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'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst'

'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst'

Titel: 'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Jochimsen
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wohl lieb zum Benedikt!«, »Nicht den Sand essen, das ist bäh!« und: »Die Lotte-Marie mag es nicht so, wenn man sie ständig an den Haaren zieht.« (Nicht zu vergessen den heiligen Dreiklang: »Komm sofort da runter!«, »Schluss jetzt!«, »Geh weg von dem Kind!«)
    Wegen der Kinder wird der Spielplatz ja auch nicht aufgesucht, Spielplatz-Eltern gehen ausschließlich dorthin, um andere Spielplatz-Eltern zu treffen und sich mit ihnen über die Vorzüge von Stoffwindeln, frühkindlicher Mehrsprachigkeit und Muttermilch zu unterhalten. Habe ich das schon erwähnt? Die Spielplatz-Eltern stillen ihre Kinder, bis sie acht sind, und dann gibt’s Körner!
    Und wehe, es taucht mal ein Stückchen Schokolade auf, dieser Bruch der sakrosankten Spielplatz-Essregel wird aufs Schärfste geahndet und mit einer dreistündigen Belehrung in Sachen sinnvoller Ernährung bestraft.
    Die Kinder können einem leidtun, die Eltern nicht!
    »Das Kind ist unglaublich weit für sein Alter ... und so neugierig, so lebendig.«
    »Sarah, nicht auf den Boden kacken!«
    »Ich kann mir das Leben ohne Kind gar nicht mehr vorstellen, für mich ist das eine derartige Bereicherung.«
    »Schluss habe ich gesagt! Wenn du jetzt nicht sofort aufhörst, gehen wir auf der Stelle heim!«
    Ja, wenn sie ihre Drohung nur mal wahr machten ...
    Übrigens ist es keineswegs so, dass Spielplatz-Eltern in der Mehrzahl Frauen wären. Patchwork, Sabbatjahr, Erziehungsurlaub und Arbeitslosigkeit machen es möglich, dass auch immer mehr Männer zu alles kontrollierenden Leittier-Vätern mit Crocs und zwanghaft guter Laune mutieren.
    »Komm, Erik-Xavier, Papa will noch mal schaukeln!«
    Die Folge ist, dass der Spielplatz zur munteren Partnerbörse wird.
    »Kommst du öfter hierher?«, fragt der sich selbst inszenierende Super-Daddy zwanglos und die Spielplatz-Mutti strahlt.
    Was für ein toller Mann, denkt sie, und er kann so gut mit Kindern ... Selten war die Kontaktaufnahme einfacher, wobei die Kinder natürlich eingebunden werden:
    »Lena, magst du dich nicht mit dem Torben anfreunden? Das ist doch ein ganz Netter, der kommt oft mit seinem Papa hierher.«
    Und dann öden sich die Kinder im Sandkasten an, während die Eltern Pädagogiktipps, zuckerfreie Reiswaffeln und Telefonnummern austauschen.
    »Wir sehen uns morgen auf dem Spieli!«
    Macht ihr nur. Ich habe mir angewöhnt, mit meinem Sohn Tom nachts auf den Spielplatz zu gehen. Für Tom ist das ein großes Abenteuer und für mich: Erholung.

Sprechen, Laufen, Schlafen
    Wenn Eltern zusammensitzen und sich mehr oder weniger stolz über ihren Nachwuchs unterhalten, tauchen drei Fragen immer auf:
    a) Ab wann hat dein Kind durchgeschlafen? b) Wann konnte es laufen? c) Was war sein erstes Wort?
    Ich verweigere meist die Antwort, weil ich im Reigen der Erinnerungen an frühkindliche Superschläfer, Spitzensprinter und Allessprecher keinen Platz für mich und Tom sehe ... Was nicht heißt, dass ich nichts dazu zu sagen hätte. Manchmal (okay, oft), wenn mein Sohn Tom sich nachts in mein Bett kuschelt, weil er nicht alleine schlafen will, erinnere ich mich sogar gern:
    Als Tom ein gutes Jahr alt war (okay, ein sehr gutes), konnte er laufen und reden. Genau genommen lief er besser, als er redete, was nicht so schwer war, weil er noch nicht so viel redete. Ganz genau genommen sagte er eigentlich nur ein einziges Wort, nämlich »Nana«.
    Ja, »Nana«. Das konnte er dafür sehr gut. »Nana« in allen Tonhöhen und Varianten. Manchmal war es nicht so einfach rauszufinden, was er gerade meinte, aber so viel hatte ich schnell raus: »Nana!« mit einem Ausrufezeichen hieß »Apfelsaftschorle«, und »NANA!!« mit zwei Ausrufezeichen und lauter bedeutete »Schokoladenkeks«. Ein wenig kluger Elternsatz war daher: »Nein, du kriegst jetzt kein Nana!!«
    Denn dann folgten so viele »NANAs«, bis alle Umstehenden dachten, hier geht ein Kinderschänder mit einem geraubten Baby spazieren, und spätestens dann setzte sich Tom durch.
    »Nana« konnte übrigens auch ein Verb sein. Wenn Tom in die Ferne deutete und »Nana« sagte, wollte er laufen. Oder besser: Laufen üben. Er lief dann ein paar Schritte, fiel auf die Nase und schrie wie am Spieß. Dann brauchte es eine Menge »Nana!« und »NANA!!«, um ihn wieder zu beruhigen.
    Leider kann ich mich nicht erinnern, was ich gesagt habe, als ich so klein war, aber ich glaube, es muss schön gewesen sein. Die ganze Welt ist ein Laut, und alle verstehen einen. Beeindruckend fand ich das

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