Probezeit
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Probezeit
Steffen steuerte den Mercedes durch den Münchner Stadtverkehr und fluchte unentwegt vor sich hin. Jede rote Ampel und jeder Kriecher zerrten an seinen Nerven. Die Uhr an seinem Armaturenbrett zeigte 17 : 41 . Er wollte auf keinen Fall zu spät kommen! Wenigstens spielte das Wetter mit, denn das angekündigte Gewitter war ausgeblieben, und keine Wolke bedeckte den Himmel.
Du wirst meine Sklavin sein, hatte er gesagt. Verflucht, wie war er nur auf die Idee gekommen? Dabei war er im Dienst gewesen! Er musste sich bei ihr entschuldigen, ihr erklären, warum er sie hatte ausziehen lassen: um zu sehen, ob sie verwanzt war. Deshalb hatte er auch in ihren Slip gefasst.
Verdammt, sie würde ausrasten! Und ihm diese Story gewiss nicht glauben, obwohl sie nur zur Hälfte eine Ausrede war. Eva hatte ihn so verdammt heißgemacht!
Er hatte nicht lange gebraucht, um herauszufinden, dass sie Reporterin bei einem renommierten Boulevardmagazin war. Eva Hellmann würde sich gewiss mit einem entsprechenden Artikel bei ihm rächen:
Polizist verführt Frau, um Geständnis zu erzwingen …
Gut, dass sie sich in der Stadt trafen. Er musste sie von der Villa fernhalten!
Er parkte seinen Wagen in der Nähe des Hauptbahnhofes und eilte in Richtung Stachus, wie der Karlsplatz auch genannt wurde. Dort begann die Fußgängerzone im Herzen Münchens. Sie reichte vom Stachus bis zum Marienplatz und war die größte, teuerste und meistbesuchte Einkaufsstraße in Deutschland. Bis in die Nacht herrschte hier reger Betrieb.
Steffen überquerte die mehrspurige Straße. Als er das riesige Rondell und den Brunnen am Stachus erreichte, ließ er seinen Blick schweifen. Es war kurz vor sechs. Ob Eva schon hier war?
Er schlängelte sich durch die Menschenmassen, die zur U-Bahn hinabströmten, und erkämpfte sich einen Weg zur anderen Seite des flachen Brunnens, der den halben Platz einnahm. Über den Wasserfontänen erhaschte er einen Blick auf die hellen Zinnen des Karlstors und die seitlich angebauten Häuser, die in einem Halbbogen um den runden Platz führten.
Früher war Steffen oft mit Myriam durch die Einkaufspassagen gebummelt, hatte geduldig auf sie gewartet, während sie sich Ewigkeiten in der Buchhandlung aufgehalten hatte, oder sie waren schnell im McDonald’s einen Burger essen gewesen.
Diese Erinnerungen schmerzten ihn noch immer. Doch seit Eva vor wenigen Stunden aufgetaucht war, wirkte seine Umwelt plötzlich heller, lauter und bunter. Wie es schien, brachte diese Frau frischen Wind in sein Leben und lenkte ihn von seinen tristen Gedanken ab. Aber je näher Steffen dem Treffpunkt kam, desto mehr schlackerten seine Knie.
Was war er für ein Feigling! Er würde Eva nun reinen Wein einschenken und ihr erklären, warum er sich als
der
Meister ausgegeben hatte. Dazu würde er sie zum Abendessen einladen. Vielleicht im Augustiner, Schnitzelwirt oder Hofbräuhaus. Dort würde Eva ihm hoffentlich keine Szene machen. Und mit einer Riesenportion Glück verzieh sie ihm und würde sich vielleicht weiterhin mit ihm treffen.
Leider musste er um zehn Uhr wieder in der Villa sein und seinen Kollegen Daniel bei der Observation ablösen. Steffen hatte es ihm versprochen. Ansonsten hätte er bis morgen Mittag frei gehabt, aber Daniel war vor einer Woche zum ersten Mal Vater geworden, und er wollte seine Frau nachts beim Wickeln und Fläschchenzubereiten unterstützen. Zu ihrem Pech hielt der Fall Steffen und seine Kollegen dermaßen in den Klauen, dass sie sich nicht beurlauben lassen konnten, da ihre Einheit notorisch unterbesetzt war. Sie hatten Forstenrieder zwar nachweisen können, dass er die Mädchen manipulierte und sie zwang, Falschgeld unter die Leute zu bringen, aber an die Drahtzieher der Organisation waren sie bis jetzt nicht herangekommen. So lange konnten sie den Kerl nicht festnehmen.
Steffen hatte sich frisch rasiert, seine besten Jeans und ein schwarzes, enganliegendes T-Shirt angezogen und sogar seine Lederschuhe poliert, um einen guten Eindruck zu machen. Evas sehnsüchtige Blicke in der Villa gingen ihm nicht aus dem Kopf. Und erst ihre Berührungen! Ihre Zunge auf seinen Lippen – Steffen war kurz davor gewesen, Eva wild zu küssen … und als sie seinen Schwanz berührt hatte, wäre er beinahe gekommen. Was für ein unanständiges Wildkätzchen!
Offensichtlich gefiel er dieser Frau. Er hatte gespürt, dass die Chemie zwischen ihnen stimmte. Das galt es auszunutzen. Es war zwar schon
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