Krieg und Frieden
war.
Aber das launische Schicksal machte das Unmögliche möglich. Der Erfolg jenes Betrugs, der den Franzosen ohne Kampf die Wiener Brücke überlieferte, veranlaßte Murat zu einem Versuch, auch Kutusow zu betrügen. Murat stieß mit der französischen Vorhut auf die schwache Heeresabteilung Bagrations auf der Straße nach Znaim und glaubte, er habe die ganze Armee Kutusow vor sich. Um diese Armee ganz sicher zu vernichten, erwartete er die Ankunft weiterer Truppen aus Wien, und in dieser Absicht schlug er einen Waffenstillstand von drei Tagen vor unter der Bedingung, daß beide Teile ihre Stellung nicht verändern und sich nicht von der Stelle rühren sollten. Murat versicherte, es seien schon Friedensverhandlungen im Gang, und um unnötiges Blutvergießen zu vermeiden, schlage er eine Waffenruhe vor. Der österreichische General, Graf Nostiz, glaubte dem Parlamentär Murats und zog sich zurück. Ein anderer Parlamentär kam an die russischen Vorposten und überbrachte dieselbe Nachricht von den Friedensverhandlungen und dem Vorschlag einer Waffenruhe auf drei Tage. Bagration sagte, er könne diesen Vorschlag weder annehmen noch ablehnen und sandte seinen Adjutanten an Kutusow mit der Meldung darüber ab.
Die Waffenruhe war für Kutusow das einzige Mittel, um Zeit zu gewinnen, die Bagage fortzuschaffen. Deshalb sandte Kutusow sogleich den Generaladjutanten Wintzingerode in das feindliche Lager mit dem Auftrag, nicht nur die Waffenruhe anzunehmen, sondern auch über eine Kapitulation zu verhandeln. Zugleich aber sandte Kutusow seinen Adjutanten zurück, um den Marsch der ganzen Armee und der Bagage auf Krems und Olmütz soviel als möglich zu beschleunigen.
Die Erwartung Kutusows, daß die Verhandlungen über die Kapitulation, die zu nichts verpflichteten, ihm Zeit geben würden, die Bagage fortzuschaffen, traf zu, nicht minder aber auch die Überzeugung, daß der Mißgriff Murats sehr bald erkannt werden würde. Sobald Bonaparte in Schönbrunn, nur fünfundzwanzig Kilometer von Hollabrunn entfernt, die Meldung Murats über die vorgeschlagene Waffenruhe und Kapitulation erhielt, merkte er sofort die beabsichtigte Täuschung und schrieb einen scharfen Brief an Murat.
Schönbrunn, den 25. Brumaire 1805, acht Uhr abends.
Ich finde keine Worte, um Ihnen mein Mißvergnügen auszudrücken. Sie haben nur die Vorhut zu kommandieren und kein Recht, ohne meinen Befehl eine Waffenruhe eintreten zu lassen. Sie bringen mich um die Früchte meines ganzen Feldzuges! Sofort brechen Sie die Verhandlungen ab und greifen Sie den Feind an! Erklären Sie ihm, der General, der diese Kapitulation unterschrieben habe, sei nicht dazu berechtigt gewesen, und niemand, außer dem russischen Kaiser, habe das Recht dazu!
Wenn der russische Kaiser die Bedingungen annimmt, so bin ich auch einverstanden. Aber der vorliegende Fall ist nichts anderes als eine Kriegslist. Deshalb greifen Sie die russische Armee an und vernichten Sie sie! Sie können ihre Bagage und Artillerie wegnehmen. Der Generaladjutant ist ein Betrüger! Die Offiziere sind ganz ohne Bedeutung, wenn sie keine Vollmacht haben, und dieser hat keine. Die Österreicher ließen sich bei der Wiener Brücke betrügen, Sie aber lassen sich von dem Adjutanten des russischen Kaisers betrügen!
Napoleon.«
Ein Adjutant galoppierte mit diesem schroffen Brief an Murat schleunigst davon, und Bonaparte, der sich auf seine Generale nie verließ, eilte mit der ganzen Garde nach dem Schlachtfeld, in der Befürchtung, die sichere Beute zu verlieren. Die Russen unter Bagration aber machten vergnügt Feuer an und kochten zum erstenmal seit drei Tagen ihre Grütze. Keiner hatte eine Ahnung von dem, was ihnen bevorstand.
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Um vier Uhr abends kam Fürst Andree, der auf seiner Bitte beharrt hatte, in Grunt bei Bagration an. Der Adjutant Napoleons war bei Murat noch nicht eingetroffen, und die Schlacht hatte daher noch nicht begonnen. Bagration kannte Bolkonsky als zuverlässigen Adjutanten und empfing ihn mit herablassender Auszeichnung. Er sagte, heute oder morgen werde es zur Schlacht kommen, und ließ ihm volle Freiheit, während derselben bei ihm zu bleiben, oder bei der Nachhut für einen geordneten Rückzug zu sorgen, was auch sehr wichtig sei.
»Ist er einer der gewöhnlichen Stutzer aus dem Hauptquartier, die sich nur auf leichte Weise ein Kreuz verdienen wollen, so kann er es auch bei der Nachhut verdienen, will er aber bei mir bleiben, so ist mir's recht, denn einen tapferen
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