Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kultur 08: Der Algebraist

Kultur 08: Der Algebraist

Titel: Kultur 08: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
Vom Netzwerk:
jedenfalls war hier der sicherste Ort, um
Dinge zu besprechen, die andere nicht hören sollten.
    »Glaubst du, er wollte dir ein Geschäft vorschlagen?
Damit du ihn mitnimmst, falls du dich zur Flucht entschließen
solltest?«
    Saluus zögerte. Über eine Flucht hatte er noch nicht
einmal mit Liss offen gesprochen. Sie hatte natürlich erraten,
dass er die Jacht dazu verwenden könnte – und Thovin
offenbar auch. Das warf die Frage auf, für wen das sonst noch
auf der Hand lag (die Vorstellung trieb ihm den Schweiß auf die
Stirn!) – aber keiner von ihnen hatte etwas zu gewinnen, wenn er
solche Gedanken aussprach.
    Sal entschied sich dagegen, diese Wahrheit ans Tageslicht zu
zerren. »Nein«, sagte er. »Ich hatte eher den
Verdacht, Thovin könnte so etwas wie ein Spion sein.«
    »Tatsächlich?«
    »Sollte mich nicht wundern, wenn er dem Hierchon direkt oder
zumindest den obersten Geheimdienstchefs des Hohen Herrn berichtete.
Ich glaube, seine Raubeinigkeit ist nur gespielt, um die Leute
einzulullen. Gut möglich, dass der Dreckskerl Verräter
aufspüren soll.«
    Liss schmiegte sich an ihn und bewegte ihren schlanken Körper
langsam auf und ab. »Aber bei dir hat er nichts
gefunden?«
    »Wie könnte er denn?«, sagte Sal. »So offen
und ehrlich, wie ich nun einmal bin?«
    »Natürlich.«
    Manchmal, wenn ihr schon die Augen zufielen, während sie ihn
noch an sich drückte, klopfte sie mit den Fingern seltsame
Rhythmen auf seine Flanke oder seinen Rücken, eine Art
Geheimcode der Liebe. Wenn sie dann einschlief, hörte sie auf,
oder sie schreckte noch einmal hoch, rutschte von ihm weg, als
schämte sie sich, und rollte sich zusammen.
     
    Wieder diese Benommenheit. An Bord der Velpin. Immer noch.
Keine Vorstellung, wie lange sie diesmal gebraucht hatten. Quercer
& Janath hatten den dreien lediglich gesagt, die Reise würde
›ein paar Tage‹ dauern. Und als der Sceuri nicht hinsah,
hatten sie sich mit Signalgeflüster an Fassin und Y’sul
gewandt: Dieses ›Du musst uns vertrauen‹ gilt auch
für euch beide. Aber kein Wort, ja?
    Y’sul und Fassin hatten sich nur angesehen.
    Ein paar Tage. Von einem Portal zum anderen gelangte man
natürlich nahezu ohne Zeitverlust, aber der Weg zu und von den
Portalen auf beiden Seiten nahm Tage in Anspruch. Dazu kamen
möglicherweise einige Umwege, um eventuelle Beobachter oder
Verfolger zu verwirren, die versuchten, die geheimen Zugänge
ausfindig zu machen. Wer wusste das schon? Natürlich Quercer
& Janath, aber die verrieten nichts und waren auch nicht dazu zu
bewegen, Fassin oder wenigstens Y’sul während dieser
phantastischen und dabei mit solcher Selbstverständlichkeit
durchgeführten Sprünge kreuz und quer durch die Galaxis bei
Bewusstsein zu lassen.
    Beobachter und Verfolger. Wie konnte ein Schiff so viele Reisen
unternehmen, ohne dabei bemerkt zu werden? Teleskope für alle
Wellenlängen, Schwerkraftsensoren, Neutrinosucher: in praktisch
jedem hoch entwickelten System gab es Instrumente, die mit
vernichtend scharfem Blick in naher, mittlerer und großer
Entfernung das All nach Signalen absuchten; irgendetwas musste ihnen doch aufgefallen sein. Oder führten die Portale nur in
unentwickelte Systeme, wo man bessere Chancen hatte, unbemerkt zu
bleiben?
    Nein, es gab sie auch in Ulubis und Achum.
    Beobachter und Verfolger. Vielleicht Verfolger, die so klein
waren, dass sie noch weniger auffielen als das Schiff selbst? Irgendetwas müsste doch einmal hinter einem
Dweller-Schiff hergeflogen und unversehens in ein geheimes Wurmloch
gestürzt sein… Aber nichts wies darauf hin.
    So lässig, so gleichgültig, so la-la-la; war das
womöglich nur eine perfekte, immerwährende Schau? Waren
alle Dweller in Wirklichkeit geniale Schauspieler, brillant in der
Tarnung, Meister in allen Techniken, die erforderlich waren, um jede
einzelne Reise, jeden Transfer, jeden Sprung unter absoluter
Geheimhaltung durchzuführen? Beim Schicksal und der Vernunft,
sie hatten zehn Milliarden Jahre Zeit gehabt, um sich in jeder
Disziplin zu vervollkommnen. Was mochten sie in dieser Zeit an
Fähigkeiten entwickelt und zur Perfektion gebracht haben?
(Dennoch blieb das Chaos, blieben extreme Zufälle, blieb die
schlichte Wahrscheinlichkeit, dass nichts so perfekt war, dass nicht
irgendwann einmal ein Fehler passierte…)
    Er kam langsam zu sich. Rovruetz, Direaliete. Verdammte
Scheiße, noch mehr neue Namen, noch mehr Orte, die man sich
merken musste, noch ein verdammter Schritt auf dem Weg zum Ziel.

Weitere Kostenlose Bücher