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'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst'

'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst'

Titel: 'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jess Jochimsen
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schon ... richtig volle Lotte, dann hab ich’s ihm echt unter die Nase gehalten und gebrüllt: Schau, was du wieder angerichtet hast!«
    »Wem sagst du das? Aber jetzt ist er ja trocken.«
    Natürlich war mir klar, dass nicht über Chris senior gesprochen wurde – bei dem das, nebenbei bemerkt, nicht unberechtigt gewesen wäre –, sondern über denein paar Monate alten Junior. Allein schon die Tatsache, dass dieser sogar noch jünger war als mein Sohn Tom, sorgte bei mir für Verunsicherung und Verzweiflung. Ich dachte: Wie soll ich das nur hinkriegen? Ich kann nicht so hart sein wie die anderen. Ich will das auch gar nicht. Auf der anderen Seite ... irgendwann muss Tom ja ebenfalls lernen, ohne Windeln zu leben, bei Chris hat es doch auch geklappt, und selbst wenn der jetzt fünf Mal die Nacht aufwacht, er wird es seinen Eltern danken – später, wenn er laufen und sprechen kann.
    Regelrecht panisch wurde ich. – Er. Muss. Jetzt. Trocken. Werden. – Vor meinem geistigen Auge sah ich mich bereits meinen volljährigen Sohn wickeln und hörte mich sagen: »Schau, was du wieder angerichtet hast ... Aber morgen kommt die Windelfee, okay?«
    Und Tom antwortete: »Halt die Klappe, Pa, und zurr die Pampers fester, ich brauch den Stoff!«
    Es war Tom selbst, der mir – ich weiß auch nicht genau, wie – die Angst nahm. Wenn ich ihm beim Zubettgehen voller Sorge einen Klaps auf seinen Windelpopo gab, kuschelte er sich an meinen Arm und guckte mich lächelnd an, als wollte er sagen: »Mach dir keinen Stress, Papa, es ist einfach viel entspannter so. Ein bisschen Droge muss sein – wenn die Zeit reif ist, hör ich auf.«
    Und damit nahm er einen tiefen Zug aus seinem Fläschchen.

Kleine Einführung in den Kapitalismus
    Mein Sohn Tom ist nicht nur frech, sondern tut von Zeit zu Zeit auch dumme Dinge. (Also in meinen Augen dumm, nicht in seinen.) Das dümmste dieser Dinge ist das Füttern von Parkuhren.
    Ich halte das im Kopf nicht aus, aber Tom macht es Spaß: Er schmeißt sein sauer verdientes Taschengeld in Parkuhren. Natürlich nur, wenn die Uhren leer sind und da auch ein Auto steht. (Ganz dumm ist er ja schließlich nicht ...) Und ich bin schuld daran, weil ich ihm das mal erklärt habe: Wenn man auf einem Parkplatz mit Parkuhr parkt und die Uhr ist leer, habe ich ihm erklärt, dann muss man da Geld einwerfen, sonst gibt’s einen Strafzettel.
    Vielleicht hätte ich betonen sollen, dass es Sinn macht, wenn es sich um das eigene Auto handelt. Jetzt wirft Tom nämlich Geld in alle leeren Parkuhren, an denen er vorbeikommt. Sofern da ein Auto steht.
    »Damit’s keine Strafe gibt«, sagt er stolz und treibt mich damit in den Wahnsinn. Die Ausnahme bilden gelbe Autos, die kriegen kein Geld, weil Tom Gelb nicht mag. Ansonsten gilt die Regel: Je größer das Auto, desto mehr Geld wirft Tom in die Uhren. Es macht mich rasend.
    »Tom, das ist einfach nur dumm!«
    »Ist es nicht. Alles muss seine Ordnung haben. Außerdem isses mein Geld!«
    Was habe ich nur falsch gemacht? Mein Sohn ist ein Ordnungsfanatiker und finanziert Bonzen das Parken! Mit seinem Taschengeld!! Welches er von mir erhalten hat!!!
    Natürlich habe ich versucht, ihn davon abzubringen – ohne Erfolg. Tom will dumm sein. Auf seinem Schulweg passiert er täglich eine kleine Einkaufsstraße mit fünf gebührenpflichtigen Parkplätzen, das ist sein Revier. Das hält er sauber. Zur großen Freude der Politesse, die dort Dienst tut.
    »Hier brauchst du nicht mehr hinzukommen«, sagte er ihr neulich stolz, »da schmeiß ich immer Geld ein.«
    »Das ist aber nicht der Sinn der Sache«, sagte sie.
    »Doch. Sonst müssen die Strafe zahlen.«
    »Ja, das sollen die auch!« Die Politesse wurde richtig ärgerlich; und Tom frech:
    »Aber es ist ja wohl nicht verboten.«
    »Das nicht«, schnaubte die Ordnungshüterin, »aber ich bin dann arbeitslos!«
    »Such dir doch eine andere Straße!«
    »Wenn ich dich noch einmal erwische, setzt’s was!«
    »Du bist ja noch nicht mal ein richtiger Polizist!«
    Dann rannte Tom weg, und es brauchte meine ganze Charmanz, die Sache wieder geradezubiegen ...
    Zu Hause ließ ich meinem Ärger dann freien Lauf, stellte Tom ob seiner Frechheit ein ganzes Strafregister inklusive Taschengeldsperre in Aussicht und erklärte ihm darüber hinaus die grundlegende Regel des Kapitalismus, nach der man seine eigene Kohle gefälligst gewinnbringend anzulegen hat und nicht dumm zum Nutzen anderer!
    Tom zeigte sich einsichtig und erzählte mir ein

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