Kyberiade. Fabeln zum kybernetischen Zeitalter.
schrecklich beschämt, daß er sich zu einer derart wilden und unsicheren Spekulation hatte hinreißen lassen, sprach er zu sich selbst:
»Von dem, was außerhalb von mir ist, wenn dort überhaupt etwas ist, weiß ich nichts. Von dem aber, was innerhalb von mir ist, weiß oder werde ich zumindest wissen, sobald ich etwas denke, denn wer, wenn nicht ich selbst, zum Donnerwetter! sollte sich in meinen Gedanken auskennen?!« Und er dachte ein zweites Mal an den Gozmoz, plazierte ihn jedoch diesmal in sein eigenes Inneres; diese Lösung erschien ihm bescheidener, angemessener und mehr im Sinne einer sachlichen Grundhaltung, um die er sich bemühte. Und er begann den Gozmoz mit allerlei erdachten Wesen und Elementen auszufüllen. Weil es ihm noch an der rechten Routine und Geschicklichkeit fehlte, ersann er zunächst die Perlesianer, die bei jeder Gelegenheit krobelten, sowie die Pochlesier, die leidenschaftlich gern Darten klopften. Kaum erschaffen gerieten sich Perlesianer und Pochlesier wegen der Darten in die Haare und schlugen einander so heftig, daß Mamosch der Müllgeborene Kopfschmerzen bekam und von seinem Weltschöpfertum nichts anderes davontrug als eine schreckliche Migräne.
Bei seinen weiteren Schöpfungsversuchen ging er mit größerer Umsicht zu Werke, er ersann zunächst Grundstoffe wie das Edelgas Calsonium oder das spirituelle Element Denkalium, und er schuf Wesen, und sie waren fruchtbar und mehreten sich. Von Zeit zu Zeit machte er Fehler, doch nach ein bis zwei Jahrhunderten hatte er es zu beachtlichen Fähigkeiten gebracht, und sein ureigener Gozmoz nahm vor seinem geistigen Auge feste und stabile Gestalt an, und es wimmelte in ihm von verschiedenen Stämmen, Wesenheiten, Dingen, Individuen, Zivilisationen und Phänomenen, und die Existenz dort war äußerst angenehm, denn er hatte die Gesetze in diesem Gozmoz höchst liberal gestaltet, weil er keinerlei Gefallen fand an den strikten und rigiden Gesetzmäßigkeiten, diesem Kasernenhofreglement, das die Mutter Natur ihren Kindern auferlegt (wenngleich er natürlich niemals von Mutter Natur gehört hatte).
So war die Welt von Mamosch Eigensohn voll von Kapricen und Mirakeln, und die Dinge in ihr geschahen einmal auf die eine, dann wieder auf die gänzlich andere Weise, ohne daß es dafür einen bestimmten Grund gab. Wenn ein Individuum kurz vor dem Sterben stand, so gab es immer Mittel und Wege, um den endgültigen Abschied vom Gozmoz doch noch zu vermeiden, denn Mamosch hatte eine klare Entscheidung gegen irreversible Ereignisse getroffen. Und in seinen Gedanken lebten die Gondralen, die calsoniumfördernden Calamititen, wie auch die Klofundraner, Benigniten und Raffiten herrlich und in Freuden, Generation auf Generation. Doch inzwischen fielen Mamosch Eigensohn seine Müll-Arme und Abfall-Beine ab und kehrten auf die Halde zurück, von der sie gekommen waren, und rostrot färbte sich das Wasser des Tümpels um seine einstmals so herrliche Taille, und allmählich versank sein Rumpf im Schlick und Morast. Dabei hatte er gerade einige neue Konstellationen errichtet und ihnen mit liebender Fürsorge einen Platz in der ewigen Finsternis seines Bewußtseins zugewiesen, das sein Gozmoz war, und er tat sein Bestes, um alles, was er durch Denken geschaffen hatte, in genauer Erinnerung zu behalten; und obgleich sein Kopf von dieser Anstrengung schmerzte, ließ er nicht nach, denn er fühlte sich für seinen Gozmoz verantwortlich, wo er so sehr gebraucht wurde und so ernste Pflichten hatte. Inzwischen fraß sich der Rost tiefer und tiefer in seine Blechfontanelle, was er natürlich nicht wissen konnte, und eine Scherbe von Trurls Krug, von ebendemselben Krug, der ihn vor Tausenden von Jahren zum Leben erweckt hatte, kam auf einer Woge des Tümpels dahergeschwommen und näherte sich seinem unglücklichen Kopf, denn das war alles von ihm, was noch aus dem Wasser herausschaute. Und just in dem Moment als Mamosch Eigensohn die sanfte, kristallene Baucis und ihren getreuen Ondragor ersann, und als die beiden Hand in Hand inmitten der dunklen Sonnen seines Geistes umherwanderten, und alle Gozmozianer einschließlich der Perlesianer unter andächtigem Schweigen zuschauten, wie das holde Paar zärtliche Worte austauschte – da platzte sein rostzerfressener Schädel beim Aufprall der durch einen Windstoß herbeigewehten Tonscherbe, und das trübe Wasser schlug über seinen kupfernen Spulen zusammen, nahm die Energie aus den logischen Stromkreisen, und der Gozmoz
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