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Küstenfilz

Küstenfilz

Titel: Küstenfilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Straße mit den vielen bunten Geschäften wurde lebhaft
frequentiert. Einzelhandelsgeschäfte, Cafés und Bankfilialen lösten einander in
munterer Folge ab. An den Frontseiten der gemütlichen Häuser waren Leinen quer
über die Straße gespannt, an denen bunte Wimpel flatterten. Das Ganze hatte das
Flair der lebendigen dänischen Fußgängerzonen in den Kleinstädten jenseits der
Grenze.
    Sie orientierten
sich an den Hausnummern und stellten fest, dass sie sich nach rechts halten mussten.
    Zwischen einer
Buchhandlung mit bunten Auslagen vor dem Geschäft und einem Straßencafé
versperrte ein schmiedeeisernes Tor den Zugang zum dahinterliegenden
Garagenhof.
    »Das war zu
erwarten«, stellte Lüder fest, nachdem sie erkennen mussten, dass es die
gesuchte Adresse nicht gab. Es existierte kein Haus mit der Nummer »22 a«, die
als Absender angegeben war. Bei ihrer Rückfrage in der angrenzenden
Buchhandlung verwies sie eine junge Verkäuferin an eine Bewohnerin namens
Müller, die über dem Geschäft wohnen würde.
    Der schmucklose
Hauseingang befand sich links des Ladens und stellte einen düsteren Kontrast zu
den bunten Auslagen und den Drehständern mit Ansichtskarten, der Litfaßsäule
mit Veranstaltungshinweisen und der großen Uhr dar, die in der Fußgängerzone
stand. Es dauerte ewig, bis jemand auf ihr Klingeln den Summer der Haustür
betätigte. Sie erklommen das enge Treppenhaus und standen einer hochbetagten
Frau gegenüber, die sie ängstlich durch einen schmalen Spalt musterte. Die alte
Dame war schwerhörig und verstand die Frage der beiden Beamten nicht, ob sie
allein in der Wohnung leben würde. Sie weigerte sich zudem, auch nur einen der
drei Absperrriegel an ihrer Wohnungstür zu lösen. Lüder schrieb es dem Zufall
zu, dass in der Nähe der vermeintlichen Absenderadresse jemand mit dem
Familiennamen lebte, der Deutschlands häufigster ist.
    »Diese Spur weiter
zu verfolgen dürfte ein aussichtsloses Unterfangen sein«, stellte Lüder fest.
»Wir sollten jetzt das Gespräch mit Harry Senkbiel suchen.«
    Sie kehrten zum
Parkhaus zurück. Schade, dachte Lüder und warf einen Blick zum blauen Himmel,
an dem eine Handvoll Schäfchenwolken träge gen Osten zogen. Das Wetter lockte
in ein Straßencafé. Stattdessen wartete ein Besuch im Rendsburger
Kreiskrankenhaus auf sie.
    Es war nicht weit
bis zur Bundesstraße. Lüder war nicht auf die Autobahn abgebogen, da der Weg
von der Abfahrt Rendsburg sich ewig durch das benachbarte Büdelsdorf quälte, wo
zig Ampeln ein zügiges Fortkommen verhinderten. Stattdessen wählte er die alte
Bundesstraße, über die früher der gesamte Verkehr nach Skandinavien gerollt
war. Die gut ausgebaute Strecke war wenig genutzt und konnte unter Missachtung
der Geschwindigkeitsbegrenzungen zügig befahren werden.
    Das Krankenhaus lag
am Rande des Innenstadtkerns. Obwohl es ein Betonklotz war, erweckte es nicht
den tristen Eindruck, den Zweckbauten aus den siebziger Jahren oft
vermittelten. Der geschwungene, durch dichtes Grün führende Weg zum
Haupteingang war einfallsreich durch überdimensionierte Betonpilze überdacht.
    In der
Eingangshalle, in der ein Wasserspiel beruhigendes Plätschern verbreitete,
fanden sie den Informationsschalter. Eine freundliche Mitarbeiterin gab ihnen
Auskunft, in welchem Zimmer Senkbiel lag, und wies ihnen den Weg.
    Das Dreibettzimmer
in der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie strahlte den Charme
einer typischen Krankenhausunterkunft aus. Lüder musste nicht nachfragen, wer
von den Patienten Harry Senkbiel war. Der lag im mittleren Bett, hatte das
Kopfteil hochgestellt und blätterte lustlos in einer Frauenillustrierten, die
periodisch das neueste Skandalgerücht aus Europas Fürstenhäusern verbreitete.
    Senkbiel war
erstaunlich klein. Lüder schätzte ihn auf knapp über einen Meter sechzig. Er
blinzelte die beiden Beamten aus eng beieinanderstehenden Knopfaugen an. Das
schmale Gesicht mit dem blassen, fast durchsichtigen Teint unter dem dunklen
Haarschopf mit den tiefen Geheimratsecken hatte keinen erstaunten Ausdruck, als
Senkbiel Frauke Dobermann erkannte. Der Mann legte die Zeitschrift auf seine
Bettdecke.
    »Ach, die schon
wieder«, gab er als Begrüßung von sich.
    Die Hauptkommissarin
zeigte auf Lüder.
    »Ein Kollege«,
stellte sie ihn vor.
    »Ich habe euch doch
schon alles erzählt«, sagte der Mann und wollte wieder zu seiner Zeitschrift
greifen. Doch Lüder war schneller und drückte das Blatt auf die

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