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Kramp, Ralf (Hrsg)

Kramp, Ralf (Hrsg)

Titel: Kramp, Ralf (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel 4
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Container hob, aus dem Sack hinaus in ihr Verderben stürzen.
    Wir schickten die fettesten Bohnen los, damit sie hinter der Armadeira die Jutefäden auseinanderbogen und ein großes Loch bohrten. »Seid leise!«, trichterte Christobal ihnen ein. »Die Armadeira darf davon nichts mitbekommen!« Auch beim neuen Plan blieb es im Prinzip bei Christobals Strategie. Aber im Gegensatz zum alten war klar, dass zumindest die Stoßtruppe, wenn nicht sogar noch viel mehr von uns, bei diesem Angriff ihr Leben lassen würde.
    Die trübe Aussicht auf ihr baldiges Ende hatte bei unserer Ankunft im Hamburger Hafen Diegos stramme Jungbohnen-Truppe um die Hälfte reduziert. So großmäulig und angriffslustig die Bohnen ansonsten waren, jetzt, wo es um alles ging, verkrümelten sie sich. Erst als sich die Tchibonis freiwillig meldeten, unter der Bedingung, dass ihre Überlebenden mit in die Eifel reisen durften – was ich angesichts der Lage sofort genehmigte – und nachdem Christobal, Diego und ich uns mit in die vorderste Reihe stellten, kam, wieder mal in letzter Minute, Bewegung in den feigen Haufen.
    Schon griffen die Kranschaufeln nach unserem Sack, schon spürten wir, wie sich alle Bohnen mit Macht in unsere Richtung stemmten.
    »Angriff!«, schrie Christobal, und es gelang uns tatsächlich bereits mit dem ersten Stoß, die noch schläfrige Spinne durch das Loch zu drängen. Leider nicht ganz, denn sie krallte sich mit drei Beinen in einem Jutefaden fest. Ihr schwerer Körper baumelte zwischen Himmel und Erde, während Diego und seine strammen Jungbohnen aus dem ersten Stoßtrupp ohne Netz und doppelten Boden zur Erde rasten.
    »Trampelt auf ihre Beine«, kommandierte Christobal. Tchibonis und Catuai warfen sich mit ihrem vollen Gewicht auf die riesigen Spinnenbeine. Gleichzeitig versuchte die Spinne mit einem weiteren Bein Halt zu finden.
    »Pablo, lass sie nicht andocken, rüttele an dem Jutefaden«, befahl Christobal mir, und ich klopfte gegen den Faden, was das Zeug hielt. Auch wenn ich so verhindern konnte, dass das Bein sich festhakte, es näherte sich immer und immer wieder. Die Spinne war stark und riesig, mit all ihrer Kraft kämpfte sie um ihr Leben. Die Schlacht schien aussichtslos, wir hatten keine Chance gegen das Monstervieh. Schon ließ der Kran uns nach unten. Schon sah ich die aufgereihten Lastwagen, die auf ihre Fuhre warteten.
    »Einer für alle, alle für einen«, rief da Esteban plötzlich. »Katapultiert mich nach draußen! Ich muss in ihrem Auge landen!« Ich blickte erstaunt auf, sah, dass auch Christobal zögerte, aber Esteban hatte bereits ein paar Bohnen hinter sich versammelt, von denen er sich nach draußen schleudern ließ. Er landete tatsächlich im Auge der Spinne, die, nun völlig panisch, mit all ihren Beinen nach dem Fremdkörper tastete und endlich den Sack losließ. Mit Esteban im Auge stürzte sie in die Tiefe, während wir noch eine Weile in der Luft schaukelten und dann hart auf einem Lkw landeten.
    »Esteban, der alte Feigling, wer hätte das gedacht«, flüsterte Christobal mir zu, als sich die Lage im Sack wieder halbwegs beruhigt hatte und der Lkw über eine glatte deutsche Autobahn sauste.
    »Die Idee mit dem Auge war echt genial«, meinte ich und konnte noch gar nicht glauben, dass wir es wirklich geschafft hatten.
    »Eine Gedenkminute für unsere toten Genossen«, forderte Christobal, der das Wort »Genossen« zum ersten Mal mit Achtung aussprach.
    Es folgte ein bewegender Augenblick. Nicht nur Christobal und mir, den meisten Bohnen kamen die Tränen. Trauer und Erschöpfung waren zu spüren, während der Lkw endlos lange über die Autobahn brauste. Ich dachte an die Strapazen der Reise, an die verschollenen Kleinen, an Diego und Esteban, an Don Abraám, der zuhause in Lampocoy auf Nachricht von uns wartete.
    »Das muss Köln sein«, unterbrach Christobal irgendwann meine Gedanken und deutete auf die zwei Türme einer riesigen Kathedrale. »Jetzt ist es nicht mehr weit bis in die Eifel.«
    Und tatsächlich. Kaum hatten wir die große Stadt hinter uns gelassen, wurde die Luft frischer, und wir erblickten die sanften Hügel der Voreifel, sahen zum ersten Mal die Wiesen, die tatsächlich verdammt saftig waren. Als der Lastwagen bei Blankenheim die Autobahn verließ, machte sich helle Aufregung breit.
    »Los, klopft den Staub aus dem Sack und poliert eure Häutchen! Wir wollen bei den Gringos Heike und Hans von der Kaffeerösterei einen guten Eindruck machen!«, rief ich den Bohnen

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