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Kreuzweg

Kreuzweg

Titel: Kreuzweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Broeckhoven
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den Mund. Sagte stattdessen, ich fühle mich noch immer schlapp, als ich mich in einen der Ledersessel sinken ließ und mir den Schweiß von der Stirn wischte.
    Nachdem ich mich wieder einigermaßen im Griff hatte, spielte ich ein anderes Spiel mit den beiden mit: Ich machte mich auf die Suche nach den Ostereiern, die mein Vater zuvor im Garten versteckt hatte. Eine Familientradition, nannte er es voll Freude. Bibbernd sah uns die Geisha dabei von der Terrasse aus zu. Es war doch noch recht frisch für diese Jahreszeit.
    Beim Aufsammeln der in buntes Silberpapier gewickelten Eier dachte ich an die Naschabende in meinem Kämmerchen, zum Trost für die Dienstagabende zu Hause, denen ich hatte entfliehen wollen. Seitdem war erst ein Jahr vergangen, doch die Welt war inzwischen aus den Fugen geraten.
    Zum ersten Mal im Leben aß ich Räucherlachs. Das Glas Weißwein verursachte einen angenehmen Rausch. Ich fühlte mich wie unter einer Käseglocke, konnte alle sehen und hören und war doch unantastbar.
    Nach dem Essen hatte ich Heißhunger auf etwas Süßes. Ich zog den Korb voll Ostereier zu mir her, doch die Geisha verbot mir, Schokolade zu essen. Viel zu schwer für meinen überstrapazierten Magen, fand sie, das gäbe nur Probleme. Ich ließ eine Handvoll Eier in meiner Tasche verschwinden und beschloss, sie am Abend im Bett aufzuessen. Wie damals im Internat.
    Um meinen Vater zu provozieren, fragte ich ihn, wieso er immer so mickrige Bilder malte. Ich hatte einfach das Bedürfnis, ihm wehzutun. Es würde in keinem Verhältnis zu meinem Schmerz stehen, ich empfand es aber als kleine Genugtuung, etwas Herablassendes zu ihm sagen zu können. Er ging jedoch ganz seriös auf meine Frage ein, als würde man ihn für die Zeitung interviewen.
    «Das Großformat liegt mir nicht. Ich bin eben ein Mann der Details, der verhaltenen Gefühle. Ein Perfektionist», sagte er.
    Wie ich ihn hasste, diesen Amateur! Mann der Details …
    In seinem Atelier stünden noch ein paar große Leinwände, erzählte er, denn früher habe er das Großformat schon einmal ausprobiert. Ob ich sie vielleicht haben wolle? Dazu eine Schachtel mit Ölfarben und dicke Pinsel?
    «Ja», sagte ich, ohne zu zögern. «Gern. Aber jetzt möchte ich nach Hause.»
    Er bot mir an, mich mit dem Wagen zu bringen, dann könnten wir die Leinwände und die Malkiste gleich mitnehmen.
    Er wolle aber gern erst die Nachrichten sehen. Das taten wir dann, zu dritt nebeneinander auf der Couch.
    Papst Paul VI. bedankte sich in vielen Sprachen herzlich bei seinen Anhängern für die Blumen, es wurden zerknautschte Autos gezeigt und die Zahl der Verkehrstoten genannt. Und es gab noch keine einzige Spur, die möglicherweise zur Identität des Findlings von E. führen könnte oder der der Eltern oder Täter. Das Kind befand sich noch immer zur Überwachung im Krankenhaus. Inzwischen hatte es einen Nachnamen bekommen. Den Namen unseres Dorfes, seines Fundorts. Nächste Woche würde man einen Vormund für Jasper aus E. bestimmen. Jeder, der sachdienliche Hinweise erbringen könne …
    Das Wetter blieb vorläufig mild und trocken, doch ab Dienstag müsse mit Nieselregen und sinkenden Temperaturen gerechnet werden. Ich bekam am ganzen Leib Gänsehaut.
    «Was ist nur mit der Welt los?», fragte sich die Geisha kopfschüttelnd. «Wer legt bloß mitten in der Nacht ein Kind auf einem Bahnhof ab? Noch dazu in einem Karton? Wer tut so was?»
    «Ich will jetzt nach Hause, sofort», sagte ich.
    «Du bist zu Hause», antwortete mein Vater, holte aber dennoch die Leinwände und Malsachen aus dem Kellerund trug alles zum Auto. Nach einer schweigsamen Fahrt hielten wir vor Omas Tür.
    «Schaffst du’s?», erkundigte er sich.
    Ich wollte unter keinen Umständen, dass er mit ins Haus kam, solange mein Geheimnis darin herumgeisterte. Wollte nicht mit ihm in einem geschlossenen Raum alleine sein. Nicht hier und auch sonst nirgendwo. Als ob er Gedanken lesen könnte, meinte er, ich dürfe noch bis zu den großen Ferien über meinen Zufluchtsort verfügen, danach würde das Haus allerdings für den anschließenden Verkauf hergerichtet werden. Ich müsse mich also langsam darauf einstellen, ab diesem Zeitpunkt wieder auf Dauer zu Hause zu wohnen. Aber das würde bestimmt kein Problem sein, nahm er an. Wir drei verstünden uns doch gut miteinander, nicht wahr? Es sei doch wieder Ruhe im Haus eingekehrt, oder etwa nicht?
    Es ist wieder Ruhe eingekehrt, das war sein Wortlaut. Und dass ich gut auf mich

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