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Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Titel: Kurt Ostbahn - Kopfschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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Country?“, stellt mir der Duke die Frage, die für mein weiteres Schicksal entscheidend sein wird.
    „Klar mag ich Country.“
    „Hank?“
    „Klar mag ich Hank.“
    „Hank war der Größte“, sagt der Duke.
    „Ich hab seine Biografie gelesen“, sage ich. „Hank Williams war ein Genie, aber er war auch ein einsamer, todtrauriger und verzweifelter Mann, der mit nichts in seinem kurzen Leben klargekommen ist, außer mit seiner Musik.“
    „Hank war der Größte“, sagt der Duke, als hätte er mich nicht gehört.
    Dann schweigt er. Und ich schau hinaus in die Wüste, von der mein Reiseführer behauptet, sie sei bloß eine Halbwüste. Wenn man von dem graubraunen Buschwerk absieht, das (wie bei uns über der Baumgrenze die Latschen) in Bodennähe dahinvegetiert, bringt das steinige Erdreich da draußen seit Jahrmillionen nichts anderes hervor als Abertonnen von Schleifsand und gelegentlich einen Kaktus. Auf den Steinen nimmt die Klapperschlange ein Sonnenbad, zwischen den Steinen wohnen der genügsame Skorpion und seine tödliche Freundin, die Schwarze Witwe, und ab und zu schaut ein Kojote auf der Suche nach totem, von der Sonne gut durchgeröstetem Touristenfleisch vorbei. Also wenn das nicht die Wüste ist, dann weiß ich nicht.
    „Woher kommst du, John?“, will der Duke nach langer schweigender Fahrt plötzlich und per Du von mir wissen. Hank Williams hat mir offenbar eine Rutsche zu seinem knorrigen Herzen gelegt.
    „Aus’m Osten. Warum?“
    „Und dort hört man Country?“
    „Nicht so viel wie hier in der Gegend, schätze ich. Aber ich hör daheim gerne Country. Willie, Waylon, Emmylou Harris, Kris Kristofferson ...“ „Er ist Kommunist“, weiß der Duke.
    „Wer? Willie?“
    „Kris Kristofferson. Hat sich jahrelang für die Sandinistas in Nicaragua stark gemacht. Er ist ein Linker und er ist auch nicht wirklich Country.“
    „Verstehe“, sage ich und wechsle vorsichtshalber rasch das Thema. „Und du kommst aus dem Süden. Texas? New Mexico?“
    „Aus der Gegend von Tucson, Arizona. Ein echtes Wüstenkind, wenn du weißt, was ich meine. Ich heiße Dwight. Dwight Tucker. Aber ich bin immer schon der Duke.“
    „Wie das?“
    „Weil ich mit Pferden umgehen kann. Hab ich daheim auf der Ranch gelernt. Ich weiß mehr über Pferde als über sonst was auf der Welt.“
    „Außer Country“, sage ich.
    „Außer Country“, sagt der Duke und lacht. „Haargenau.“

9. WIEN-MEIDLING

    Die tropische Grünpflanze neben der Wohnungstür im Dachgeschoss des Gemeindebaus schaut zum Erbarmen unterkühlt und durstig aus.
    In ihrem scheußlichen Plastikübertopf hat der Trainer die Reserveschlüssel zu seiner Mansarde deponiert.
    Nachdem er sich während der Frühjahrstournee ein halbes Dutzend Mal selbst ausgesperrt und der Schlüsseldienst die Hälfte seiner Abendgage verschlungen hatte oder er die Nacht um sündteures Geld im nahen Ramada-Hotel verbringen musste, hat er endlich gelernt, seine Kopflosigkeit zu akzeptieren, und das Versteck im Blumentopf eingerichtet. Der Ersatzschlüssel verschafft dem Doc und mir Zutritt zu des Trainers Reich, das für Besucher im Normalfall nicht zugänglich ist. Ich kann mich nicht erinnern, jemals bei ihm zu Gast gewesen zu sein. Und auch der Doc kennt das Zwei-Zimmer-Domizil hoch über den Dächern von Meidling nur aus Erzählungen.
    Der Grund liegt auf der Hand: In der Mansarde herrscht eine Sauwirtschaft erster Ordnung.
    Im Vorzimmer brennt Licht.
    „Trainer?!“, frage ich mit lauter, fester Stimme, nachdem wir die Wohnungstür hinter uns geschlossen haben. Der Doc und ich stehen staunend in einem Chaos aus Schuhwerk, gestapelten Zeitungen und Magazinen, zur Rückgabe vorbereiteten Pfandflaschen und schwarzen Plastiksäcken voller Sondermüll.
    „Trainer?! Wir sind’s, der Doc und ich! Kommen wir eh nicht ungelegen?“
    Keine Antwort.
    Auch sonst kein Trainer.
    Ein Blick ins Schlafzimmer: das ungemachte Bett, T. C. Boyles Welcome to Wellville, die köstliche Geschichte über Doktor Kellogg, den Erfinder der Frühstücksflocken, neben der Nachttischlampe. Die Tür des Kleiderschranks steht weit offen und bestätigt den ersten Eindruck. Hemden und Hosen, Jacken und Wäsche quellen aus den Fächern, und was im Kasten keinen Platz mehr findet, das türmt sich davor auf dem beigen Spannteppich.
    „Unglaublich“, murmelt der Doc, den an sich so rasch nix erschüttern kann, und schüttelt den Kopf. „Los, weiter!“ Aber auch in Küche und Bad weist nichts auf

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