Kovac & Liska 02 - In aller Unschuld
nicht, dass Anka und Lucy aufwachen.«
Sie hängte ein. Sachlich, geschäftsmäßig. Sie war es gewohnt, alles unter Kontrolle zu haben, selbst wenn ihr das Wasser bis zum Hals stand.
Kovac überquerte die Straße und trat zu dem Streifenwagen, in dem zwei Polizisten saßen. Der Fahrer ließ sein Fenster herunter.
»Ist Ihnen irgendwas Verdächtiges aufgefallen?«, fragte Kovac.
»Nein, es war alles ruhig.«
»Sind Sie ums Haus herumgegangen?«
»Mehrere Male. Auch da war alles ruhig.«
»Ist der Ehemann aufgetaucht?«
»Nein.«
Es war fast halb zwei. Was sollte das für ein Geschäftsessen sein, das bis halb zwei Uhr morgens dauerte?
Kovac trommelte gedankenverloren mit der Hand aufs Autodach.
»Sind Sie verheiratet, Benson?«, fragte er den Polizisten, der hinter dem Lenkrad saß.
»Zum zweiten Mal.«
»Was würde Ihre Frau machen, wenn Sie bis halb zwei unterwegs wären und sie nicht einmal anrufen würden, um Bescheid zu sagen?«
»Sie würde meine Eier an unserem Kronleuchter aufknüpfen, und ich würde nicht mit dranhängen.«
»Eben.«
Kovac hätte darauf wetten mögen, dass Carey Moore nicht einmal versucht hatte, ihren Mann anzurufen, um herauszufinden, wo er war, wann er nach Hause käme, oder um ihm zu sagen, dass sie überfallen worden war.
Er ging zum Tor und hörte, wie das Schloss aufsprang. Die Richterin blickte durch eines der Fenster neben der Haustür und öffnete sie, als er die Stufen zur Veranda hochging.
Sie trug noch immer die Hose und die Bluse, die sie auf dem Weg vom Krankenhaus nach Hause angehabt hatte. Die Hose war zerrissen. Auf der Bluse waren Blutflecken zu sehen, und es fehlten zwei von den oberen Knöpfen. Er erhaschte einen Blick auf blaue Spitze und eine Rundung, die kein anderer der Richter, die er kannte, hatte. Wenn es sie störte, dass er ihren Büstenhalter sehen konnte, zeigte sie es nicht.
»Sie sollten sich besser hinsetzen, Richterin«, sagte er. »Sie machen den Eindruck, als wäre die Tür das Einzige, was Sie aufrecht hält.«
»Ich …«
Kovac hob eine Hand. »Sagen Sie's nicht.«
Sie schloss die Tür und lehnte sich einen Moment dagegen, sie war leichenblass. Dann nahm sie das bisschen Kraft, das sie erübrigen konnte, zusammen, stieß sich von der Tür ab, drehte sich um und führte ihn in ein Arbeitszimmer, das von der Diele abging.
Eine Tischlampe warf warmes Licht über die Ledersessel und die dunkle Wandvertäfelung. Die Richterin ließ sich vorsichtig auf der Kante eines kleinen dunkelgrünen Ledersofas nieder. Kovac nahm auf dem Sessel gegenüber Platz, zog ihn näher an das Sofa, bis sich ihre Knie fast berührten.
»Wann kam der Anruf?«, fragte er und holte ein kleines Notizbuch und einen Stift hervor.
»Um ein Uhr zweiundzwanzig. Ich habe auf die Uhr gesehen.«
»Festnetz oder Handy?«
»Handy.«
»Dürfte ich es mal sehen?«
Sie reichte es ihm. Ihre Hand zitterte.
Kovac rief das Menü auf und blätterte durch die Anruferliste. »Dieselbe Nummer wie bei dem Anrufer, der nach Marlene gefragt hat.«
»Konnten Sie die Nummer zurückverfolgen?«
»Sie stammt von einem Handy mit Prepaid-Karte. Der beste Freund des modernen Verbrechers. Mit etwas Glück können wir den Hersteller feststellen, vielleicht sogar sämtliche Läden im Stadtgebiet auftreiben, wo diese Karten vertrieben werden. Aber Sie wissen so gut wie ich, dass das Gebiet sehr groß ist und die Dinger in Massen verkauft werden. Dieses ganz bestimmte Telefon zu finden – vermutlich sind wir alle schon an Altersschwäche gestorben, bevor wir den Kerl, der diese Karte gekauft hat, aufgespürt haben.«
Sie starrte in die dunkle Ecke des Zimmers, als wartete sie auf ein Zeichen aus einer anderen Dimension.
»Wen verdächtigen Sie?«
»Das darf ich nicht sagen.«
Die Richterin lachte grimmig auf und schüttelte den Kopf. »Entschuldigen Sie bitte, Detective, aber ich bin kein normales Opfer, oder? Ich arbeite für die Justiz, seit ich als Studentin Sekretariatsarbeiten für meinen Vater erledigt habe. Ich schätze mal, auf der Liste ihrer Verdächtigen stehen Wayne Haas, Bobby Haas, Stan Dempsey …«
»Seien Sie mir nicht böse, Richterin, aber das ist nicht einmal die Spitze des Eisbergs, es gibt noch viel mehr Leute, die im Moment Groll gegen Sie hegen.«
»Sie sollten die Verwandten der Pflegekinder überprüfen, die ermordet worden sind.«
»Ich weiß selbst, was ich zu tun habe.«
»Ich weiß, dass Sie das wissen.«
Sie wandte ihren Blick wieder ab, rang mit
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