Kuesse niemals deinen Chef
denkst.“
„Nachdem mein Leben ein einziges Märchen war …“, warf Grace ironisch ein.
Lucas fluchte unterdrückt. „Hör zu, Grace, ich bin nicht gut im Betteln. Besonders, wenn ich etwas von jemandem haben will, der sich alles selbst erarbeiten musste. Darum habe ich auch lieber jeden entmutigt, der mir zu nahe kam, nicht in eine Situation wie diese zu geraten.“
Grace ging an ihm vorbei, bückte sich und zog ungeduldig ihren Koffer unter dem Bett hervor. „Wenn das alles war, was du mir mitteilen wolltest, dann danke ich dir für dein Vertrauen und deine Offenheit, aber jetzt muss ich packen!“, fertigte sie ihn ohne großes Federlesen ab. Dass ihr Herz schmerzhaft klopfte und ihr Magen sich wie eine wütende Faust zusammenballte, musste sie ihm ja nicht verraten.
„Ich … ich kann dir nicht versprechen, nicht genau die Niete zu sein, für die mich beziehungstechnisch gesehen jeder hält, inklusive mir selbst!“ Nicht, dass seine Stimme inzwischen leiser war, aber wenn man genau hinhörte, konnte man einen weichen, fast hoffnungsvollen Unterton erahnen.
Und Grace hörte sehr genau hin.
„Ist das wirklich so?“, fragte sie leise.
„Jeder behauptet es.“
„Niemand, dem du einen Blick hinter deine sorgfältig aufgebaute Fassade gestattest, würde das tun.“
Mit einer heftigen Geste riss Lucas ihr den Koffer aus der Hand und warf ihn achtlos aufs Bett. Dann umfasste er ihre Hände. „Gib mir ein Jahr, Grace“, drängte er, „und du bekommst alles von mir. Vielleicht ist es nicht viel, aber es soll allein dir gehören.“
„Bietest du mir etwa eine Art Probelauf an?“, fragte sie mit schwankender Stimme. „Ein Jahr, um alle Schliche zu lernen, mit denen du mich einwickeln kannst?“
Erleichtert, weil sie ihn nicht gleich abwies, küsste Lucas sie spontan auf die Nasenspitze. „Ich könnte dir vielleicht jetzt schon sagen, dass ich dich liebe … sozusagen als Vorschuss“, schlug er vor. „Und an meiner Aufrichtigkeit darfst du keinen Moment zweifeln. Aber was weiß jemand wie ich schon von Liebe? Ich weiß nur, dass ich dich gehen lassen müsste, doch ich kann es einfach nicht!“, endete er verzweifelt und wartete auf eine Reaktion, die aber ausblieb. „Sag doch was!“
Forschend schaute Grace ihm in das angespannte Gesicht. In den meergrünen Augen wetterleuchtete es, und auf der dunklen Wange zuckte ein Muskel. Mühsam versuchte sie, den Kloß in ihrem Hals herunterzuschlucken. „Unausgegorene Emotionen und halbherzige Versprechungen …“, murmelte sie. „Wovon kann ein Mädchen noch mehr träumen?“
Zischend stieß Lucas, der sich endlich auf der sicheren Seite wähnte, den angehaltenen Atem aus. Ohne sich dessen bewusst zu sein, drückte er ihre Finger so fest, dass Grace einen kleinen Schmerzenslaut ausstieß.
„Verzeih!“, bat er reuig und begann, ihre Arme zu streicheln, in einem immer schneller werdenden Rhythmus. „Mir ist gerade eine fantastische Idee gekommen. Mein Bruder Nathaniel heiratet nächsten Monat seine Katie. Willst du mich zur Hochzeit begleiten?“
Da konnte Grace nicht anders, sie lachte laut. „Habe ich dich richtig verstanden, dass du das Probejahr gerade auf einen Monat reduziert hast?“
„Keine Ahnung, ob das reicht“, erwiderte Lucas, aufs Neue beunruhigt. „Ich … ich möchte dir die ganze Welt zu Füßen legen, das musst du mir glauben! Ich weiß nur nicht, wie ich das fertigbringen soll.“
„Ich will gar nicht die ganze Welt“, beruhigte sie ihn. „Und wenn, dann könnte ich sie mir auch selbst erobern. Ich will nur dich, Lucas.“
Mit einer heftigen Bewegung zog er sie an seine Brust. „Mich hast du“, raunte er ihr heiser ins Ohr. „In jeder Weise und auf immer und ewig …“
„Dann wüsste ich nichts, was uns beiden noch fehlen könnte.“
„Ein Date …“, erwiderte Lucas nach einem langen leidenschaftlichen Kuss und stürzte Grace damit in Verwirrung.
„Ein Date?“
„Ja, heute Abend für die Gala. Und da du nicht länger für Hartington tätig bist, musst du dabei auch nicht eins dieser scheußlichen Outfits tragen“, erklärte er zufrieden. „Die kann ich nämlich nicht mehr sehen.“
Noch immer wusste Grace nicht genau, wie Lucas es geschafft hatte, aus dem Nirgendwo ein hinreißendes Abendkleid herbeizuzaubern, in dem sie sich wie eine Prinzessin fühlte.
Schwere, mitternachtsblaue Seide umschloss ihre Brüste wie die Hände eines Liebhabers, schmiegte sich eng an ihre schmale Taille und floss wie
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