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Lanzarote

Lanzarote

Titel: Lanzarote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Houellebecq
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Woche macht Houellebecq eine Tournee durch sechs deutsche Städte. Zugleich erscheint eine neue Erzählung von ihm, ein schmaler Band, leichter und heiterer als seine bisherigen Werke, obwohl die großen thematischen Leitmotive allesamt wiederzufnden sind: die Flucht aus der Gesellschaft, die Suche nach Sinn und Glück, die Überwindung des unerträglichen menschlichen Loses. Am Anfang steht der für Houellebecq typische schwarze Humor, trocken und nüchtern dargeboten: „Am 14. Dezember 1999, der Nachmittag war halb um, wurde ich mir bewusst, dass Silvester mir wahrscheinlich misslingen würde wie gewöhnlich.“ Tatsächlich schläft der Ich-Erzähler am Millenniumsabend um 23 Uhr ein. Er entschließt sich zu verreisen und landet eher zufällig auf Lanzarote. Die Insel mit der bizarren Vulkanlandschaft hat dem Buch seinen Titel gegeben; ergänzt wird der Text durch einen Bildband mit eigenen Fotografen des Autors, die sich in „Geo“ gut machen würden. „Alles ist fktiv“, versichert Houellebecq über die Erlebnisse seines Protagonisten. Aber wie immer bei ihm ist auch alles autobiografsch. Zunächst amüsiert er sich mit sarkastischen Betrachtungen zur Typologie des Tourismus: Norweger sind da, um die Legende zu bestätigen, dass man auch im Januar im Meer baden könne. Die Anwesenheit von Engländern gibt keinerlei Aufschluss über den Reiz des Ortes; sie reisen dorthin, wo sich schon andere Engländer befnden, und repetieren ihre Lebensweise in der Fremde, mit bizarren Cocktails bei Sonnenuntergang. Das unterscheidet sie völlig von Franzosen, die so eitel und selbstverliebt sind, dass sie es als narzisstische Kränkung empfnden, wenn sie im Urlaub einem anderen Franzosen begegnen (Lanzarote ist, so gesehen, ein idealer Ort für sie). Am unkompliziertesten sind die Deutschen, man fndet sie überall, wo die Sonne scheint. Und man kann leicht mit ihnen anbandeln, da sie nicht hochmütig sind und zur Sexualität, wie Houellebecq glaubt, ein fast heidnisch unbefangenes Verhältnis haben. Pam und Barbara, zwei deutsche Lesben, die praktischerweise nicht ausschließlich lesbisch sind („He he, sagte ich mir“, so die Reaktion des Helden auf die vertrauliche Mitteilung), lassen den Erzähler an ihren erotischen Strandspielen teilnehmen. Trotz detailgenauer Beschreibungen geht es Houellebecq dabei um das Gegenteil von Pornografe, deren Ziel wie auch das der Werbung darin besteht, eine Begierde zu schaffen, die niemals gestillt werden kann und die deshalb in eine Spirale ständiger Enttäuschung führt. Die beiden deutschen Touristinnen spenden dagegen reine Lust Sex ohne Selbstsucht und Besitzanspruch, jene pure, freundschaftliche Zärtlichkeit, die laut Houellebecq in einer Zeit verlorener Liebesfähigkeit allein noch füchtige Momente des Glücks schaffen kann. Die zweite männliche Figur der Erzählung, Rudi, ein verkrachter Polizist aus Brüssel, verkörpert demgegenüber die vollendete menschliche Katastrophe. In seiner dumpfen Verzweifung schließt er sich einer (tatsächlich existierenden) Sekte an, die Außerirdische anbetet und ihren Jüngern mit Hilfe der modernen Biotechnologie ein unsterbliches Leben ohne Leiden verheißt. Wahrscheinlich ist das Skandalöse wie das Faszinierende an Houellebecq sein naiver und doch hellsichtiger Protest gegen die moderne Welt. Der Siegeszug des Kapitalismus hat eine Marktgesellschaft durchgesetzt, die nur scheinbar Freiheit und Fortschritt schafft. Was als Humanisierung angepriesen wird, ist in Wirklichkeit eine Verrohung; aus dem freien Wettbewerb gehen die meisten als Verlierer hervor. Ein zutiefst unmoralisches System, in dem Arbeit nur noch unzulänglich belohnt wird: So weit ist sich Houellebecq mit dem Papst einig, von dem er sonst gar nichts hält. Damit rührt der Schriftsteller ohne jede Nostalgie an die Ängste vieler. Er präsentiert seine Dichtung wie eine moralische Aufgabe; das kalte, sezierende Beschreiben der Wirklichkeit ist in sich schon ein Akt des Widerstands. Macht nicht mit, verweigert euch, ruft Houellebecq seinen Fans zu, und sie würden ihm offensichtlich nur zu gern folgen, wenn sie könnten. Obwohl Houellebecq in Albert Camus und Jean-Paul Sartre nur Klassiker sieht, die ihm heute nichts mehr bedeuten, hat er eine neue existenzialistische Pose entworfen. Nicht mehr im Engagement besteht dasAufbegehren, sondern im Beiseitetreten. Der neue Existenzialist desertiert aus der Gesellschaft in eine endgültige innere Entfernung, so wie der Autor

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