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Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis

Titel: Tunnel - 01 - Das Licht der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Roderick & Williams Gordon
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    KRACK! Die Spitzhacke traf auf den Erdwall, schlug Funken an einem Feuersteinsplitter, bohrte sich tief in die Lehmschicht und blieb mit dumpfem Dröhnen stecken.
    »Das könnte es sein, Will!«
    Dr. Burrows schob sich in dem engen Schacht langsam vorwärts. Schwitzend und schnaufend schaufelte er den Abraum beiseite; sein keuchender Atem hinterließ Wolken in der feuchten Luft. Im Lichtstrahl ihrer Helmlampen legten sie mit jeder fieberhaft beiseitegeschobenen Handvoll Erde Stück für Stück die alten Holzplanken frei, bis der verwitterte Teeranstrich der zersplitterten Holzoberfläche zum Vorschein kam.
    »Gib mir mal die Brechstange.«
    Will wühlte in seinem Rucksack, fand die kurze blaue Brechstange und reichte sie seinem Vater, dessen Blick auf die Holzfläche vor ihm fixiert war. Kraftvoll stemmte Dr. Burrows das abgeflachte Ende des Werkzeugs zwischen zwei Holzbohlen und drückte mit seinem ganzen Gewicht auf die Stange. Dann bog er das Werkzeug vor und zurück, um sich einen Zugang freizuhebeln. Die Holzplanken knarrten und quietschten in ihren verrosteten Halterungen, bis das Holz sich schließlich nach außen wölbte und mit einem lauten Krachen zerbrach. Will wich etwas zurück, als eine klamme Brise durch den düsteren Spalt drang, den Dr. Burrows geschaffen hatte.
    Sie zerrten zwei weitere Bohlen aus ihrer Halterung, wodurch eine schulterbreite Öffnung entstand, und hielten dann einen Moment schweigend inne. Vater und Sohn tauschten einen Blick aus und grinsten verschwörerisch. Im Schein der Helmlampen wirkten ihre Gesichter wie mit einer Kriegsbemalung aus Dreck und Erde beschmiert.
    Dann wandten sie sich erneut dem Loch zu und schauten fasziniert den Staubteilchen zu, die wie winzige Diamanten im Lichtschein tanzten und vor der nachtschwarzen Öffnung unbekannte Sternbilder formten.
    Vorsichtig schob Dr. Burrows den Kopf durch die Öffnung, während Will sich neben ihn quetschte, um ihm über die Schulter zu schauen. Als der Lichtstrahl ihrer Helmlampen durch die Dunkelheit des Abgrunds schnitt, kam eine geschwungene Ziegelwand in Sicht. Die Lichter ihrer Lampen drangen tiefer in die Schwärze ein und schweiften über alte Plakate, deren Ränder sich vom Mauerwerk gelöst hatten und nun langsam hin und her wehten wie Seetangwedel in einer mächtigen Meeresströmung. Will hob den Kopf ein wenig und beleuchtete den Bereich oberhalb der Plakate, bis er den Rand eines Emaillesschilds entdeckte. Dr. Burrows folgte dem Blick seines Sohns, wobei sich die Lichtkegel ihrer Lampen vereinten und der Name auf dem Schild deutlich sichtbar wurde.
    »Highfield & Crossly North! Das ist es, Will, das ist es! Wir haben es gefunden!« Dr. Burrows’ aufgeregte Stimme hallte von den feuchten Wänden der stillgelegten U-Bahn-Station zurück. Plötzlich spürten sie einen leichten Windhauch, als ob irgendetwas über den Bahnsteig und hinab auf die Gleise strich, aufgeschreckt von dieser rüden Störung nach so vielen Jahren der Ruhe in seiner verschlossenen und vergessenen Katakombe.
    Will trat kräftig gegen die Kanthölzer am unteren Rand der Öffnung, sodass Splitter und ganze Stücke von modrigem Holz in alle Richtungen flogen. Plötzlich gab der Boden unter seinen Füßen nach und eine Woge von Geröll ergoss sich in die U-Bahn-Station. Er schnappte sich seinen Spaten und krabbelte durch die Öffnung, dicht gefolgt von seinem Vater. Gemeinsam gingen sie ein paar Schritte über den festen Boden des Bahnsteigs, das Knirschen ihrer schweren Schuhe hallte und ihre Helmlampen schnitten breite Lichtschneisen in die Dunkelheit.
    Spinnweben hingen in Strängen von der Decke, und Dr. Burrows pustete kräftig, damit sich keines der Netze über sein Gesicht legen konnte. Als er sich umsah, traf sein Lichtstrahl auf seinen Sohn – er bot einen seltsamen Anblick, mit den weißen Haaren, die wie gebleichte Strohhalme unter seinem zerbeulten Grubenhelm hervorschauten, und den hellblauen Augen, die begeistert aufblitzten, während er die Umgebung in sich aufnahm. Die ursprüngliche Farbe von Wills Kleidung ließ sich nur schwer definieren, da sie anscheinend die gleiche rotbraune Schattierung und Struktur der Lehmschicht angenommen hatte, durch die er sich hindurchgegraben hatte. Er war von Kopf bis Fuß mit einer feinen Erdschicht überzogen und sah aus wie eine Tonskulptur, die man auf wundersame Weise zum Leben erweckt hatte.
    Sein Vater war ein drahtiger Mann mittlerer Statur – man hätte ihn weder als groß noch

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