Krieg und Frieden
Schnurrbart und seine Haare waren von derselben Farbe. Mit finsterem Gesicht und mit gesenktem Kopf näherte er sich der Haustür. »Lawruschka!« rief er schnarrend und zornig. »Da, nimm, Dummkopf!« »Und du bist schon aufgestanden?« sagte Denissow, ins Zimmer tretend.
»Schon lange«, erwiderte Rostow. »Ich war schon nach Heu ausgeritten und habe Fräulein Mathilde gesehen!«
»Oho! Und ich habe mich schön hineingeritten gestern abend«, rief Denissow. »So ein Pech! Als du fortgingst, da ging's los. Heda, Tee!« Er fuhr mit beiden Händen in seine dichten, schwarzen Haare.
»Der Teufel hat mich verführt, zu dieser Ratze zu gehen!« – Das war der Beiname eines Offiziers. – »Kannst du dir vorstellen, nicht einen einzigen Stich konnte ich machen!«
Denissow ergriff die ihm gereichte, in Brand gesetzte Pfeife, nahm sie in die Faust und schlug damit auf den Fußboden, daß die Feuerfunken umherflogen. Dann warf er die zerschlagene Pfeife weg und versank in Schweigen. Plötzlich blickte er mit seinen glänzenden Augen Rostow vergnügt an.
»Wenn noch Damen dagewesen wären! Aber nichts als saufen. Lieber möchte ich mich schlagen. – Wer da?« rief er nach der Tür, von woher er schwere, sporenklirrende Schritte vernahm.
»Der Wachtmeister!« sagte Lawruschka. Denissows Miene wurde noch finsterer.
»Das ist dumm«, sagte er und warf den Geldbeutel mit einigen Goldstücken auf den Tisch. »Zähle nach, Rostow, mein Täubchen, wieviel noch übriggeblieben ist, und stecke den Beutel unter das Kopfkissen!« Dann ging er hinaus zum Wachtmeister.
Rostow nahm das Geld, sonderte die alten und die neuen Goldstücke und begann sie zu zählen.
»Ah, Teljanin! Wie geht's? Gestern bin ich nicht übel hineingefallen!« rief Denissow im anderen Zimmer.
»Wo? Bei Bükow, bei der Ratze?« fragte eine andere, dünne Stimme, und gleich darauf trat Teljanin, ein kleiner Offizier derselben Schwadron, ein. Rostow warf den Beutel unter das Kissen und drückte die ihm entgegengestreckte Hand Teljanins. Teljanin war vor dem Feldzug zur Strafe aus der Garde versetzt worden, er führte sich sehr gut im Regiment, war aber nicht beliebt, und besonders Rostow konnte einen unwillkürlichen Widerwillen gegen diesen Offizier weder überwinden noch verbergen.
»Nun, mein junger Kavallerist, was macht Ihr Gratschick?« fragte er. Das war ein Reitpferd, welches Rostow von Teljanin gekauft hatte. Der Leutnant sah niemals jemand ins Gesicht, mit dem er sprach, beständig schweiften seine Augen umher.
»Es ist ein gutes Pferd«, erwiderte Rostow, obgleich das Pferd, das er für siebenhundert Rubel gekauft hatte, nicht die Hälfte wert war. »Es hinkt nur ein bißchen auf dem linken Vorderfuß«, fügte er hinzu.
»Das hat nichts zu bedeuten. Wahrscheinlich hat der Huf einen Riß bekommen. Ich werde Ihnen zeigen, wie man eine Niete anlegt. Sie werden mir noch danken für das Pferd!«
»Gut, ich werde es herführen lassen«, sagte Rostow, um sich Teljanins zu entledigen, und ging hinaus, um das Pferd herbeiführen zu lassen. Draußen saß Denissow vor dem Wachtmeister, welcher ihm eine Meldung machte. Als er Rostow erblickte, verfinsterte sich Denissows Miene. Er zeigte mit dem Finger über die Schulter nach dem Zimmer, in welchem Teljanin saß, und knurrte mit sichtlichem Widerwillen, ohne sich vor dem Wachtmeister zu genieren: »Ich kann den Burschen nicht leiden!« Rostow zuckte mit den Achseln, als ob er sagen wollte: »ich auch nicht«, und kehrte bald darauf wieder ins Zimmer zurück.
Teljanin saß noch immer in derselben nachlässigen Haltung da, in der ihn Rostow verlassen hatte.
»Es gibt oft solche widerlichen Gesichter«, dachte Rostow, als er ins Zimmer trat.
»Haben Sie nach dem Pferd geschickt?« fragte Teljanin, indem er aufstand und sich nachlässig umblickte.
»Ja.«
»Dann wollen wir gehen. Ich bin nur gekommen, um Denissow nach dem gestrigen Befehl zu fragen. Haben Sie ihn erhalten, Denissow?«
»Noch nicht. Aber wohin gehen Sie?«
»Ich will nur dem jungen Mann zeigen, wie man ein Pferd beschlägt«, sagte Teljanin.
Sie gingen hinaus zum Stall, und nachdem der Leutnant Anweisung gegeben hatte, eine Niete einzuschlagen, ging er in sein Quartier.
Als Rostow zurückkehrte, stand auf dem Tische eine Flasche mit Branntwein und daneben lag eine Wurst. Denissow saß am Tisch und kratzte mit der Feder auf dem Papier. Er blickte Rostow finster an.
»Ich schreibe an Sie«, sagte er, »Siehst du, Freundchen, wir
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