!«
Und der Zauberer lief hierhin und dorthin in seinen wehenden, schimmernden Gewändern, er blätterte alle seine Bücher durch, um auch jeden, wirklich jeden Wunsch seiner Gäste zu erfüllen.
Der Frosch bekam Hasenohren und das Füchslein wollte ein Geweih.
Das Reh bekam eine Löwenmähne und die Schnecke sechs flinke Käferbeinchen, die allerkleinste Fliege wollte Libellenflügel und die Eule Adlerschwingen und einen Adlerschnabel.
Und alle Bienen forderten einen Elefantenrüssel und die Mäuse wollten Pferdeschwänze.
Und das Eichhörnchen? Das wollte ein Nussknackergebiss. Und die Schwester des kleinen Hasen einen Nilpferdpopo mit Zebrastreifen.
Als der Wind seine Nachtrunde um das Haus flog, bekam er einen solchen Schrecken, dass er sich laut heulend im Wald verkroch.
Aber der kleine Hase mit dem Namen Löwenherz hatte auf alles geachtet und lief hinaus auf die Wiese und sein silberner, hoher Ritterhelm schwankte dabei gefährlich hin und her.
»Wind! Wind!«, rief er. »Wir sind’s! Wir haben uns nur verkleidet!«
Und dann nahm er seinen Helm vom Kopf, der seine Ohren ganz zerknittert hatte, und der Wind flog ein
Stückchen näher und erholte sich, als er ihn an seinem Knickeohr erkannte.
Dann lief der Hase von einem zum andern.
Es wisperte und knisterte und summte und brummte, es tuschelte und nuschelte. Und als alle, alle im Lampionlicht unter dem Mond auf der Wiese standen, stupste Löwenherz die weiße Eule an, die sich einfach nicht von ihrem Spiegelbild trennen konnte.
»Los, mach schon!«, flüsterte er. »Die Überraschung! Für den Wind! Du weißt doch ...«
Und die Eule flog mit ihren Adlerflügeln eine beeindruckende Runde über alle Köpfe, aber dann besann sie sich und landete auf der höchsten Stelle des bunten Hauses. Dort nahm sie sehr bedächtig und würdevoll Platz und räusperte sich lange.
»WIND!«, rief sie mit ihrer Schuldirektorstimme. »Sei herzlich willkommen! Pling!
Dieser besondere Tag verlangt von dir eine große Aufgabe. Du sollst der TAUFPATE dieser beiden Freunde werden. Pling und Pling!
Trage ihre neuen Namen SALADIN und LÖWENHERZ weit in alle Lande.
Plingpling und Pling!«
»Bis nach China und drum herum!«, schrie der kleine Hase begeistert und knuffte Saladin durch all die seidenen Gewänder in die Seite.
»Ganz genau bis nach China! JAWOLL!«, nickte der und strahlte.
Und als der Wind den beiden gratuliert und sie liebkosend durchgestrubbelt hatte, rief der kleine Hase aufgeregt: »Wind, wir haben was geübt! Nur für dich!
Lange und viel! Und SEHR! Und ALLE! Eigentlich sollte es nur eine fliegeneigroße Gernhabe-Überraschung sein, aber jetzt ist es das WALD-UND-WIESEN-DANKE-ÜBERRASCHUNGSLIED-FÜR-WIND-UND-WOLKEN-UND-TAUSEND-STIMMEN-IN-EINER-NACHT geworden! JAWOLL!«
Und er hob seinen Stock mit den kleinen Glöckchen und gab das Zeichen!
Und alle, selbst die allerkleinste Fliege, sangen mit ihrer lautesten und schönsten Stimme das lange geübte und von den Schmetterlingen erfundene Überraschungslied für den Wind, den sie alle liebten.
»ACHTUNG-FERTIG-DREI-VIER-LOS!«
»Wind, Wind,
wir lieben disch!
Du bist ein großer Wolkenfisch!
Du bist ein großer Luftikuss!
Wir küssen disch auf deine Schnuss!«
Und der Wind heulte fast vor Rührung und Begeisterung und flog von einem zum anderen, zauste dort ein bisschen und stupste und streichelte hier ein wenig, bis er jeden gebusselt hatte.
Dann rief er:
»ADIEU! AUF WIEDERSEHEN! BIS BALD!«
Und er trug ihre neuen Namen weit, weit ins Land, unter und über und zwischen jede Wolke.
Und als alle, selbst der kecke Uhu, kaum noch die Augen offen halten konnten, verabschiedeten sich die Gäste, und die Nacht legte ihre warme Decke mit dem Sternenmuster über den Wald und das Haus.
Und alle schliefen erschöpft und glücklich ein.
Und SALADIN und LÖWENHERZ teilten sich das große Zaubererbett und ihre Träume von fliegenden Teppichen und tollkühnen Abenteuern, in denen es von gefährlichen
Bestien nur so wimmelte, die sie aber gemeinsam alle bezwangen und bezähmten.
Doch die Lampions und die Teller und die Tassen blieben dort, wo sie waren. Denn aufräumen kann man auch noch am anderen Tag, stimmt’s?
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