Küstenfilz
verschleiert worden, dass wir ihn nicht
rekonstruieren konnten. Tatsache ist, dass Windgraf keinen Geldeingang, schon
gar nicht in dieser Größenordnung, erwartet hatte. Er hat sich daraufhin
umgehend mit seinem Minister in Verbindung gesetzt. Dieser hat den
Ministerpräsidenten und den Landtagspräsidenten eingeweiht. Außerdem wurde ich
mit der Untersuchung beauftragt.«
»Wo ist das Geld
jetzt?«
»Da wir den Absender
nicht kennen, ist das Geld treuhänderisch beim Landtagspräsidenten geparkt.«
»Merkwürdig«, warf
Lüder ein.
»Zu dem gleichen
Schluss sind wir auch gekommen. Es liegt die Vermutung nahe, dass jemand auf
diesem Weg Einfluss auf den Staatssekretär ausüben wollte. Wir können im
Augenblick davon ausgehen, dass der Versuch fehlgeschlagen ist, da sich Heiner
Windgraf loyal verhalten und den Vorfall sofort gemeldet hat.«
»Vor diesem
Hintergrund bekommt die Tatsache, dass er jetzt zurückgetreten ist, ein anderes
Gewicht«, sagte Lüder.
»Richtig«,
pflichtete ihm der Kriminaldirektor bei.
»Was hat Heiner
Windgraf als Begründung angegeben?«
»Seinem Minister hat
er nur persönliche Gründe genannt.«
»Vielleicht sollten
wir ihn befragen, welche Motive ihn geleitet haben. Zumindest scheint der Mann
nicht korrupt zu sein.«
»Sein Rücktritt hat
Erstaunen ausgelöst, weil er als Hoffnungsträger der jungen Generation galt.
Ihm wird eine offene und zugängliche Wesensart bescheinigt, und auch fachlich
war seine Arbeit untadelig. Mit dem Befragen ist es aber schwierig, weil
Windgraf seit Freitag verschwunden ist.«
»Was heißt das?«
»Er hat seine
persönlichen Gegenstände aus dem Büro geräumt und ist seitdem nicht mehr
erreichbar.«
»Liegt eine
Vermisstenanzeige vor?«
»Nein, natürlich
nicht. Die ganze Sache muss äußerst diskret abgewickelt werden. Es liegt nichts
gegen Windgraf vor. Und wenn die Medien davon hören, kann es der Arbeit der
Landesregierung nur abträglich sein. Die Politik hat es gerade hier in
Schleswig-Holstein verstanden, sachorientiert die Probleme des Landes
anzugehen. Da wären Skandale und Nebenkriegsschauplätze nur hinderlich und
würden die Kontinuität der Arbeit stören.«
»Was bedeutet das
für uns?«
»Sie sollten
versuchen, herauszubekommen, wo der Staatssekretär abgeblieben ist. Und wenn
wir etwas über seine Motive in Erfahrung bringen können, wäre das auch
hilfreich. Ich möchte damit nur ausschließen, dass der Mann erpresst wird.«
»Und wie soll ich
das mit den Ermittlungen in der Briefbombensache in Einklang bringen?«
»Ich will und kann
Ihnen keine Prioritäten vorgeben, bin mir aber sicher, dass beide Fälle bei
Ihnen in guten Händen sind«, schloss der Kriminaldirektor das Gespräch.
Lüder kehrte in sein
Büro zurück. Dort nahm er Kontakt zur Mordkommission in Flensburg auf. Es
dauerte eine Weile, bis er mit Frauke Dobermann verbunden wurde.
»Sie haben mich
mitten aus einer Teambesprechung herausgeholt«, erklärte sie unwirsch.
»Da kann ich ja froh
sein, dass wir noch keine Bildtelefone haben«, erwiderte Lüder. »Sonst würde
ich jetzt Ihrem erbosten Blick begegnen. Schade, denn das Gespräch mit einer
charmanten Frau bedeutet selbst bei unserer Arbeit immer einen erfreulichen
Lichtblick.«
Einen Moment
herrschte verblüfftes Schweigen in der Leitung. Als Frauke Dobermann
antwortete, klang ihre Stimme versöhnlicher.
»Wir haben die
ersten Antworten der Kollegen aus den anderen Bundesländern vorliegen. Bisher
zeichnet sich keine heiße Spur ab, die auf einen anderen potenziellen
Bombenbastler schließen lässt. Entweder haben wir es mit einem Newcomer zu tun,
oder unsere ersten Recherchen waren noch nicht tiefschürfend genug.« Dann
erkundigte sie sich nach Bärbel Rasmussens Gesundheitszustand.
Lüder gab ihr seinen
Wissensstand weiter.
»Wir haben
Erkundigungen über die anderen Mitglieder der Familie Rasmussen eingezogen. Das
sind unauffällige Leute, die nicht einmal im Verkehrsregister in Flensburg
registriert sind. Es ist schwer vorstellbar, dass der Anschlag einem von ihnen
gegolten haben könnte.«
»Holger Rasmussen
erscheint aber ebenso harmlos. Gegen den Mann liegt nichts vor. Er ist in
keiner Weise in Erscheinung getreten, abgesehen von seiner nur im Kreis
Schleswig-Flensburg bekannten politischen Arbeit. Und für die dürfte sich auch
nur ein kleiner Kreis Eingeweihter interessiert haben«, erklärte Lüder.
»Ich kann mir nicht
vorstellen, dass in der Tätigkeit eines Kreistagsabgeordneten
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