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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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ordentliche Furche zu ziehen. Auch Ulv hätte es wohl wenig zugesagt, wenn Erlend sich in die Hofwirtschaft eingemischt hätte. Aber die Söhne konnten nicht so aufwachsen, wie ihr Vater es gedurft hatte: sich im Gebrauch der Waffen üben, Tiere jagen und sich mit ihren Pferden tummeln; sich über das Brettspiel beugen, zusammen mit einem Priester, der das Amt hatte, dem Ritterssohn mit List und Schläue ein wenig Kenntnis in Latein und Schreiben, Gesang und Saitenspiel beizubringen. Kristin hielt nur wenig Gesinde auf dem Hof, gerade weil sie dachte, ihre Söhne sollten von Kindesbeinen an verstehen lernen, daß sie sich an die Bauernarbeit gewöhnen mußten. Um die Aussichten auf eine Ritterschaft für die Erlendssöhne war es jetzt schlecht bestellt.
    Aber Gaute war der einzige von den Knaben, der zu solcher Arbeit Lust zeigte. Gaute war arbeitsam - aber er war erst dreizehn Jahre alt; man durfte nichts anderes erwarten, als daß auch er lieber Erlend begleitete, wenn der Vater kam und ihn dazu aufforderte.
    Aber es war schwierig, mit Erlend über diese Sachen zu sprechen. Denn es war ihr fester Vorsatz - von ihr sollte ihr Mann niemals ein Wort hören, aus dem er entnehmen könnte, daß sie ihm sein Betragen zur Last lege oder über das Schicksal klage, das er über sich und seine Söhne gebracht hatte. Auf diese Weise aber war es nicht leicht, den Vater darauf aufmerksam zu machen, daß seine Söhne sich daran gewöhnen mußten, selber hier auf ihrem Hof zu arbeiten. Wenn doch bloß Ulv darüber sprechen würde, dachte sie ...
    Als die Herde von der Frühjahrsalm nach Hövringen hinaufgetrieben wurde, folgte Kristin mit ins Gebirge. Die Zwillinge wollte sie nicht mit dorthin nehmen. Sie waren jetzt bald elf Jahre alt und die unlenksamsten und eigensinnigsten ihrer Kinder; Kristin gelang es nur schwer, die beiden zu bändigen, denn sie waren zu zweit und hielten in allem und jedem zusammen. Geschah es einmal, daß sie Ivar für sich allein haben konnte, so war er ganz freundlich und fügsam, Skule aber war hitzig und streitlustig - und wenn die Brüder zusammensteckten, sagte und tat Ivar alles, was der andere wollte.

2
    Noch frühzeitig im Herbst ging Kristin eines Tages um die Zeit der None weg. Der Viehhirt hatte gesagt, daß weiter unten am Hang, in der Richtung des Baches, auf einer Waldblöße eine Menge Königskerzen stünden.
    Kristin fand die Stelle: ein steiler Hang, auf den die Sonne herabbrannte - es war gerade die beste Zeit, diese Blumen zu pflücken. Dicht, dichtgedrängt standen sie zwischen den Steinblöcken und rings um die grauen Baumstümpfe - hohe hellgelbe Schäfte, reich mit aufgesprungenen kleinen Sternen besetzt. -Kristin führte Munan in ein Gebüsch, wo er Himbeeren pflücken konnte und von wo er nicht ohne ihre Hilfe wegzulaufen vermochte. Dem Hund gebot sie, bei ihm zu bleiben und ihn zu bewachen. Dann zog sie ihr Messer heraus und machte sich daran, die Königskerzen abzuschneiden, dabei immer wieder nach dem kleinen Kind zurückblickend. Lavrans hielt sich an ihrer Seite, und auch er schnitt Blumen ab.
    Um ihre beiden Kleinen war sie hier oben stets ängstlich besorgt. Sonst fürchtete sie die Unterirdischen nicht mehr so sehr. Die meisten Almen waren schon verlassen, Kristin aber gedachte bis über die letzte Marienmesse hier oben zu bleiben. Zwar war es jetzt schon schwarz in den Nächten und häßlich, wenn der Wind ging - unheimlich, wenn man noch spätabends hinaus mußte. Aber bisher war so wunderbares Wetter gewesen - und unten im Tal war es dieses Jahr trocken und die Weide schlecht. Da mußten die Knechte bis in den Spätherbst und Winter hinein hier oben bleiben - und ihr Vater hatte gesagt, er habe nie bemerkt, daß es auf ihrer Alm im Winter spuke...
    Kristin machte unter einer einsamen Fichte mitten im Hang halt, stand da und hielt die Hände um die schwere Last von Blumenstengeln, die auf ihren Armen ruhte, verschränkt. Von hier aus sah man talaufwärts, sah ein Stück der Dovregemeinde. Die Getreidegarben standen an vielen Plätzen draußen auf den Feldern zusammengestapelt. Auch dort waren die Wiesen gelb und von der Sonne versengt. Aber so richtig grün war es hier im Tal niemals, dünkte es sie jetzt - nicht so grün wie in Nidaros . . .
    Ja - sie sehnte sich zurück zu dem Heim, das sie dort gehabt hatten, zu dem Hof, der so hoch und fürstlich auf der breiten
    Brust des Berges lag, sehnte sich nach den Äckern und Wiesen, die sich in weitem Umkreis ausdehnten

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