Küss mich, Cowgirl!
man vielleicht begreifen, dass eine Woche nicht ausreichte, um sich in jemanden zu verlieben. Aber wenn es einem passierte, musste man irgendwann aufhören, die Wahrheit zu leugnen.
Dass sie sich ihren Gefühlen stellte, linderte leider nicht ihr Unglück. Denn den ersten Schritt konnte sie nicht noch einmal machen, da erste Schritte bei Simon immer gleich körperlich endeten …
Ihr blieb nichts anderes übrig, als tiefer und tiefer in Schwermut zu versinken.
In der letzten Augustwoche, die auch die letzte der nur für Frauen vorbehaltenen Urlaubswochen auf der Bar-K-Ranch war, hatten alle, die auf der Ranch arbeiteten, Tonis Traurigkeit bemerkt. Die meisten hatten auch irgendeinen Kommentar dazu abgegeben.
Inzwischen hatte Toni es so satt, dass ihr manchmal der Geduldsfaden riss und sie auf die unbeholfenen, wenn auch wohlmeinenden Nachfragen barsch reagierte. Einmal bekam sogar Dobe ihren Frust zu spüren.
“Du siehst aus, als sei dein Hund gerade gestorben”, meinte er. “Wenn du nicht bald was gegen dein langes Gesicht unternimmst, wird man annehmen, dass du keine Stadtmenschen leiden kannst.”
Daraufhin explodierte sie. “Wenn ich einen Rat von dir oder sonst jemandem brauche, Dobe Whittiker, dann frage ich danach! Wenn ihr euch also alle um eure eigenen Angelegenheiten kümmern könntet …” Abrupt hielt sie inne und hob erschrocken über sich selbst eine Hand an den Mund. “Oh, entschuldige! Ich weiß doch, dass du es nur gut gemeint hast.”
“Schrei mich ruhig an, wenn es dir hilft.”
“Es tut mir wirklich leid. Ich werde mich bessern.”
“Lass nur den Kopf nicht hängen. Es wäre schön, wenn wir die alte Toni zurückbekämen.”
Sie wollte auch verzweifelt wieder die alte Toni sein, denn sie hatte genug davon, trübsinnig durch die Gegend zu laufen. In dieser Nacht dachte sie so lange und intensiv darüber nach, bis sie zu einem Entschluss kam: Sie würde Simon Barnett vergessen, und ihr Leben weiterführen wie vorher. Falls sie nicht vor Sehnsucht starb …
10. KAPITEL
Dezember
Als der Dezember begann, war Toni nur noch ein Schatten ihrer selbst. Verschwunden war die freundliche und muntere Person, die sie einmal gewesen war. Alle machten sich Sorgen um sie, obwohl sie die schlimmsten Tage des Unglücklichseins im August hinter sich gelassen zu haben schien.
“Nur heißt das noch lange nicht, dass sie glücklich ist”, meinte Dani zu Granny. “Es bedeutet nur, dass sie es besser verbergen kann.” Sie drückte die hungrige, drei Monate alte Elsie fester an ihre Brust und seufzte. “Es gefällt mir überhaupt nicht, sie so zu sehen.”
“Allen anderen auf der Ranch gefällt es ebenso wenig”, stimmte Granny zu. “Es liegt natürlich an diesem Mann. Sie bestreitet es, aber es ist offensichtlich.”
Dani verzog das Gesicht. “Du hast recht. Ich habe versucht, mit ihr darüber zu reden. Doch sie beharrte darauf, dass sie nichts über diesen ‘Stadtmenschen’ zu sagen hätte. Ich weiß nicht, wie lange das noch so weitergehen soll. Sie ist so trübsinnig, dass ich schon traurig werde, sobald ich nur in ihrer Nähe bin.”
“Vielleicht muss sie mal verreisen”, schlug Granny vor. “Einfach um eine Weile wegzukommen.”
“Was sie braucht, ist Simon Barnett. Nur wird sie das nicht zugeben, weil er angeblich nicht der Mann ihrer Träume ist.” Dani presste die Lippen zusammen. “Es muss doch etwas geben, was wir dagegen tun können.”
“Wogegen wollt ihr etwas tun?”, fragte Toni, die in die Küche kam und genießerisch das Aroma des frisch aus dem Backofen kommenden Apfelkuchens einatmete.
“Ach nichts.” Dani und Granny tauschten verschwörerische Blicke. Dani stand auf. “Möchtest du Elsie mal halten?”
“Nein, eigentlich nicht. Ich bin nur hereingekommen, um Bescheid zu sagen, dass ich zum Lesen nach oben in mein Zimmer gehe. Bei diesem Regenwetter hat alles andere ja doch keinen Sinn.”
Toni ging, und Granny und Dani sahen sich ratlos an. Wenn noch nicht einmal das Baby Toni aus ihrem Trübsinn reißen konnte, wer oder was sollte es dann schaffen?
Zwei Wochen später
“Du fährst, und damit basta.” Niki versperrte Toni den Weg die Treppe hinauf zu ihrem Zimmer.
“Ach Niki.” Toni seufzte. Sie war nicht in der Stimmung für eine Party, selbst wenn es eine so lustige wie das jährliche Weihnachtsfest der Gemeinde im Hard Knox Community Center war. Vielleicht würde sie nie wieder in Partylaune sein, dank eines gewissen Stadtmenschen, der ihr
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