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Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin

Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin

Titel: Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Gleason
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wieder im Lot befand. Die alte Frau, die ein sehr langes, schweres Gewand trug, das über den Boden schleifte, nahm ihm den leeren Becher ab und starrte tief in ihn hinein. „Oh, ja, die hier werd’ ich mir gleich jenauer anschauen.“  
    Er sah zu, wie sie zum Feuer rüber taperte und etwas in einem großen Topf umrührte. Mit einer Schöpfkelle häufte sie etwas davon in eine Schüssel, die von ähnlich primitiver Handarbeit wie der Becher war, und brachte es zu ihm, zusammen mit einem Stück hartem Brot und einem Holzlöffel. Dirick roch Kanincheneintopf und das Wasser lief ihm im Mund zusammen, als das Essen ihm unter die Nase kam.  
    Weil er wusste, dass er der Stärkung bedurfte, bevor er sich wieder auf die Suche nach Maris machte, hätte er gierig gegessen, selbst wenn das Essen kaum genießbar gewesen wäre. Aber der Eintopf schmeckte genauso köstlich, wie er roch, und er war so damit beschäftigt, dass er die alte Frau kaum bemerkte. Sie schnalzte gerade mit der Zunge wegen seinem leeren Teebecher, schaute mit Hilfe einer Talgkerze in die Tiefen des Bechers.  
    „Aaah, ja ... Ihr habt unlängst Kummer erlitten, Herr, ‘s bereitet mir Kummer, des ich det seh’n muss.“ Sie schaute kurz zu ihm hoch, dann wieder in den Becher. „Euer Papa war’s, nich’ wahr?“  
    Dirick schluckte da ein Stück Kaninchen herunter und starrte die Frau an. Wie konnte sie davon wissen? „So ist es.“  
    Sie schüttelte betrübt ihr weißes Haupt. „Viel Blut, ich seh’s ... und viel Böses is’ da auch ... macht sich im janzen Land breit. ‘S det Werk von einem Verrückten hier, so viel is’ sicher.“  
    „Ich werde ihn finden“, sagte Dirick wild entschlossen zu ihr, wobei er gar nicht mehr erschrocken war, dass sie etwas verstand, wovon sie eigentlich nichts wissen konnte.  
    Sie nickte. „Ja. Und viel Glück bei dieser Aufgabe. Ich bete, dess Ihr ihn findet, bevor noch mehr Blut vergossen wird.“  
    Die Frau wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den Kräuterresten zu, die am Boden des Bechers klebten. „Und was is’ nun mit dieser Maris, nach der Ihr immerzu ruft?“ Die Frau sprach mehr mit sich selbst als zu Dirick, während sich die Stirn über dem Becher runzelte. „Aah ... mmm ... die Lady hat auch een bisschen Kummer vor sich, aber’s scheint nich’ Ihr zu sein, der ihn ihr bereiten wird.“ Sie warf ihm von der Seite einen vielsagenden Blick zu.  
    „Kummer?“, fragte Dirick. „Sie ist verletzt? Verirrt?“ Er machte Anstalten sich aus dem Bett hochzukämpfen und wagte es kaum, der Tatsache ins Auge zu sehen, dass er nicht nur den Worten, die der alte Greisin über die Lippen kamen, Glauben schenkte, sondern sie auch noch um Anweisungen bat.  
    „Setzt Euch widder, wenn’s Euch beliebt, Herr ... Ihr bringt die Teeblätter durcheinander und ich kann se nich’ lesen“, grummelte die Frau. „Se scheint nichts Bösartiges um sich zu haben, jetzt jerade. In der Tat, ich kann nichts außer Ruhe um se herum hier in den Blättern sehen. Im Moment. Se wird bald schwere Zeiten durchmachen, Herr, aber weder Ihr, noch irjendeen an’rer Mann wird se davor schützen können. Und Ihr werdet se auch nich’ sehen, um’s rechtzeitig zu verhinnern, also springt hier nich’ kopflos auf, wo Ihr so schwach seid, dess Ihr Euch kaum rühren könnt. Es is’ alles aus und vorbei und Ihr werdet se nich’ sehen“, wiederholte sie und wedelte mit der Hand, wie um ihn wieder ins Bett zu schicken. „Hmm ... und ich sehe, dess se schon bald in Sicherheit ist, bei vielen bewaffneten Männern ... also habt Ihr keinen Grund, Euch zu sorgen, Herr.“  
    „Ich werde sie nicht wiedersehen?“, fragte er. Etwas Trostloses senkte sich ihm in den gesättigten Bauch und dann verwarf er den Gedanken. Selbst wenn er Maris von Langumont dereinst einmal vielleicht wiedersehen wollte, wie konnte diese Greisin hier von der Zukunft wissen? Wie konnte sie nur von der Gegenwart wissen?  
    Die alte Frau blickte verdrossen in den Becher und hielt die Talgkerze schräg darüber. „Pah!“, stieß sie auf einmal aus.  
    „Was seht Ihr?“, verlangte Dirick zu wissen.  
    „Aaah, nee, ‘s nur, dass ich ‘n bisschen Wachs auf die Blätter hab’ tropfen lassen.“ Sie machte mit der widerborstigen Kerze eine etwas wütende Handbewegung, wobei sie Dirick fast mit heißem Talg besprüht hätte. „Ich nehm’ an, Ihr werdet die Lady wiedersehen, Mylord, aber nich’ für viele Monde und ‘s wird Euch vielleicht nich’

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