Kramp, Ralf (Hrsg)
Vorab
Liebe Krimifreunde, liebe Eifelfreunde, liebe Eifelkrimifreunde, es ist ja so unglaublich friedlich bei uns im westlichsten Mittelgebirge Deutschlands, im dünn besiedelten Landstrich an der Grenze zu Belgien und Luxemburg. Das Verbrechensaufkommen treibt den Ermittlern nicht gerade den Blutdruck in die Höhe, und was erst die Mordrate im Speziellen angeht, naja ...
Da muss man sich als Schriftsteller ganz schön ins Zeug legen, um diese Betulichkeit ein bisschen zu konterkarieren. Auch Autoren machen aus solcherlei Bemühungen gerne eine konzertierte Aktion. Ich habe mir also wieder Kollegen eingeladen, mit denen ich mordlustig durchs Eifelland gezogen bin, weil Sie, liebe Leser, doch kaum etwas so sehr schätzen wie ein paar saftige Gräueltaten in der beschaulichen Provinz.
Was an dieser Kurzkrimisammlung auffällt, ist die enorme Bandbreite, die sich bietet, wenn man etwas genauer auf die Art der Vergehen schaut, die dort beschrieben sind. Sicher, es werden Schädel zertrümmert, und es fallen auch Schüsse, die Opfer werden gebacken, an die Wildschweine verfüttert oder im Moor versenkt. Die Storys handeln von historischen Kriminalfällen und von frisch entsprungenen Psychopathen, aber es passiert in diesen Geschichten noch sehr viel anderes: Menschen werden entführt, und auch Pferde fallen ruchlosen Dieben zum Opfer. Es geht um bislang völlig unbekannte Drogenumschlagplätze und um spektakuläre Geiselnahmen, bei denen schon mal ein ganzes SEK in die Idylle einfällt. Es geht um Betrügereien um die legendären Hüte der englischen Königin, und schließlich machen wir sogar eine spannende Reise um die halbe Welt, natürlich mit dem großen Ziel am Schluss: Eifel – das gelobte Land.
Die Verbrechen werden für verschiedene Geschmäcker in unterschiedlichen Portionen serviert: Die eine als kurzes, aber besonders appetitliches Gedicht, andere – wie zum Beispiel die sechs wunderbaren Finalistenstorys des Wettbewerbs um den
Deutschen Kurzkrimipreis
– in der kleinen, durch den Wettbewerb beschränkten Form und wieder andere – wie die grausige Geschichte des Altmeisters Jacques Berndorf – in nahezu epischer Breite.
Wir, die Eifelkrimiautoren, laden Sie ein auf eine Tour durch unseren Landstrich und zeigen Ihnen, wie schrecklich es hier sein könnte ... wenn es nicht so schön friedlich wäre.
Ihr
Ralf Kramp
Der Ausflug
H ANS J ÜRGEN S ITTIG
Herr Meier ist ein ganz, ganz Stiller,
Das Gegenteil von einem Killer.
Ein Pensionär, lieb und bescheiden.
Jedoch hat er ein böses Leiden.
Herr Meier lebt nicht ganz allein.
Das ist sein Pech: Er ist zu zwei’n.
Ottilie Meier ist ein Drachen,
Sie lässt die Türen immer krachen.
Und sie entfacht mit jedem Streit,
und niemand mag sie weit und breit.
Sie kann nicht putzen und nicht kochen
Und braucht zum Höhepunkt zwei Wochen.
Sie spricht nicht, sondern faucht und keift,
Und Meiers Plan ist längst gereift,
Sie endlich, endlich zu entsorgen,
Am liebsten heute oder morgen.
Und dann kommt die Gelegenheit,
Als sie ihm in die Ohren schreit:
Sie will verreisen, und zwar bald,
Denn noch sei’s draußen nicht zu kalt.
Und unter mächtgem Brüstewippen
Schwärmt sie von diesen Gerolsteiner Klippen,
Die ragten weit zum Himmel auf,
Und wenn man stünde oben drauf,
Wäre die Eifel-Sicht phänomenal!
Und Meier sieht mit einem Mal
Die Chance für ein bessres Leben.
Die könnt’s auf diesen Felsen geben!
Denn diese scheinen hoch genug
Für einen ziemlich tiefen Flug.
Und schließlich stehen sie ganz oben,
Und der Prospekt hat nicht gelogen.
Die Fernsicht, die ist einfach irre,
Doch Meier wird im Kopf ganz wirre.
So kurz vor seinem schlimmen Tun
Will lieber
er
im Grabe ruh’n.
Und so verwirft er seinen Mord.
Er will nur weg von diesem Ort
Und ruft: Lass uns jetzt bitte gehen!
Sie zischt, sie will noch besser sehn.
Und schnaubend macht sie ein paar Schritte
Bis zu des Abgrunds jäher Mitte,
Mit Gerolstein zu ihren Füßen,
Doch muss sie ihren Leichtsinn büßen.
Vier Zentner trägt die Kante nicht,
Was dazu führt, dass sie nun bricht.
Sie flucht und rudert mit den Armen,
Doch Schwerkraft kennt hier kein Erbarmen.
Nur kurz hört er sie dann noch zetern
Auf ihren letzten, schnellen Metern,
Und an der Basis der Gesteine,
da stoppt der Flug ihrer Gebeine.
Nun ist’s mit ihrem Zetern aus,
Und Ruhe kommt in Meiers Haus.
Und manchmal hört man Meier lachen:
Er musste es nicht selber machen!
Eifelkrimi
R OSEMARIE M ÜLLER
Ach, gehen Sie mir doch weg mit
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