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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Besonderes.«
    »Nun, sprich doch!«
    »O, nichts Wichtiges«, widerholte Natalie mit einem strahlenden Lächeln, »ich wollte nur von Petja sprechen. Heute, als die Kinderfrau kam, um ihn mir abzunehmen, lächelte er und schmiegte sich an mich, wahrscheinlich glaubte er, er habe sich versteckt! – Furchtbar niedlich! – Nun schreit er wieder, ich muß gehen!« Und sie verließ das Zimmer.
     
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    Zu derselben Zeit brannte im Schlafzimmer von Nikolai Bolkonsky, wie immer, eine Nachtlampe, weil er sich in der Dunkelheit fürchtete. Desalles schlief auf seinen vier Kissen, und seine römische Nase ließ ein gleichmäßiges Schnarchen hören. Nikolai war in kaltem Schweiß erwacht und saß mit weit geöffneten Augen auf seinem Bette. Ein schrecklicher Traum hatte ihn erweckt. Er sah sich selbst und Onkel Peter mit Helmen, wie er sie in einer Ausgabe von Plutarch abgebildet gesehen hatte. Er ging mit Onkel Peter einer ungeheuren Masse Truppen voraus. Diese Truppen bestanden aus weißen, schiefen Linien, welche die Luft erfüllten wie jene Fäden, die im Herbst in der Luft umherfliegen. Vor ihnen lag der Ruhm, ebenso wie diese Fäden, nur etwas stärker. Er und Onkel Peter schwebten freudig näher und näher zum Ziel. Plötzlich wurden die Fäden, die sie fortbewegten, schwächer und verwirrten sich, und Onkel Nikolai stand vor ihnen mit drohender, strenger Gebärde.
    »Habt ihr das gemacht? Ich liebe euch, aber Araktschejew hat's befohlen, und ich schlage den ersten nieder, der sich weiterbewegt.« Der kleine Nikolai blickte sich nach Onkel Peter um, aber dieser war verschwunden. Peter war sein Vater, der Vater hatte keine Gestalt und Form, aber er war, und bei seinem Anblick fühlte der kleine Nikolai die Schwäche der Liebe, er fühlte sich kraftlos, knochenlos und flüssig. Der Vater liebkoste und bedauerte ihn, aber Onkel Nikolai kam immer näher und näher. Entsetzen erfaßte den kleinen Nikolai und er erwachte.
    »Der Vater«, dachte er, »der Vater war bei mir und hat mir seine Zufriedenheit ausgedrückt mit mir und mit dem Onkel Peter. Was er auch sagte, ich werde alles tun, doch Mutius Scävola hat seine Hand verbrennen lassen, warum wird in meinem Leben nicht dasselbe sein? Ich weiß, man will, ich solle lernen, und ich werde lernen, aber später einmal werde ich aufhören, und dann werde ich es tun. Nur darum bitte ich Gott, daß ich sei wie die Menschen Plutarchs, und ich werde dasselbe tun, ich werde noch Besseres vollbringen. Alle werden mich lieben und verehren! –« Und plötzlich fühlte Nikolai, wie die Tränen in seiner Brust aufstiegen und er weinte.
    »Sind Sie nicht gesund?« rief die Stimme Desalles'.
    »Nein«, erwiderte Nikolai und legte sich auf das Kissen. »Er ist gut, und ich liebe ihn«, dachte er über Desalles. »Aber Onkel Peter! O, was für ein wundervoller Mensch!«
    »Und der Vater? Der Vater! Der Vater! Ja, ich werde so Großes vollbringen, daß selbst er zufrieden sein wird!«

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