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Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)

Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition)

Titel: Lang lebe die Nacht: Ein phantastischer Historienroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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als ich das Zimmer verließ.
    Ich traf Hagen im Flur.
    „Solltest du aufstehen?“, erkundigte er sich mit großer Skepsis in der Stimme. Anscheinend war er gerade auf dem Weg zu mir gewesen.
    „Hast du mir den feuchten Lappen auf den Kopf gelegt wie einer fiebernden Großmutter?“
    Hagen lächelte. „Glaub mir, wenn ich gewusst hätte, dass du aufwachen würdest, hätte ich dir auch heiße Wickel gemacht und deine Brust mit Kamille und Salbei eingerieben, allein um dein Gesicht zu sehen.“
    Sein Blick fiel auf die Wunden.
    „War nicht so gemeint“, versuchte er sich zu entschuldigen, aber ich winkte ab.
    „Ist schon gut“, grinste ich. „Danke, dass du mir zum zweiten Mal an diesem gottverdammten Ort den Hintern gerettet hast!“
    „Nichts zu danken. Eigentlich dachte ich immer, ich hätte über die Jahre noch einiges abzutragen.“
    „Sagen wir einfach, wir sind quitt, ja?“
    „In Ordnung.“
    Wir mussten lachen, obwohl es mir wehtat und ich spürte, wie meine Mimik an meinen Wunden zerrte und riss.
    „Ist Salandar auf seinem Zimmer?“, fragte ich, als das schmerzhafte Lachen verklungen war.
    Hagen nickte.
    „Wann ist er eingetroffen?“
    „Wenige Stunden nachdem ich mit den ganzen okkultistischen Utensilien der Frau Conradi fertig war.“
    „Also hat der Trick mit dem Pergamentfetzen funktioniert?“
    „Augenscheinlich. Ich glaube, er versucht gerade etwas Ähnliches, vielleicht solltest du ihn nicht stören ...“
    „Papperlapapp“, winkte ich ab, taperte an Hagen vorbei zu Salandars Gemach und öffnete in meinem Übermut die Tür, ohne anzuklopfen.
    Gestank oder zumindest ein äußerst strenger Geruch stach mir entgegen.
    „Puh“, machte ich. „Was ist denn hier los?“
    Dann erst wurde ich der absonderlichen Szenerie gewahr, die sich in dem Zimmer vor mir abspielte. Plötzlich kam es mir ein wenig vor, als würde Salandar anfangen, eine eigene Menagerie um sich zu scharen.
    Er saß am Schreibtisch, wohl bis vor einer Sekunde über ein Manuskript gebeugt.
    Auf seinem Schoß saß ein Rotfuchs mit buschigem Schwanz.
    Auf dem Schreibtisch betrachtete Marius interessiert das dort vorhandene Geschriebene, ohne mich eines Blickes zu würdigen.
    Artifex Magicae und Fuchs jedoch blickten zu mir hinüber.
    „Entschuldigung“, machte ich, unsicher, ob ich peinlich berührt, verlegen oder interessiert sein sollte. Jedenfalls war mir der strenge Geruch nun kein Rätsel mehr. Er musste von dem Fuchs kommen. Aber was zum Kuckuck tat er hier?
    „Guten Abend, Herr Croire“, begrüßte mich der Fuchs daraufhin artig. Er hatte eine wohlklingende Stimme, die ich sogar kannte. Einen Wimpernschlag später fiel mir auch ein, woher: Nikolaus Bender.
    „Herr Bender?“, vergewisserte ich mich unbeholfen.
    „So ist es“, bestätigte der Fuchs und sprang geschickt von Salandars Schoß, um anschließend so etwas wie eine Verbeugung anzudeuten.
    „Pardon“, entfuhr es mir. „Aber bei unserer letzten Begegnung waren Sie noch ... “
    „Ein Mensch?“, vollendete Bender den Satz.
    „Genau.“
    „Ich muss gestehen, das mit der Verwandlung passiert in den letzten Wochen viel zu häufig. Besonders, wenn ich emotional aufgewühlt war – und das war ich seit dem Tod des höchst ehrenwerten Kollegen Gilmore in der Tat häufiger.“
    Ich starrte ihn nur an. Zwar wollte ich mich im Grunde für das Starren entschuldigen, aber ich brachte es in diesem Moment nicht fertig. Offensichtlich war Bender weitaus weniger betrunken als bei unserem letzten Treffen.
    „Na ja, wie dem auch sei“, fuhr Bender fort, als ich mich zu keiner Antwort hinreißen lassen konnte. „Ich habe Ihre Nähe gesucht, war mir aber nicht sicher, wie ich Ihnen glaubhaft meinen Zustand erklären könnte. Da ich aber gehofft hatte, Sie und Ihre Begleiter würden ein wenig Verständnis für meine ... leidliche Situation aufbringen, habe ich Sie von Zeit zu Zeit beobachtet. Glauben Sie mir, ich kann mir Schmackhafteres als diese ewigen Feldmäuse vorstellen. Aber Ihr junger Freund“, er deutete mit einem Nicken in Richtung Hagen, der hinter mir im Türrahmen stand, „fand ja am vorgestrigen Tage die Geschichte um die Gräfin von Eulenbach heraus, sodass ich annehmen konnte, dass ein sprechender Fuchs ihn nicht sogleich in einen schießwütigen Irren verwandeln würde.“
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Vorgestern?“
    Ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen.
    „Du hast einen vollen Tag geschlafen, Lucien“, brachte Hagen es hinter mir auf den

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