Kuess mich
T-Shirt mit dem Smiley, um den Einheimischen zu verdeutlichen, dass sie freundlich gesinnt war und ein Insektenspray, um Biene Maja und Co. auf Abstand zu halten.
Die nötige Vorfreude vermissend, die normalerweise mit dem Beginn eines Urlaubs einherging, stopfte Sam ihre Sachen in den kleinen, roten Koffer. Zum Schutz vor unerwünschten Gesprächen und um in den nächsten Wochen etwas anderes zu hören zu bekommen als Vogelgezwitscher, steckte sie sich noch den MP3-Player in die Hosentasche und machte sich dann auf den Weg zu ihrer Hinrichtung.
>> Mach deinem Vater nicht mehr Schwierigkeiten als notwendig sind! << , rief ihre Mutter, während Sam die Trappe hinunter rannte.
>> Was soll ich denn schon für Schwierigkeiten machen? Ich könnte den Wald abfackeln… << , murmelte sie genervt.
>> Vielleicht wird es schöner als du erwartest! << , vernahm sie noch, eher die Hauseingangstür hinter ihr in die Angeln fiel.
Sams Vater wartete schon. Er lehnte breit grinsend an seinem Audi. Ohne Handy am Ohr, hätte Sam ihn fast nicht wiedererkannt. Normalerweise war er ein Arbeitstier, jemand der abseits von Wirtschaftsfragen und Börsenkursen ziemlich ahnungslos durchs Leben wankte. Er gab sich trotzdem, im Rahman seiner emotionalen Möglichkeiten, immer Mühe mit Sam, deshalb hatte sie sich auch auf diesen Trip eingelassen.
>> Na! Freust du dich auf den Urlaub? <<
Er hatte sich angehört, als hätte er gefragt, ob Sam sich über zehntausend Euro freuen würde.
>> Sicher Papa! Wie ignorant müsste man sein, um nicht zwei Wochen seines siebzehnten Lebensjahres in einem Holzhaus im Nirgendwo verbringen zu wollen? <<
Ihr Vater lachte.
>> Dort wo wir hinfahren, ist es wunderschön, du wirst schon sehen! In der Feriensaison ist dieses kleine Paradies immer ausgebucht. Wir haben Glück, dass wir noch ein Häuschen mieten konnten und es steht auch noch direkt am See! <<
>> Direkt am See! << , wiederholte Sam gespeilt euphorisch.
>> Im See wäre mir lieber… << , murrte sie und stieg ins Auto.
Sie fügte sich ihrem Schicksal, weil sie so viel blindem Enthusiasmus sowieso nichts entgegensetzte n hätte können.
Auf der Fahrt kam es Sam so vor, als entfernte sie sich immer weiter von allem was Spaß machte. Die Häuser der Stadt wichen endlosen Wäldern und Wiesen. Ab und an fuhren sie durch Dörfer, die von Mal zu Mal kleiner wurden. An solchen Orten starteten Splatterfilme, oder noch schlimmer, Heimatdokus.
Seufzend lehnte sie den Kopf an di e kühle Scheibe. Das alles konnte nur furchtbar werden. Sie war nicht der Typ Mädchen, der sich an Natur und Pferden erfreuen konnte. Wälder langweilten sie schon auf Desktophintergründen und große Tiere machte ihr nur als Wurst keine Angst. Prüde Dorfbewohner waren auch nicht unbedingt Sams Fall. Sie war ein Stadtkind, aufgewachsen zwischen Trubel und Anonymität, gewöhnt an Neonlichter und Reizüberflutung. Neue Freunde machte sie sich auch nicht gerne.
Auch wenn es viele versuchte n, ließ Sam nur wenige Leute nah an sich heran, eigentlich nur Pia und Bastian, mehr brauchte es gar nicht.
Meistens saß en sie bei Bastian zuhause und frönten ihrem Hobby. Filme und Serien waren ihre Leidenschaft, Pia vernarrte sich hobbymäßig aber auch gerne mal in Vollpfosten mit coolen Haaren. Sam mochte sie, aber ihr ständiges Schwärmen tat manchmal in den Ohren weh. Zum Glück waren Pias Liebesbeziehungen immer genauso halbherzig, wie Sams Versuche eine bessere Mathenote zu bekommen. Sie ließ sich schnell weitertreiben.
Sam war selten verliebt gewesen und wenn es sie einmal erwischt hatte, stellte sie bald unüberbrückbare Differenzen fest, die sich in diesem Leben nicht mehr aus der Welt schaffen ließen. Der einzige Junge mit dem sie viel Zeit verbrachte, war Bastian. Auf der Flucht vor all den aufdringlichen, naiven Mädchen, die ihm Herzchen an die Pinnwand posteten, landete er oft bei ihr. Sie pflegte eine seltsame, aber intensive Freundschaft.
Sam und Bastian hatten sich schon im Kindergarten gemeinsam über die Deppen die Sand aßen lustig gemacht. Sie teilten denselben Humor und den Hang zur Schadenfreude.
Dass sie sich schon mal geküsst hatte, war eine unglückliche Verkettung von Zufällen gewesen . Bastian war genau in dem Moment vor Sam aufgetaucht, als ihr der Bacardi eingeredet hatte, sie müsse mehr aus sich herauskommen. Damals hatte sie ihre ersten bösen Erfahrungen mit Alkohol machen müssen. Der Bacardi hatte sie auch glauben gemacht, sie
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