Küss mich, wenn Du kannst
Schreibtisch. »Fassen Sie sich kurz.«
Machte er Witze? Wo er doch von seinem Rüpelstil geradezu lebte... Sie stellte sich vor, er hätte auf dem College bedauernswerte Computerfreaks aus dem Schlafzimmerfenster baumeln lassen und einer schluchzenden, womöglich schwangeren Freundin ins Gesicht gelacht. Um Selbstbewusstsein zu demonstrieren, richtete sie sich kerzengerade in ihrem Sessel auf. »Ich bin Annabelle Granger von...«
»Ah, die Kupplerin.« Unentwegt trommelten seine Finger auf das Holz.
»Ich würde mich als Ehevermittlerin bezeichnen.«
»Tatsächlich?« Die Dollar-Augen schienen sie zu durchbohren. »Wie Molly mir erzählt hat, wird Ihre Firma ›Myrna die Kupplerin‹ genannt - oder so ähnlich.«
Zu spät fiel ihr ein, dass sie diesen besonderen Punkt bei ihren Gesprächen mit Molly übersehen hatte. »In den siebziger Jahren gründete meine Großmutter die Agentur ›Marriages by Myrna‹. Sie starb vor drei Monaten. Seither modernisiere ich die Firma, und ich gab ihr einen neuen Namen, um unsere Philosophie zu betonen. Wir bemühen uns um einen individuellen Service für anspruchsvolle Personen in gehobener Stellung.« Verzeih mir, Nana, das musste sein.
»Wie groß ist Ihr Laden?«
Ein Telefon, ein Computer, Nanas staubiger Aktenschrank und ich selbst... »Gerade so groß, dass ich alles unter Kontrolle habe. Ich finde, um flexibel zu bleiben, sollte eine Agentur überschaubar sein.« Hastig fuhr sie fort: »Die Firma gehörte meiner Großmutter, ich bin qualifiziert genug, um sie zu leiten.« Zu diesen Qualifikationen zählten ein Bakkalaureus in Theaterwissenschaft an der Northwestern University - ein Titel, den sie offiziell nie benutzte - ein kurzfristiger Job bei einer Dotcom-Firma, die Pleite ging, eine Partnerschaft in einem erfolglosen Geschenkartikelladen und zuletzt ein Arbeitsplatz in einer Stellenvermittlung, die der prekären Wirtschaftslage zum Opfer gefallen war.
Lässig lehnte er sich in seinem Drehsessel zurück. »Da ich uns beiden Zeit ersparen will, mach ich‘s kurz - ich habe bereits einen Vertrag mit Portia Powers.«
Darauf war Annabelle vorbereitet. Portia Powers betrieb Power Matches, das exklusivste Heiratsvermittlungsinstitut von Chicago. Ihren legendären Ruf hatte sie mit einem fabelhaften Service für hohe Tiere erworben, die zu beschäftigt waren, um die gewünschten Traumfrauen zu finden, und reich genug, um exorbitante Honorare zu bezahlen. Nicht zuletzt lebte sie von ihren ausgezeichneten gesellschaftlichen Kontakten. Sie war aggressiv, angeblich skrupellos, was allerdings nur von ihrer Konkurrenz behauptet wurde und vielleicht auch auf professionellem Neid basierte.
Da Annabelle sie nicht kannte, hielt sie sich mit einem Urteil zurück. »Über diesen Vertrag bin ich informiert. Doch das bedeutet keineswegs, Sie könnten mich nicht ebenfalls engagieren.«
Heath Champion betrachtete die blinkenden Lämpchen an seiner Telefonkonsole. Zwischen seinen Brauen entstand eine steile Falte, die seine wachsende Irritation bezeugte. »Warum sollte ich mir die Mühe machen?«
»Weil ich wirklich hart für Sie arbeiten würde. Und weil ich Ihnen intelligente, tüchtige Frauen vorstellen möchte, die Sie nicht langweilen werden, sobald der Reiz des Neuen verflogen ist.«
Erstaunt starrte er sie an. »So gut kennen Sie mich?«
»Mr. Champion...« Das konnte unmöglich sein richtiger Name sein, oder? »Offenbar sind Sie es gewöhnt, mit schönen Frauen auszugehen, und dabei ergab sich sicher sehr oft eine Gelegenheit zur Eheschließung. Trotzdem sind Sie immer noch unverheiratet. Aus dieser Tatsache schließe ich, dass Sie ein facettenreicheres Glück als nur eine oberflächliche Schönheit suchen.«
»Glauben Sie, dazu wird mir Portia Powers nicht verhelfen ?«
Annabelle wollte nicht über die Konkurrenz lästern, wenn sie auch voraussah, dass Portia Powers ihm ausschließlich Models und Schickeria-Mädchen präsentieren würde, »ich weiß nur, was Perfekt for You zu bieten hat, und das wird Ihnen ganz sicher gefallen.«
»Nicht einmal für Besprechungen mit Power Matches finde ich Zeit. Warum sollte ich mir noch eine Agentur aufhalsen.« Der Python hievte sich aus seinem Sessel hoch. Da er sehr groß war, dauerte es eine Weile.
Seine breiten Schultern hatte sie schon bemerkt. Jetzt sah sie den ganzen Rest seines athletischen Körpers. Falls man Männer, die in Testosteron schwammen, und gefährlichen Sex mochte, wäre er die Nummer eins im gespeicherten
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