Küsschen, Küsschen!: Elf ungewöhnliche Geschichten (German Edition)
– mag es sich nun um Hals, Gesicht, Bein, Hand oder nur Finger handeln –, war mir von jeher so unangenehm, dass ich prinzipiell jede Dame mit fest auf dem Rücken verschränkten Händen begrüßte, um dem sonst unvermeidlichen Händeschütteln zu entgehen.
Wenn ich schon davon spreche, möchte ich sogar sagen, dass mich jede Art von physischem Kontakt mit dem anderen Geschlecht ungeheuer verwirrt, selbst wenn es sich nicht um nackte Haut handelt. Steht eine Frau dicht neben mir in einer Schlange, sodass sich unsere Körper berühren, oder quetscht sie sich im Bus neben mich auf den Sitz, Hüfte an Hüfte, Schenkel an Schenkel, dann brennen meine Wangen wie verrückt, und ich triefe förmlich von Schweiß.
Bei einem Schuljungen, der soeben das Alter der Pubertät erreicht hat, ist das alles durchaus in Ordnung. Hier zieht Mutter Natur einfach die Bremse an und hält den Burschen zurück, bis er alt genug ist, sich wie ein Gentleman zu benehmen. Das kann ich nur billigen.
Warum aber ich, ein Mann im reifen Alter von einunddreißig Jahren, noch immer unter einer solchen Verwirrung leide, das ist eine Frage, auf die ich keine Antwort finde. Schließlich hat man mich doch gelehrt, Versuchungen zu widerstehen, und ich habe gewiss keinen Hang zu vulgären Leidenschaften.
Wenn ich mich irgendwie meines Äußeren schämen müsste, so würde das vielleicht vieles erklären. Ich bin jedoch keineswegs hässlich. Im Gegenteil, ich muss zugeben, dass mich das Schicksal in dieser Hinsicht recht freundlich behandelt hat. Ich messe genau fünf und einen halben Fuß, und obwohl meine Schultern leicht abfallen, passen sie gut zu meiner schlanken, geschmeidigen Figur. (Finden Sie nicht auch, dass leicht abfallende Schultern einem Mann, der nicht übermäßig groß ist, ein feines, ästhetisches Aussehen verleihen?) Meine Gesichtszüge sind regelmäßig, die Zähne in bestem Zustand (die oberen stehen ein ganz klein wenig vor), und das Haar, das von einem ungewöhnlich leuchtenden Rotbraun ist, bedeckt üppig und dicht meinen Kopf. Du lieber Himmel, und dabei habe ich Männer, die gegen mich die reinsten Knirpse waren, im Umgang mit dem schönen Geschlecht erstaunliche Sicherheit entfalten sehen. Oh, wie ich sie beneidete! Wie ich mich danach sehnte, es ihnen gleichzutun! Immer habe ich mir gewünscht, dass ich fähig wäre, an einigen dieser amüsanten kleinen Finessen teilzuhaben, die ich fortwährend im Umgang zwischen Männern und Frauen beobachtete – Berührungen der Hände, ein Küsschen auf die Wange, verschlungene Arme, aneinandergepresste Knie oder Füße unter dem Tisch und vor allem jene rückhaltlose, heftige Umarmung zweier Menschen beim Tanz.
Für mich hat es das alles nie gegeben. Ach, ich musste mich sogar ständig bemühen, es zu vermeiden. Und das, liebe Freunde, ist leichter gesagt als getan, selbst für einen unbedeutenden Hilfsgeistlichen irgendwo auf dem Lande, weit entfernt von den Fleischtöpfen der Metropole.
Meine Gemeinde, müssen Sie wissen, enthielt eine erstaunlich große Anzahl von Damen. Es gab ihrer eine Unmenge im Kirchspiel, und das Schlimme war, dass die meisten – mindestens sechzig Prozent – alte Jungfern waren, mithin also gänzlich ungebändigt von dem wohltätigen Einfluss der heiligen Ehe. Behände wie ein Eichhörnchen musste ich sein, sage ich Ihnen.
Man sollte meinen, dass ich bei der sorgfältigen Erziehung, die meine Mutter mir angedeihen ließ, ohne weiteres mit solchen Dingen hätte fertig werden können, und zweifellos wäre das auch der Fall gewesen, wenn sie nur lange genug gelebt hätte, um meine Erziehung zu vollenden. Doch leider wurde sie mir entrissen, als ich noch sehr jung war.
Sie war eine wunderbare Frau, meine Mutter. An den Handgelenken pflegte sie breite Armbänder zu tragen, immer fünf oder sechs auf einmal, Armbänder, an denen alles Mögliche hing und die bei jeder Bewegung klirrten und klingelten. Wo sie auch sein mochte, man konnte sie immer finden, indem man diesem melodischen Geräusch nachging. Besser als Kuhglocken war das. Abends hockte sie in ihren schwarzen Hosen im Türkensitz auf dem Sofa und rauchte ungezählte Zigaretten aus einer langen schwarzen Spitze. Ich kauerte auf dem Boden und beobachtete sie.
«Willst du meinen Martini kosten, George?», fragte sie mich oft.
«Sei vorsichtig, Clare», mahnte dann mein Vater. «Wenn du dem Jungen dauernd Alkohol gibst, hört er auf zu wachsen.»
«Los», sagte sie. «Hab keine Angst. Trink
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