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Kultur 08: Der Algebraist

Kultur 08: Der Algebraist

Titel: Kultur 08: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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hingegangen?
    Dann schaltete er auf normale Geschwindigkeit hoch.
    »Brauchst du noch lange?«, fragte Y’sul. Es klang
gereizt. »Meine Geduld mit diesem bilateralen Monomanen ist fast
erschöpft. Du bist seit zehn Tagen weg, Fassin. Was ist los?
Bist du eingeschlafen?«
    »Ich arbeite, so schnell ich kann. Für mich sind nur
zwanzig oder dreißig Sekunden vergangen.«
    »Du könntest einfach hier bleiben und mit normaler
Geschwindigkeit denken. Dann könnten wir uns alle zusammen durch
den Kopf gehen lassen, was dieses Gasgehirn zu sagen hat. Wozu
spielst du dich mit deinen Tripkünsten auf?«
    »Nach deiner Methode kommt man nicht so leicht ins
Gespräch. Ich will Respekt zeigen. Man holt mehr aus den Leuten
heraus, wenn man…«
    »Ja, ja, ja. Mach einfach weiter. Ich denke mir inzwischen
neue Spiele aus, um diesen Schwachkopf mit seiner
Persönlichkeitsspaltung zu beschäftigen. Rottere du nur
davon und kommuniziere mit diesem Weltraumgemüse. Die wirklich
schwere Arbeit bleibt wieder einmal an mir hängen. Jetzt tut es
mir schon Leid, dass ich überhaupt mitgekommen bin.
    Wenn ich in meiner Abwesenheit noch mehr gute Kämpfe
versäumt habe…« Seine Stimme verklang in der
Ferne.
    Fassin schaltete wieder auf extrem verlangsamte Zeit zurück.
Der Wölker hatte noch nicht geantwortet.
     
    Auf dem Rückweg von dem Wölker zur geheimen
Wurmlochmündung flogen sie keine wahnwitzigen Spiralen. Zur
Zerstreuung diente derselbe verschwommene, wenig zuverlässige
Bildschirm, und auch die Türen zur Fahrgastkabine waren wieder
versperrt, aber die wilde Rotation blieb aus. Fassin hatte Quercer
& Janath gestattet, die Systeme seines Gasschiffs abzuschalten
und es fernzusteuern. Diesmal verzichtete er darauf, das Schockgel
wegzuwischen oder die Frontscheibe transparent zu machen, und
versetzte sich stattdessen in Trance. Das fiel ihm nicht schwer, das
Verfahren hatte viel Ähnlichkeit mit der Umstellung auf
verlangsamte Zeit. Und auf diese Weise konnte er weder sehen noch
hören, wie sich Y’sul darüber beschwerte, dass man ihn
nur wegen einer harmlosen Reise durch den Weltraum schmählich
k.o. schlug.
    Diesmal steuerten sie Mavirouelo an – einen weiteren Ort, von
dem Fassin noch nie gehört hatte. Laut Hoestruem war das
Leisicrofes nächstes Ziel gewesen. Der Wölker hatte nicht
gewusst, was sich hinter dem Namen verbarg, ein System, ein Planet,
ein weiterer Wölker oder irgendetwas anderes. Quercer &
Janath waren kurz verstummt, als sie den Namen hörten, und
Fassins Sensoren hatten registriert, wie sie den primitiven
galaktischen Atlas des Schiffes konsultierten. Dann hatten sie
erklärt, den Ort zu kennen. Ein Planet im Achum-System. (Fassin
oder zumindest die Speicher das Gasschiffs wussten von diesem System.
Es war sogar durch ein eigenes Wurmloch angeschlossen, das von der
Merkatoria kontrolliert wurde, aber Fassin nahm nicht an, dass sie es
benutzen würden.) Die Gesamtreisedauer sollte ›ein paar
Tage‹ betragen.
    Als Fassin in die Bewusstlosigkeit versank, kreisten seine
Gedanken um die Schönheit des Wölkers. Das riesige Wesen,
eine Million endlos langer, hauchdünner Lichtschals, nur ein
Hauch von Materie und Schwerkraft, eigentlich fast nichts, aber
insgesamt doch mit einer Masse von vielen Sonnensystemen, ließ
sich durch das All treiben, aber nicht ohne Ziel, sondern auf einer
vor Urzeiten festgelegten Route, die sich über Jahrmillionen
erstreckte. Schubkraft und Steuerung erhielt es durch winzige
Strömungen kalter Plasmen, die Kräfte kaum wahrnehmbarer
Magnetfelder und das seufzerstarke Aus- und Einatmen interstellaren
Materials. Äußerlich kalt und tot und dennoch ein
lebendes, denkendes Wesen. Und im rechten Licht betrachtet auch
schön. Auf den entsprechenden Wellenlängen war es von einer
unendlichen Erhabenheit…
     
    Saluus stand auf einem Balkon aus Eis und Metall und betrachtete
die Aussicht. Der Atem gefror ihm vor dem Mund zu einer
Nebelwolke.
    Die Klausur der Justitiarität lag, teils ins Eis eingebettet,
teils daraus geformt, in dem gefrorenen Wasserfall Hosennir, einer
vierhundert Meter hohen, einen Kilometer breiten Eisklippe. Hier
stürzte sich der Fluss Doaroe von der semi-arktischen Hochebene
zu den Tundren und Ebenen hinab. Die Wintersonne stand tief am Himmel
und tauchte, ein großartiges Schauspiel, Sepektes Wolken in
sattes Rot und Violett, spendete aber viel zu wenig Wärme, um
das Eis schmelzen zu lassen.
    Sepekte taumelte langsam und nicht besonders stark auf seinem
Orbit

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