Kurtisanen leben gefährlich
du hier tust, Andrea Luca? Was ist, wenn dich der Fürst beobachten lässt? Ich glaube nicht, dass er deinen Spaziergängen gegenüber besonders aufgeschlossen ist.«
Andrea Luca legte seinen Kopf schief und schenkte mir einen amüsierten Blick, bevor er mich unnachgiebig näher an sich heranzog und mir eine Antwort gewährte.
»Wäre es dir etwa lieber, wenn ich mein Lager mit der Prinzessin teile? Delilah ist mittlerweile ausgesprochen oft darauf bedacht, in meine Nähe zu gelangen, doch ich kann mir nicht vorstellen, dass dich diese Aussicht erfreut, Lukrezia.«
Eine seiner Brauen wanderte empor und er blickte mich fragend an, gab mir aber keine Zeit, um darauf zu antworten.
»Mich erfreut sie jedenfalls nicht. Aber sorge dich nicht, wir haben uns um potenzielle Verfolger gekümmert. Niemand weiß, dass ich hier bin und niemand wird es jemals erfahren.«
Seine Finger streichelten sanft über meine Wange und ich bemerkte bereits, wie mein Widerstand gegen ihn schmolz und vergaß die Vorwürfe, die ich ihm hatte machen wollen, schlang stattdessen meine Arme um seinen Hals.
Weiter kam ich nicht, denn unvermittelt wurde die Tür zu meinen Räumen aufgestoßen und Beatrice Santi trat über die Türschwelle. Ihr Gesicht hatte von seiner alten Kälte zurückgewonnen, ein Ausdruck, der jedoch durch das milde Licht in ihren Augen, das noch immer nicht ganz verschwunden war, sanfter erschien.
Es dauerte einige Sekunden, bis ich erkannte, dass dieser Ausdruck diesmal nicht mir, sondern Andrea Luca galt, der seine Hand hatte sinken lassen, sich aber nicht von mir löste.
Erschrocken blickte ich auf die Artista und spürte, wie die Temperatur in dem Raum sank, während sie einander gegenüberstanden und schwiegen. Beatrice Santi brach als Erste das Schweigen.
»Ich habe trotzdem erfahren, dass du hier bist, Andrea Luca. Und ich bin überaus enttäuscht von dir. Du kommst in mein Haus, ohne zuvor bei mir vorstellig zu werden und ein Wort des Grußes an mich zu richten. Es sind in der Tat traurige Zustände, wenn du nicht einmal mehr die Zeit aufbringen kannst, mir einige Minuten deiner kostbaren Gesellschaft zu widmen.«
Ich sah verwirrt von Andrea Luca zu der Artista und konnte mir keinen Reim auf die Geschehnisse machen. Andrea Lucas Gesicht verzog sich zu einem merkwürdigen Lächeln und er ließ mich los, um sich vor der Fürstin von Orsanto zu verneigen. Nachdem er sich aufgerichtet hatte, trat er einen Schritt näher an sie heran und richtete dann, mit stolz erhobenem Kopf, das Wort an sie.
»Verzeih mir, Mutter. Ich wollte deine Nachtruhe nicht stören und habe es stattdessen vorgezogen, nach Lukrezia zu sehen. Schließlich warst du bestens über meine Schritte informiert, wie ich sehen kann, und bedurftest von daher keiner sofortigen Information über mein Wohlbefinden.«
Mutter
? Ich taumelte einige Schritte zurück und verlor den Halt, als ich gegen das Bett stieß und mich fassungslos darauf niederließ. Ich konnte kaum glauben, was Andrea Luca gerade gesagt hatte und schaute verwirrt und verständnislos auf die Szenerie, die sich vor mir aufgetan hatte.
Keiner von beiden schien mich wahrzunehmen und so beobachtete ich, wie sich Mutter und Sohn gegenüberstanden, beide mit den gleichen durchdringenden, unergründlichen Augen, die einander anstarrten und einen Kampf austrugen. Dann lachte Beatrice Santi kaum hörbar und streckte die Arme nach ihrem Sohn aus, der der Aufforderung Folge leistete und seine Mutter liebevoll umarmte.
Ich war erstaunt über die Zurschaustellung echter Gefühle, die diese beiden Menschen an den Tag legten, und ich meinte, einige von Andrea Lucas Wesenszügen besser zu verstehen, nachdem ich seine Verwandtschaft zu Beatrice Santi enträtselt hatte.
Doch unter dieser Oberfläche verbarg sich weitaus mehr.
Andrea Luca war der Sohn von Beatrice Santi und Sante Santorini, deshalb hing das Bild des Mannes mit dem liebevollen Blick in ihrem Salon. Und diese ungewöhnliche Verbindung brachte noch mehr ans Tageslicht.
Andrea Luca war, ebenso wie ich, der Bastard einer Fürstin, doch er war kein gewöhnlicher Bastard, er war die Verbindung zweier der mächtigsten Blutlinien, die Terrano beherrschten! Der Schock fuhr unbarmherzig durch meinen Körper und ich begann zu zittern, als mir das ganze Ausmaß dieser Enthüllung bewusst wurde. Ich sah mit großen Augen auf die Bilder, die sich vor mir abspielten und Angst schlich in mein Herz, denn nun wusste ich um das große Geheimnis der
Weitere Kostenlose Bücher