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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Unannehmlichkeiten verursacht habe, aber ich verstehe noch weniger als Sie davon.«
    »Zum Teufel mit diesem Bauernvolk, diesen Geldsachen und Büchern«, dachte er, »ich verstehe nichts davon!« Von dieser Zeit an mischte er sich nicht mehr in die Geschäfte ein. Nur einmal berief die Gräfin ihren Sohn zu sich und teilte ihm mit, daß sie einen Wechsel von Anna Michailowna über zweitausend Rubel besitze, und fragte Nikolai, wie sie damit verfahren solle.
    »Das ist einfach«, erwiderte Nikolai. »Sie sagen mir, das hänge von mir ab? Nun, ich liebe weder Anna Michailowna noch Boris, aber sie sind mit uns befreundet und arm, also sehen Sie!« Er zerriß den Wechsel, und die alte Gräfin vergoß Freudentränen darüber. Für die Folge aber kümmerte er sich durchaus nicht mehr um irgendwelche Geschäftsangelegenheiten und überließ sich mit Leidenschaft dem ihm noch neuen Vergnügen der Jagd, welche der alte Graf auf großem Fuß unterhielt.

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    Der Graf gab seine Würde als Landmarschall auf, weil sie mit zu vielen Ausgaben verbunden war. Aber in seinen Angelegenheiten trat keine Besserung ein. Oft bemerkten Natalie und Nikolai geheime Unterredungen der Eltern, in welchem von dem Verkauf des reichen Stadthauses und des Gutes bei Moskau die Rede war. Nach Aufgabe der Landmarschallwürde brauchte er nicht mehr so viele Besuche zu empfangen, und das Leben in Otradno wurde stiller als in früheren Jahren. Aber das große Haus mit seinen Nebengebäuden war dennoch voll von Leuten, und am Tische saßen täglich mehr als zwanzig Personen. Das waren Leute, die an das Haus gewöhnt waren und fast als Familienglieder angesehen wurden, oder solche, welche anscheinend durchaus im Hause des Grafen wohnen mußten, wie zum Beispiel Dummler, der Musiklehrer, mit seiner Frau, Vogel, der Tanzlehrer, mit seiner Familie, ein altes Fräulein Bjelow, und noch viele andere, wie die Lehrer des kleinen Peter, die frühere Gouvernante der Fräulein und solche, welche es vorteilhafter fanden, beim Grafen zu wohnen, als zu Hause. Es kamen nicht mehr so viele Besuche, aber in der Hofhaltung wurde derselbe Aufwand beibehalten, ohne welchen der Graf und die Gräfin sich das Leben nicht vorstellen konnten. Es war dieselbe Jagd, welche Nikolai noch vergrößerte, es waren wie bisher fünfzig Pferde und fünfzehn Kutscher, dieselben teuren Geschenke zu den Namenstagen und dieselben Diners, die im ganzen Landkreis gerühmt wurden, dieselben Kartenpartien, bei welchen der Graf alle in seine Karten blicken ließ und täglich Hunderte verspielte an Nachbarn, die das Recht, am Kartenspiel des Grafen teilzunehmen, wie eine sehr einträgliche Revenue ansahen.
    Der Graf war in seinen Angelegenheiten verwickelt wie in einem ungeheuren Netz. Er wollte selbst nicht daran glauben, verwickelte sich bei jedem Schritt tiefer und tiefer und war nicht imstande, es zu zerreißen oder sich durch Umsicht und Ausdauer daraus zu befreien. Die Gräfin sah mit liebendem Herzen, daß ihre Kinder dem Untergang entgegengingen, aber sie vermochte den Grafen nicht darüber zu tadeln, weil er nicht anders sein konnte, als er war. Sie sah, daß er selbst litt, wenn er es auch verbergen wollte. Unter der Voraussicht des herannahenden Untergangs suchte sie nach einem Ausweg, und von ihrem weiblichen Standpunkt aus fand sie nichts Besseres als eine Heirat Nikolais mit einer reichen Erbin. Dies war ihre letzte Hoffnung und sie wußte, daß die letzte Möglichkeit, ihre Umstände wieder in Ordnung zu bringen, schwinden mußte, wenn Nikolai die Partie, die sie für ihn gefunden hatte, ausschlug. Diese Partie war, Julie Karagin, die Tochter vortrefflicher, tugendhafter Eltern, welche sie von Jugend auf kannte und die jetzt nach dem Tode des letzten ihrer Brüder eine reiche Erbin war.
    Die Gräfin schrieb an die Fürstin Karagin in Moskau und teilte ihr ihren Heiratsplan mit, worauf sie eine günstige Antwort erhielt. Die Fürstin erwiderte, ihrerseits sei sie einverstanden, aber alles hänge von den Neigungen ihrer Tochter ab. Sie lud Nikolai ein, nach Moskau zu kommen. Mehrmals sagte die Gräfin mit Tränen in den Augen zu ihrem Sohn, jetzt, wo beide Töchter versorgt seien, wäre es ihr eigener Wunsch, auch ihn verheiratet zu sehen, dann würde sie sich ruhig ins Grab legen. Sie habe schon ein junges Mädchen im Sinn.
    Bei andern Gelegenheiten lobte sie Julie und riet Nikolai, zu den Feiertagen nach Moskau zu fahren zu seiner Erholung. Nikolai erriet, wohin die Absichten seiner

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