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Kramp, Ralf (Hrsg)

Kramp, Ralf (Hrsg)

Titel: Kramp, Ralf (Hrsg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatort Eifel 4
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mein Feldherr sein. »Pablo führt uns ins gelobte Land.«
    »Don Abraám hat bestimmt nicht gesagt, dass er sich dabei wie Moses zur Stimme Gottes oder wie ein autoritärer Feldherr aufplustern soll.« Esteban stieß seine Worte einzeln aus, weil er, wie wir alle, wieder durch die Gegend geschleudert wurde, da der Wagen über Schlaglöcher holperte.
    »Untersteh dich, hier mit deinen linken Ideen einen Aufstand anzuzetteln!«, drohte ihm christobal, als wir drei nach dem Schleudergang wieder nebeneinander landeten. »Wir sind vierhunderttausend Bohnen, da hilft nur eine strenge Hand, da kannst du Basisdemokratie vergessen.«
    »Was heißt hier Basisdemokratie?«, bellte Esteban. »Ein Ständerat wäre gut, von mir aus auch gewählte Vertreter, aber auf keinen Fall ein Alleinherrscher. Die Geschichte zeigt, dass Diktatur immer Unterdrückung bedeutet und zur Revolution führt. Kuba, Nicaragua und so weiter.«
    Himmel, jetzt fing er damit an! Hoffentlich kam er so schnell nicht auf sein großes Vorbild Che Guevara zu sprechen.
    »Was hat Castro aus Kuba, was hat die Sandinista aus Nicaragua gemacht?«, kläffte Christobal zurück.
    Südamerikanische Revolutionen! Das konnte dauern. Ich ließ die zwei reden. Ich teilte selten Estebans Positionen, aber seine Idee, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen, fand ich im Prinzip nicht schlecht. Nur kam ich nicht dazu, weiter darüber nachzudenken, denn Don Abraám trat auf die Bremse und stoppte den Wagen. Wir konnten auf keinen Fall schon in Puerto Barrios sein. Straßensperre? Ein Unfall? Pinkelpause? Oder ...? »Seid still!«, befahl ich den Bohnen und schlängelte mich zu einem Fenster im Jutesack um nachzusehen, warum der Don anhielt. Was ich sah, übertraf meine schlimmsten Befürchtungen. Zwei Typen der übelsten Sorte trieben den Don mit einer geladenen Maschinenpistole aus dem Wagen und stießen sie ihm dann in die Rippen. »Bohnen«, flüsterte ich in den Sack hinein. »Die Banditos. Zeigt euch alle von der hässlichsten Seite! Und alle kleinen und krummen Bohnen nach oben. Los! Los! Macht schnell!«
    Die Kleinen schrien Zeter und Mordio, sie ahnten die Gefahr, sie wollten nicht auf dem Präsentierteller liegen. »Einer für alle, alle für einen«, gab ich als Wahlspruch für unsere Reise vor und hämmerte den Bohnen ein, dass wir alle auf dem Weg ins gelobte Land Opfer bringen mussten. »Warum wir? Warum wir?«, jammerten die Krummen, obwohl sie das ganz genau wussten.
    Schon öffneten die Banditos die Ladeklappe und zerrten an unserem Sack. »Wenn ihr nicht endlich spurt, verbringt ihr den Rest der Reise im hintersten Winkel des Sacks«, drohte ich den Kleinen und Krummen, die dann endlich loskrabbelten und wirklich auf den letzten Drücker oben ankamen. Schon ratschte ein Messer die Naht auf, schon griff eine Hand in den Sack hinein, und wir mussten hilflos zusehen, wie an die hundert Kleine nach draußen gehoben wurden.
    »Tchibonis«, erklärte Don Abraám den Banditos, und ich hoffte, dass nur ich die Angst in seiner Stimme hörte. »Minderwertige Ware, nichts, womit ihr euer Geld waschen könnt.«
    Ich lag neben Christobal zwischen den zitternden Kleinen. Wir versuchten, sie zu beruhigen. »Werden sie zurückkommen?«, flüsterte eines. Christobal an meiner Seite schüttelte bekümmert den Kopf. Mir brannte das Herz. Immer und immer wieder hatte ich mir nach dem Gespräch mit Don Abraám gesagt, dass es unmöglich war, uns alle heil in die Eifel zu bringen. Aber dass wir schon so früh Bohnen verlieren würden, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich musste verhindern, dass sich Kummer und Zweifel unter den Bohnen breit machte. Also erzählte ich ihnen von der Eifel:
    »Weit, grün und wasserreich ist unser gelobtes Land. Nirgendwo sind die Hügel so sanft und das Gras so frisch wie in der Eifel«, begann ich zu wiederholen, was der Don mir erzählt hatte. »Unser Ziel heißt Daun, ein munteres Städtchen mit kleinen Geschäften, katholisch wie die Orte in Guatemala und mit einer großen Kirmes, dem heiligen Laurentius geweiht. Auch dem Weingott Bacchus huldigen sie. Fröhlich und eine Glocke schwingend sitzt er auf einem großen Weinfass. Eisdielen und Cafés gibt es dort, wo die Leute nichts lieber trinken als guten Kaffee. Sie kennen sich aus mit uns, sie wissen eine mit Sorgfalt und Liebe geröstete Arabica-Bohne zu schätzen. Sie freuen sich darauf, uns Catuai kennenzulernen.«
    Während ich erzählte, lugte ich immer wieder nach draußen.

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