Krieger des Lichts: Ungezähmter Kuss (German Edition)
1
Lodernde Flammen rasenden Zorns zersetzten seinen Verstand, bis nur noch ein Haufen weiß glühender Kohle übrig war. Bei dem leisesten Gedanken, nur einem Funken erwachenden Bewusstseins, würde er sich wieder zu einem flackernden Feuer entzünden. Ein Schrei hallte in schrecklicher Lautlosigkeit in der erstickenden Dunkelheit und hämmerte von innen gegen seinen Schädel, den er schon vor langer Zeit aufgehört hatte zu spüren.
Vollkommene Schwärze war nun die einzige Wirklichkeit, die er kannte … ohne Laute, Berührungen, Gerüche und Geschmack. Ohne Leben. Nur eins war ihm geblieben: der endlos rasende Zorn.
Aus weiter Ferne drang ein Raunen an sein Ohr, ein Widerhall aus vergangenen Tagen, von einem anderen Ort, welcher ihn mit der Erinnerung daran quälte, was er verloren hatte. Erinnerungen an ein Leben voller Licht und Freiheit. Erinnerungen an seine Brüder, die Krieger des Lichts, nach denen er sich sehnte, und doch wusste er, dass er sie nie wiedersehen würde. Seine Freunde. Gestaltwandler. Unsterbliche. Doch das war eine Lüge, nicht wahr? Unsterblich bedeutete doch, »nicht sterben zu können«, und das traf auf ihn eindeutig nicht zu. Keiner von ihnen war unsterblich. Wunden verheilten schnell und sie alterten nicht … das schon. Aber sie sollten nicht sterben können? Das galt für kein Lebewesen.
Sein Tod stand jetzt kurz bevor.
In dem Moment, als er erkannt hatte, dass er in eine Geistfalle der Dämonen gestürzt war, hatte er gewusst, dass alles vorbei war. Der Geist des Tieres, welches ihn vor langer Zeit gezeichnet und damit zu einem der Krieger des Lichts gemacht hatte, einer von den letzten neun Gestaltwandlern, die es noch auf Erden gab, war aus ihm herausgerissen worden. Und ein Krieger, der einmal gezeichnet worden war, konnte ohne sein Tier nicht weiterleben. Innerhalb weniger Tage würde er tot sein. Schlimmer … viel schlimmer war jedoch, dass in der Falle auch der Geist des Tieres vernichtet wurde. Oder er wurde zumindest in der Ewigkeit festgehalten, wo er ebenfalls so gut wie tot war, denn es wäre ihm somit unmöglich, den nächsten Krieger des Lichts zu zeichnen.
Aus den neun Kriegern würden acht werden. Nein, nicht acht. Er und Tighe waren zusammen in diese Falle gestürzt.
Sieben. Sieben Krieger des Lichts, die verhindern sollten, dass sich die Dämonen wieder erhoben und die Erde zerstörten.
Die Stimme war jetzt näher, kein Raunen mehr, aber immer noch nicht deutlich zu verstehen, weil da noch andere Stimmen waren. Als wären sie gekommen, um sich zu verabschieden … oder vielleicht doch nicht. Vielleicht waren es auch die Stimmen der siebzehn Krieger des Lichts, die vor Jahrhunderten in diese Falle getappt waren und ihn nun in der Bruderschaft willkommen hießen. In der Bruderschaft der Toten.
Seine Seele krümmte sich bei der Aussicht, bis in alle Ewigkeit in diesem endlosen Dunkel zu verbleiben.
Das wütende Kreischen seines Tieres übertönte seine Gedanken. Trotz der lauter werdenden Stimmen war es noch klar und deutlich zu hören. Eine Zeit lang hatte er gedacht, der Geist des Bussards hätte ihn verlassen, doch er war wieder da und raste vor Zorn.
»Hawke.« Eine Stimme drang zu ihm durch, sein Name schlitzte das Kreischen in seinem Kopf auf. Kougars Stimme . Wenn er seinen Puls spüren könnte, dann würde er rasen. Das Blut würde in seinen Ohren rauschen.
Fing er jetzt etwa an zu halluzinieren? Kougar klang so herrlich nah.
»Na, komm schon, Hawke.« Tighe . »Wir brauchen dich, Kumpel. Komm zurück zu uns.«
Warum gaukelte ihm seine Fantasie vor, Tighes und Kougars Stimmen kämen aus der gleichen Richtung? Aber vielleicht war Kougar ja auch in die Falle gestürzt. Waren denn alle von ihnen verloren? Waren auch die letzten Gestaltwandler für immer vom Antlitz der Erde verschwunden?
Der Zorn, der jetzt ein Teil von ihm geworden war, schwoll an wie ein Lavastrom und verschlang mit seiner Glut alle Stimmen und Gedanken. In seinem Kopf hörte er ein wütendes Kreischen, das wie sein eigenes klang. Er spürte die Klauen mit einem Ruck aus seinen Fingerspitzen schnellen, wie sie es immer taten, wenn bei ihm oder einem der Krieger die animalische Seite hervortrat. Eine teilweise Verwandlung, durch die die wilde Natur des Tieres hervortrat, und Bussard oder Tiger, Wolf oder Schlange ebenbürtig miteinander kämpfen konnten.
Das Kreischen ließ seine Kehle vibrieren und dröhnte in seinen Ohren. Es fühlte sich real an. Es klang … real.
Verlor er
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