Kriegswirren
Einige hier in der Gegend treten noch immer für Naean oder Elenia ein, aber ich bin für Dyelin. Doch Caemlyn ist weit entfernt, und meine Sorge gilt der Ernte. Wenn ich jemals wieder etwas ernten kann.«
»Oh, es ist wahr, meine Lady, es ist wahr. Elayne lebt«, belehrte sie ein hagerer alter Tischler in Forel Markt. Er war vollkommen kahl und seine Finger vom Alter verkrümmt, aber die Arbeiten, die in seiner Werkstatt zwischen Hobel- und Sägespänen standen, waren nicht schlechter als alle anderen, die Elayne bisher gesehen hatte. Sie war mit ihm allein in der Werkstatt. Das Dorf machte einen ziemlich verlassenen Eindruck. »Der Wiedergeborene Drache läßt sie nach Caemlyn bringen, um ihr die Rosenkrone eigenhändig aufzusetzen«, wagte er sich weiter vor. »Die Nachricht hat sich schnell verbreitet. Ich finde es nicht richtig. Wie ich hörte, ist er einer dieser schwarzäugigen Aiel. Wir sollten nach Caemlyn marschieren und ihn und alle Aiel dorthin zurücktreiben, woher sie gekommen sind. Dann kann Elayne den Thron selbst beanspruchen. Wenn Dyelin ihr den Thron überhaupt überläßt.«
Elayne hörte vieles über Rand. Man munkelte, daß er Elaida die Treue geschworen habe, und andere wollten wissen, daß er ausgerechnet der König von Illian sei. In Andor wurde er für alles Schlechte verantwortlich gemacht, was während der letzten zwei oder drei Jahre geschehen war, einschließlich Totgeburten und gebrochener Beine, Heuschreckenplagen, zweiköpfiger Kälber und dreibeiniger Hühner. Und selbst Menschen, die glaubten, Elaynes Mutter hätte das Land verwüstet und es sei ein Segen, daß die Herrschaft des Hauses Trakand beendet sei, hielten Rand al'Thor noch immer für einen Eindringling. Der Wiedergeborene Drache solle lieber den Dunklen König in Shayol Ghul bekämpfen und aus Andor vertrieben werden. Das war nicht das, was sie zu hören gehofft hatte, ganz und gar nicht. Aber sie hörte dieses Gerede immer und immer wieder. Es war eine durchwegs unerfreuliche Reise. Es war eine einzige lange Lektion in Linis Lieblingssprichwort: Nicht der Stein, den du siehst, ist schuld daran, wenn du auf die Nase fällst.
Sie dachte daran, daß die Adligen Schwierigkeiten machen könnten, und noch an eine Anzahl anderer Dinge, von denen einige gewiß ebenso große Erschütterungen hervorriefen wie das Wegetor. Durch den Vertrag mit Nynaeve und ihr selbst überheblich geworden, traten die Windsucherinnen den Aes Sedai gegenüber aufreizend überlegen auf, besonders nachdem herauskam, daß Merilille zugestimmt hatte, als eine der ersten Schwestern zu den Schiffen zu gehen. Aber obwohl eine Mißstimmung blieb, kam sie niemals ganz zum Ausbruch. Die Windsucherinnen und die Frauen der Schwesternschaft, besonders der Frauenzirkel, schienen ebenso gewiß mit ihrer Geduld am Ende. Sie ignorierten einander, wenn sie sich nicht offen verhöhnten, die Schwesternschaft die ›Meervolk-Wilden, die die Nase hoch tragen‹, und die Windsucherinnen die kriecherischen Sandwürmer, die den Aes Sedai die Füße küssen‹. Aber es ging niemals über geschürzte Lippen oder liebkoste Dolche hinaus.
Ispan bot gewiß Anlaß zur Sorge, wie Elayne glaubte, aber nach wenigen Tagen ließen Vandene und Adeleas sie ohne den Ledersack, jedoch abgeschirmt reiten, eine schweigsame Gestalt mit farbigen Perlen in ihren dünnen Zöpfen, das alterslose Gesicht gesenkt und die Zügel in Händen. Renaile erzählte jedermann, der zuhören wollte, daß eine Schattenfreundin unter den Atha'an Miere ihrer Namen beraubt wurde, sobald ihre Schuld bewiesen sei, und dann mit Steinen an den Füßen über Bord geworfen würde. Unter den Frauen der Schwesternschaft erblaßten sogar Reanne und Alise ein jedes Mal, wenn sie der Tarabonerin ansichtig wurden. Ispan hingegen wurde von Tag zu Tag sanfter, suchte eifrig zu gefallen und lächelte den beiden weißhaarigen Schwestern gewinnend zu, gleichgültig, was sie ihr antaten, wenn sie sie nachts von den übrigen fortbrachten. Adeleas und Vandene wurden andererseits immer mißmutiger. Adeleas berichtete Nynaeve in Elaynes Hörweite, daß die Frau ganze Bände über alte Pläne der Schwarzen Ajah erzählte, sowohl über jene, an denen sie nicht beteiligt war, wie auch über jene, die sie sehr wohl mit Begeisterung verfolgt hatte, aber selbst als sie sie hart bedrängten - Elayne mochte sich nicht überwinden zu fragen, wie dies geschah - und sie Namen von Schattenfreunden preisgab, waren es überwiegend Namen von
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