Küss mich hier und küss mich jetzt (Julia) (German Edition)
zu werden. Verurteilt. Es war die Furcht, dass Menschen ihre Verkleidung durchschauten und das kleine Mädchen dahinter erkannten.
„Jasper“, stieß sie krächzend hervor. „Bitte … warte.“
„Was ist denn los, Sophie?“
Besorgnis lag auf seinem freundlichen Gesicht. Genau das war das Problem. Jasper war ihr bester Freund, sie würde alles für ihn tun. Selbstverständlich hatte sie ihm ihre Hilfe angeboten – ohne die Konsequenzen zu überdenken. Alnburgh Castle mit seiner Geschichte, seinen Millionen Symbolen von Reichtum und Macht und Stabilität gehörte genau zu den Dingen, die ihr die größte Angst einflößten.
„Ich kann nicht zu deinen Eltern gehen. Nicht so angezogen, meine ich. Ich … ich bin direkt von dem Casting für diesen Vampirfilm gekommen und wollte mich eigentlich im Zug umziehen, aber …“
Sie öffnete den Mantel, und Jasper stieß einen leisen Pfiff aus.
„Mach dir keine Sorgen“, beruhigte er sie. „Gib mir den Mantel, du kannst das hier haben.“ Rasch zog er den schwarzen Kaschmirpullover über den Kopf und reichte ihn ihr, dann warf er den Mantel über die Hörner eines ausgestopften Hirschkopfes. „Sie werden dich lieben, ganz egal, was du anhast. Vor allem Pa … du bist das perfekte Geburtstagsgeschenk. Komm jetzt, sie warten im Salon auf uns. Zumindest ist es dort warm.“
Mit Kits bohrendem Blick hinter sich, blieb Sophie keine andere Wahl, als sich von Jasper durch die hohe Flügeltür am anderen Ende der Halle führen zu lassen.
Vampirfilm, dachte Kit verächtlich. Seit wann kamen in der Legende über die Untoten Frauen vor, die sich wie Hostessen in privaten Männerclubs kleideten? Er fragte sich, ob es wohl einer jener Filme war, wie ihn seine Kameraden aus ihren Fronturlauben mitbrachten, um ihn in ruhigen Minuten mit einer Menge Bier anzuschauen.
Den Gedanken empfand er als seltsam verstörend.
Müdigkeit zerrte wie tote Gewichte an ihm. Er konnte es nicht über sich bringen, jetzt schon seinen Vater und seine Stiefmutter zu begrüßen. Kit durchquerte die Halle, wobei er an dem Platz vorbeikam, an dem einst das Porträt seiner Mutter gehangen hatte, bevor es von Ralph mit einem zwei Meter hohen Ölgemälde von Tatiana ersetzt worden war. Darauf trug sie ein wallendes Satinkleid in Königsblau und die Diamanten von Cartier, die er ihr zur Hochzeit geschenkt hatte.
Jasper hat recht, überlegte er. Wenn es jemanden gibt, der Sophie Greenham zu schätzen weiß, dann Ralph. Der Enthusiasmus seines Vaters für auffällige Frauen war legendär.
Von Jasper konnte man das allerdings nicht behaupten. Und genau das bereitete ihm Sorgen. Selbst wenn er Sophies Gespräch am Telefon nicht mitbekommen hätte, selbst wenn er die prickelnde Erotik, die von ihr ausging, nicht persönlich gespürt hätte, er brauchte nur zwei und zwei zusammenzuzählen, um zu wissen, dass diese Frau seinem kleinen Bruder das Herz brechen und zum Frühstück verspeisen würde.
Der Raum, in den Jasper sie führte, war so groß wie die Halle aus der sie kamen, jedoch mit Möbel vollgestellt. Auf jedem Tisch stand eine kleine Lampe, die warmes Licht verströmte, ein überdimensionierter Leuchter baumelte über zwei riesigen Sofas. Und im Kamin flackerte ein wärmendes Feuer.
Ralph Fitzroy rührte sich als Erster. Es überraschte Sophie, wie alt er aussah. Er nahm ihre Hand, wobei seine Augen fast hinter unzähligen Lachfältchen verschwanden. Dann ließ er seinen Blick über ihren Körper nach unten wandern. Und wieder zurück nach oben, kam allerdings nur bis zu ihrer Brust.
„Sophie. Wie wunderbar, Sie kennenzulernen“, sagte er mit der merkwürdigen Betonung der Oberschicht. Sie hatte immer geglaubt, diese Sprechweise sei nach dem Krieg ausgestorben.
„Gleichfalls, Sir.“ Sir? Wie kam sie denn darauf? Als Nächstes machte sie noch einen Knicks! Sie sollte Jaspers Freundin spielen, kein Dienstmädchen. Ralph schien jedoch keine Einwände gegen ihr Verhalten zu haben, sondern hielt ihre Hand weiterhin fest und musterte Sophie mit auffallendem Interesse.
Gerettet wurde sie schließlich von der ebenfalls anwesenden Frau, die sich nun von einem der Sofas erhob. Sie trug ein gelb-weißes Angorakleid, das sowohl ihre blonden Haare und die pfirsichfarbene Haut, sowie ihre beneidenswerte Figur betonte. Eine dreireihige Perlenkette schmiegte sich um ihren Hals. Sie legte die Hände auf Sophies Schultern und küsste die Luft neben ihren Wangen.
„Sophie, wie schön, dass Sie den
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