Tod in Tanger (Thriller) (German Edition)
Die deutsche Studentin Elsa reist nach der für sie schmerzlichen elterlichen Scheidung nach Tanger, um Abstand zu gewinnen. Dort lernt sie den 38jährigen Robert kennen, einen attraktiven, indes einigermaßen
undurchsichtigen Mann scheinbar dänischer Herkunft, in den sie sich verliebt und in dessen Villa sie bald darauf einzieht. Zunächst glaubt sie ihm bedingungslos und vertraut ihm etliches aus ihrer bedrückenden Vergangenheit an, doch als sie bemerkt, daß Robert Schminkutensilien benutzt und über mehrere Pässe verfügt, beginnt sie, sich über den Charakter von Roberts sogenannte Geschäften Gedanken zu machen. Wenig später begibt sich Robert auf eine seiner sogenannten Geschäftsreisen nach Spanien und Frankreich, und Elsa bleibt zusammen mit dem arabischen Hausdiener in der Villa zurück.
Es stellt sich heraus, daß Robert als professioneller Auftragsmörder tätig ist - eine unangenehme Entdeckung, die auch Elsa nicht erspart bleibt. Robert kann sie nun nicht mehr am Leben lassen…
1.
Das erste Mal traf Elsa mit Robert Jensen im Postamt von Tanger zusammen.
Alles in allem war es nur eine sehr kurze Begegnung. Robert hatte sie fast umgerannnt und schien sehr in Eile zu sein.
„Pardon!“ zischte es zwischen seinen dünnen Lippen hindurch.
„Macht nichts!“ erwiderte Elsa. Sie sagte das instinktiv und ohne viel nachzudenken auf deutsch, obwohl sie ja eigentlich nicht so ohne weiteres davon ausgehen konnte, daß ihr Gegenüber sie auch verstand.
Dann wechselten sie einen kurzen Blick miteinander. Elsa sah in hellblaue Augen.
Der Mann war blond, und sein Haar lichtete sich an manchen Stellen bereits. Dennoch, sein Alter war schwer zu schätzen. Zwischen 25 und 40 schien alles möglich.
Aber da waren diese Augen, die einfach zu einem älteren Mann besser zu passen schienen.
Bei dem Zusammenprall war ihm der Paß heruntergefallen. Er bückte sich, um das Dokument wieder an sich zu nehmen; aber es gelang Elsa noch, einen Blick darauf zu werfen. Es war ein dänischer Paß, soviel konnte sie sehen.
Er nahm das Dokument und steckte es sofort in die Innentasche seines hellbraunen Sommerjacketts. Dann ging er an Elsa vorbei. Sie sah ihm nach, aber er drehte sich nicht zu ihr um, sondern wandte sich geradewegs zu einem der Schalter.
Dort hörte sie ihn in - soweit sie das beurteilen konnte - ziemlich fließendem Französisch reden. Sie verstand kaum etwas davon. Nur einzelne Wörter, die keinen Sinn ergaben. Das nächste Mal, daß sie ihm begegnete, war am darauffolgenden Abend.
Der Muezzin hatte sein Abendgebet bereits per Lautsprecher über die Stadt gerufen und es war dunkel. Vom Meer her stiegen Nebel auf. Es wurde feucht und auch ziemlich kalt.
Sie zog sich ihre dünne Jacke enger um die Schultern und schlug den Kragen etwas hoch, aber diese feuchte Kühle ging durch alles hindurch. Es schien kein Mittel dagegen zu geben.
Sie wußte, daß es kaum wärmer sein würde, wenn sie sich in ihrem Hotel in die Decke rollte. Die Heizung war außer Betrieb. Da stand noch ein Elektro-Heizkörper - aber das schwache Stromnetz im Haus hatte schon Mühe, einen Haarföhn zu verkraften.
Elsa ließ sich in dem abendlichen Tanger treiben und sah den Menschen zu, die durch die Straßen drängten.
Wenn man mit dem Schiff hier herkam, dann sah die Stadt von weitem fast wie ein Ameisenhaufen aus. Ein Ameisenhaufen, der an einem Hang klebte.
Und sie war jetzt mitten drin. Inzwischen wußte sie, daß sie die aggressiven Straßenhändler und angeblichen Fremdenführer nicht beachten durfte.
„Voulez-vous visiter ma shop?“
Sie schüttelte sie ab, wie lästige Fliegen. Sie wollte nichts kaufen. Weder eine Lederjacke, noch einen Tepich oder eine 'original-marokkanische Handarbeit'.
Vielleicht sogar made in Taiwan! dachte sie.
Aber wie dem auch immer war, sie hatte kein Geld für so etwas. Sie schlenderte an der Strandpromenande entlang. Eine Weile blieb ihr Blick an einem Mann hängen, der einen Eselskarren lenkte.
Das Meer war ruhig. Nebelschwaden hingen tief über der schier endlosen Wasserfläche.
Eine Filmkulisse! dachte sie plötzlich. Es ist wie in einem Film.
Kurz entschlossen ging sie noch etwas an den Strand. Sie zog sich die Schuhe aus und ließ das kalte Salzwasser um ihre Füße herumspielen. Sie lief ein Stück über den nassen Sand und träumte vor sich hin. Das Meer rauschte. Die Straße etwas weiter oberhalb rauschte auch, aber hier unten am Strand war das Meer
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