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Lamarchos

Lamarchos

Titel: Lamarchos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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einmal du könntest das Messer von seiner Kehle fernhalten, Gikena.”
    Aleytys trat rückwärts an den Baum, fühlte die glatten, schmalen Hände des Jungen sich über ihre Arme und Handgelenke bewegen.
    „Was passiert jetzt?”
    Der weißhaarige Mann brachte Sharl zu ihr und legte ihn zu ihren Füßen nieder, wo er, zufrieden an seinem Daumen nuckelnd, liegenblieb.
    Kaie senkte die Armbrust. „Mein Bruder hat deine Fesseln mit einem besonderen Knoten gebunden. Du wirst dich beizeiten befreien können. Kapitän.” Er begegnete Maissas wütendem Blick und lächelte grimmig. „Versuche nicht, uns zu folgen. Wir werden uns verstreuen, und wir werden diese Welt gegen euch kehren. Auf der Oberfläche einer ganzen Welt ist ein Mann schwer zu finden. Soviel habe ich auf meinen eigenen Reisen immerhin gelernt.”
    Schwarze Augen brannten in gräulicher Blässe. Sie sagte nichts mehr.
    Aleytys zog leicht an den Stricken, die um ihre Handgelenke lagen. Sie schien überhaupt keinen Bewegungsspielraum zu haben.
    Für den Augenblick gab sie auf. „Hattest du nicht vor, mich mitzunehmen?”
    „Das würde ich gern.” Seine Blicke huschten über ihren Körper, dann schüttelte er den Kopf. „Ich habe zuviel von dem gesehen, was du tun kannst, Gikena. Du bist eine unbequeme Gefährtin für einen gewöhnlichen Mann.”
    Maissas heisere Stimme gellte: „Tu etwas, Hexe!”
    „Was? Ich würde jede akzeptable Idee willkommen heißen.”
    Ein häßliches Knurren entriß sich Maissas Kehle; sie zerrte wild an den Stricken.
    Kale lachte sie aus und ging davon. Er kniete neben den Poaku-Beuteln nieder; dunkle, formlose Klumpen auf der blasseren Erde.
    „Makuakane, die Seele-im-Flug, ist einer davon. Dir gebührt die Ehre, mein Vater. Hole die Seele heraus.” Er bewegte sich rückwärts und blieb in respektvollem Schweigen knien, die Armbrust vor sich haltend, den Schaft auf den Boden gestützt.
    Ohne sich um die drei an die Bäume Gebundenen zu kümmern, versammelten sich die Brüder um den alten Mann und knieten neben Kale nieder. Aleytys sah voller Interesse zu. Der Mann war das ältere Pendent zu Kale, die Ähnlichkeit war verblüffend; Seite an Seite knieten sie. Die anderen teilten die flüchtige Familienähnlichkeit. Die Überraschung war wie ein Schock: Sie wußte so wenig von dieser Welt. In deren Probleme verstrickt, hatte sie damit begonnen, ihre Rolle hier als Element ihrer eigenen Persönlichkeit zu akzeptieren.
    Irgendwie war es leichter, mit dieser Welt fertig zu werden, wenn sie sie einfach als unerforschten Teil Jaydugars betrachtete. Aber gelegentlich riß sie die eine oder andere Sache doch aus diesem Wohlbehagen. Eine dreifache Handvoll Tage … Nicht genug, nie genug, um eine ganze Kultur zu begreifen.
    Der alte Mann nahm die Poaku aus dem Beutel, wickelte jeden einzelnen aus und reichte sie an einen seiner Söhne weiter, der sie ehrerbietig wieder einwickelte und auf einen wachsenden Haufen neben seinen Knien legte. Als der erste Beutel leer war, wandte sich der Alte ruhig dem zweiten zu, warf jedoch dem gleichmütigen Gesicht seines Sohnes einen besorgten Blick zu. Wieder nahm er Poaku um Poaku heraus. Während der langsame, stille Vorgang seinen Lauf nahm, spürte Aleytys in allen - außer in Kale - eine wachsende Ungeduld.
    Dann glänzten die schräg einfallenden Strahlen der untergehenden Sonne auf dem bernsteingelben/rotbraunen Stein. Sie sah den herunterstoßenden Falken unbedeckt. Die Hände des alten Mannes zitterten. ,,Seele-im-Flug. Sie ist heimgekehrt.”
    Er hielt den Stein auf Armeslänge vor sich, kam wankend auf die Füße. Er verbeugte sich tief vor Kale, nahm eine Hand von dem Stein und legte sie auf den dunkelhaarigen Kopf seines Sohnes.
    „Meinen Segen, Kaie. Du hast der Wolfssippe die Ehre zurückgegeben.”
    „Die Steine gehören mir”, kreischte Maissa. Der alte Mann lachte.
    „Unsinn, Frau.” Kaie legte eine Hand auf seinen Arm und zog so den Blick seines Vaters auf sich.
    „Makuakane, Frauen haben dort, wo diese herkommt, eine andere Stellung inne. Sie begreift nicht, wie sie sich zu benehmen hätte.”
    Maissa funkelte sie an, begann in einem Dutzend verschiedener Sprachen zu fluchen und riß an den Stricken.
    Kale blickte sie an und ging zu Aleytys hinüber, während seine Brüder Führungsseile um die Hälse der Pferde banden und sich zum Aufbruch bereitmachten. „Ich möchte, daß du verstehst, Aleytys.”
    „Was macht das für einen Unterschied?”
    Sie sah den

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