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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Fürsten Wassil zu begegnen, hatte sie diese Soiree besucht. Ihr einst schönes Gesicht drückte lebhaften Verdruß aus, aber dann lächelte sie wieder und ergriff den Arm des Fürsten noch kräftiger.
    »Hören Sie, Fürst, ich habe Sie nie um etwas gebeten und werde auch nie wieder etwas von Ihnen erbitten. Ich habe Sie niemals an die Freundschaft meines Vaters für Sie erinnert. Aber um Gottes willen, tun Sie das für meinen Sohn, und Sie werden unser Wohltäter sein«, fügte sie hastig hinzu. »Nein, Sie müssen mir das versprechen. Ich war schon bei Galizin, aber er hat mich abgewiesen. Seien Sie so gut, wie Sie ehemals waren«, fuhr sie fort und versuchte zu lächeln, während ihre Augen sich mit Tränen füllten.
    »Papa, wir werden zu spät kommen«, rief die Fürstin Helene von der Tür her.
    Der Einfluß ist in dieser Welt ein Kapital, mit dem man sparsam zu wirtschaften verstehen muß. Das wußte der Fürst Wassil. Das sicherste Mittel, nichts mehr für sich selbst zu erreichen, wäre es gewesen, wenn er für alle, die sich bittend an ihn wandten, sich hätte verwenden wollen, das hatte er längst begriffen. Deshalb wandte er nur sehr selten seinen persönlichen Einfluß an. Aber die dringende Bitte der Fürstin Drubezkoi erweckte ihm leichte Gewissensbisse. Auf was sie angespielt hatte, das war die Wahrheit, ihrem Vater hatte er in der Tat die ersten Schritte seiner Laufbahn zu verdanken. Er wußte auch, daß sie zu den Frauen, zu denjenigen Müttern gehörte, welche keine Ruhe geben, bevor sie das Ziel ihrer hartnäckigen Wünsche erreicht haben, und welche stets bereit sind, bei jeder Gelegenheit eine Szene zu machen. Dieser Gedanke war bei ihm entscheidend.
    »Teuerste Anna Michailowna«, sagte er mit seiner gewöhnlichen Vertrautheit, »was Sie verlangen, ist mir fast unmöglich, aber ich werde es dennoch versuchen, aus Achtung für das Andenken Ihres Vaters. Ihr Sohn wird in die Garde kommen, mein Wort darauf. Sind Sie jetzt zufrieden?« »Teurer Fürst, Sie sind mein Wohltäter! Das habe ich von Ihnen erwartet, denn ich kenne Ihre Herzensgüte. Noch ein Wort«, sagte sie, als er sie verlassen wollte, »wenn er in der Garde ist...« und sie hielt verwirrt an... »Sie stehen so gut mit Kutusow, Sie werden ihm meinen Boris empfehlen, nicht wahr, damit er ihn zum Adjutanten nimmt? Dann werde ich ruhig sein und niemals wieder ...«
    Fürst Wassil lächelte.
    »Das kann ich Ihnen nicht versprechen. Seit Kutusow zum Obergeneral ernannt wurde, wird er mit Bittschriften überschüttet. Er sagte mir selbst, alle Damen von Moskau wollen ihm ihre Söhne zu Adjutanten geben.«
    »Nein, nein, versprechen Sie mir das, mein Freund, mein Wohltäter, versprechen Sie mir das, oder ich halte Sie noch länger zurück!«
    »Papa«, wiederholte die schöne Helene, »wir kommen zu spät.«
    »Nun, Sie sehen!... Auf Wiedersehen! Ich kann nicht länger...«
    »Also, Sie werden morgen mit dem Kaiser sprechen?«
    »Unfehlbar, aber was Kutusow betrifft, kann ich nichts versprechen.« »Mein Wassil«, begann Anna Michailowna wieder mit einem koketten Lächeln. Sie vergaß, daß ihr Lächeln von ehemals mit ihrem müden Gesicht nicht mehr harmonierte. Sie dachte nicht mehr an ihr Alter und suchte nur alle Mittel anzuwenden. Kaum aber war der Fürst verschwunden, als ihr Gesicht wieder seinen früheren kalten Ausdruck annahm. Sie trat wieder zu der Gruppe, in deren Mitte der Graf erzählte, und gab sich den Anschein, sich dafür zu interessieren, während sie nur an den günstigen Moment zum Verschwinden dachte, da sie ihr Vorhaben nun ausgeführt hatte.
    »Wie finden Sie diese neue Komödie?« fragte die Hofdame. »Monsieur Bonaparte sitzt auf einem Thron und hört die Wünsche der Nation an. Wunderbar! Nein, man sollte glauben, die ganze Welt habe den Kopf verloren!« Der Fürst Andree lächelte.
    »Wirklich«, rief die Hofdame, »die Regenten können diesen Menschen nicht länger dulden, er ist für alle eine lebendige Drohung.«
    »Die Regenten«, sagte der französische Emigrant höflich und in traurigem Tone. »Was haben sie für Ludwig XVI. getan und für die Königin? Nichts! Und glauben Sie mir, sie sind dafür gestraft, daß sie die Bourbonen verlassen haben. Und wenn Napoleon noch ein Jahr auf dem Throne von Frankreich bleibt, so wird die französische Gesellschaft, ich meine die gute Gesellschaft, wohlverstanden, vernichtet sein, und dann...« Peter wollte ihn unterbrechen, aber die Hofdame, die ihn beobachtete, kam

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