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Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niccolò Ammaniti
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war und mit einem Bein im Grab stand.
    Im Ton eines Hypnotiseurs begann Tremagli eine Vorlesung über die indische Literatur und ging dabei von den frühesten Sanskrit-Texten aus dem Jahr 2000 v.Chr. aus, die man in den Felsengräbern von Jaipur gefunden hatte. Fabrizio überlegte, dass er mindestens eine Stunde brauchen würde, um im Jahr 2000 n. Chr. anzukommen. Als Erste würden die älteren Frauen wegdämmern, dann die Offiziellen, dann alle anderen, Fabrizio und der indische Schriftsteller eingeschlossen.
    Ciba stützte einen Ellbogen auf den Tisch und legte seine Stirn in die Hand. Er versuchte, drei Operationen gleichzeitig auszuführen:
    1) kontrollieren, wer die anwesenden Offiziellen waren;
    2) herauskriegen, wer die Göttin war, die neben ihm saß;
    3) darüber nachdenken, was er sagen sollte.
    Die erste Operation war schnell erledigt. In der zweiten Reihe saß der Martinelli Verlag in voller Besetzung. Federico Gianni, der Geschäftsführer, Achille Pennachini, der Generaldirektor, Giacomo Modica, der Verkaufsleiter, und eine ganze Schar von Lektoren, darunter Leopoldo Malagò. Dann kam der ganze Damenklub der Presseabteilung. Wenn selbst Gianni seinen Hintern hochgekriegt und extra aus Genua gekommen war, konnte das nur heißen, dass sie sich von dem Buch des Inders einiges versprachen. Wer weiß, vielleicht hofften sie, ein paar Exemplare zu verkaufen.
    In der ersten Reihe erkannte er den Kulturdezernenten, einen Fernsehregisseur, eine Reihe von Journalisten und andere Gesichter, die er schon tausendmal gesehen hatte, aber er wusste nicht mehr, wann und wo.
    Auf dem Tisch standen die Namensschildchen der Teilnehmer. Die Göttin hieß Alice Tyler. Sie flüsterte Sarwar Sawhney die Übersetzung von Tremaglis Vortrag ins Ohr. Der Alte lauschte mit geschlossenen Augen und nickte dabei mit der Regelmäßigkeit eines Pendels. Fabrizio schlug den Roman des Inders auf und sah, dass die Übersetzung von Alice Tyler war. Also war sie nicht nur die Dolmetscherin bei dieser Veranstaltung. Vielleicht, so schoss es Fabrizio durch den Kopf, hatte er … Langsam kam ihm ernsthaft der Gedanke, dass er womöglich die Frau seines Lebens gefunden hatte. Schön wie Naomi Campbell und klug wie Margherita Hack.
    Seit einiger Zeit spielte Fabrizio Ciba nämlich mit dem Gedanken an eine feste Beziehung. Vielleicht würde ihm das helfen, sich auf den neuen Roman zu konzentrieren, der seit drei Jahren im zweiten Kapitel feststeckte.
    Alice Tyler? Alice Tyler? Wo hatte er diesen Namen bloß schon mal gehört?
    Fast wäre er vom Stuhl gefallen. Es war dieselbe Alice Tyler, die Roddy Elton, Irvin Parker, John Quinn und all die anderen genialen schottischen Schriftsteller übersetzt hatte.
    Bestimmt hat sie die alle persönlich gekannt! Bestimmt ist sie mit Parker essen gegangen und danach in ein besetztes Haus, wo er sie auf dem Teppich zwischen ausgedrückten Kippen, gebrauchten Spritzen und leeren Bierdosen gefickt hat.
    Eine grauenhafte Ungewissheit ergriff ihn. Ob sie meine Bücher überhaupt gelesen hat? Er musste es wissen, sofort, augenblicklich. Es war ein physiologisches Bedürfnis. Wenn sie meine Bücher nicht gelesen und mich nicht im Fernsehen gesehen hat, dann denkt sie vielleicht, dass ich irgendjemand bin, verwechselt mich womöglich mit einem dieser mittelmäßigen Schriftsteller, die sich damit durchschlagen, dass sie von einer Präsentation zum nächsten kulturellen Event ziehen. Das wäre unerträglich für sein Ego. Jede gleichberechtigte Beziehung, in der er nicht der Star war, löste bei ihm unangenehme Nebenwirkungen aus: Mundtrockenheit, Schwindel, Kotzen und Durchfall. Um bei ihr zu landen, könnte er dann nicht auf sein Werk setzen, sondern müsste sich ganz auf seine angenehme Erscheinung, seine beißende Ironie und seine spontane Intelligenz verlassen. Und zum Glück kam er gar nicht auf die Idee, Alice Tyler könnte seine Bücher gelesen und schlecht gefunden haben.
    Und so kam er zum letzten Punkt, dem heikelsten. Worüber sollte er nach dem Geschwafel des alten Schwätzers reden? In den letzten Wochen hatte er mehrmals versucht, den dicken Wälzer des Inders zu lesen, doch nach etwa zehn Seiten hatte er den Fernseher eingeschaltet und sich die Leichtathletikmeisterschaften angesehen. Guten Willen hatte er ja gezeigt, aber dieses Buch war von einer so tödlichen Langeweile, dass es einem alles zusammenzog. Dann hatte er einen Freund angerufen … ein Fan von ihm, ein Schriftsteller aus Catanzaro,

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