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Lauf, Jane, Lauf!

Titel: Lauf, Jane, Lauf! Kostenlos Bücher Online Lesen
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Art, daß es gut ist, ihm für immer fernzubleiben.
    Sicher würde man sie vermissen. Sicher suchte man sie, auch wenn man so wenig wie sie wußte, wo man suchen sollte. Ihre Eltern oder ihr Mann, wenn sie einen hatte; ihr Chef oder jemand, der für sie arbeitete; ihr Lehrer oder ihre Schüler; ihre Freunde oder ihre Feinde; vielleicht sogar die Polizei! Ganz bestimmt suchte man sie. Warum ging sie nicht einfach zur Polizei? Dann würde sie schon sehen.
    Weil sich bis morgen früh alles geklärt haben wird, sagte sie sich und sprang aus der Dusche, als sie es draußen klopfen hörte. Rasch wickelte sie sich in ein Badetuch, zog ihren Mantel darüber und ging zur Tür. Sie wußte, wer es war, fragte aber dennoch, mit heiserer, kaum hörbarer Stimme.
    »Der Etagenkellner«, kam die Antwort wie erwartet.
    »Einen Augenblick.« Ihre Stimme war jetzt fester, bestimmter.

    Gerade als sie die Hand nach der Tür ausstreckte, fiel ihr Blick auf das Geld auf dem Fußende des Betts. Sie erstarrte. Einen Moment lang dachte sie daran, alles einfach so zu lassen, wie es war, dem ahnungslosen Kellner zu öffnen und ihn das bestellte Essen zum Tisch gegenüber vom Bett bringen zu lassen und sich anzusehen, wie er beim Anblick des vielen Geldes reagierte, das da so lässig vor ihm ausgebreitet lag. Würde er so tun, als wäre das Geld gar nicht da oder als wäre es das Normalste von der Welt, in einem Hotelzimmer fast zehntausend Dollar auf dem Bett herumliegen zu lassen? Machten das nicht alle Gäste so?
    Es klopfte ein zweites Mal. Wie lange hatte sie hier dumm herumgestanden? Sie wollte auf ihre Uhr sehen, entsann sich vage, daß sie die Uhr mit dem Kleid abgelegt hatte, und erinnerte sich, daß das Kleid immer noch in einem blutbetränkten Bündel auf dem Boden lag. »Eine Sekunde«, rief sie, hob das Kleid auf und warf es in den Kleiderschrank. Sie legte die Uhr wieder an, zog das Badetuch unter dem Mantel heraus und warf es über die Geldbündel. Im letzten Moment nahm sie sich noch einen der losen Scheine.
    Außer Atem, als hätte sie gerade einen Marathonlauf hinter sich, erreichte sie die Tür, zog sie mit Anstrengung auf und ließ den älteren Mann herein. Ihr Blick flog unruhig zwischen ihm und dem Bett hin und her, aber wenn er ihre Nervosität bemerkte oder sich wunderte, daß sie einen Mantel trug, obwohl sie darunter offensichtlich klatschnaß war, verlor er kein Wort darüber, und sein Blick blieb unverwandt auf den Servierwagen gerichtet, den er vor sich herschob.
    »Wo hätten Sie es gern?« fragte er in angenehm nichtssagendem Ton.
    »Gleich hier.« Sie wies auf den Schreibtisch am Fenster, erstaunt, wie leicht ihr die Worte über die Lippen kamen.
    Er stellte das Tablett mit dem Essen auf den Schreibtisch, sie drückte ihm die zerknitterte Hundert-Dollar-Note in die Hand
und sagte, es sei gut so. Er zögerte und blickte dann mißbilligend zum Bett.
    Ihr wurde so mulmig, daß sie sich am Schreibtisch festhalten mußte, um nicht umzukippen. Hatte er das Geld bemerkt?
    »Ich schicke Ihnen jemand, der das Bett aufschlägt«, sagte er.
    »Nein!« rief sie so schrill, daß sie beide zusammenzuckten. Sie räusperte sich, hörte sich lachen, etwas davon murmeln, daß sie zu arbeiten habe und ungestört sein wolle. Er nickte, steckte das Geld ein und zog sich ziemlich eilig zurück.
    Sie wartete, bis sie ganz sicher war, daß er weg war, ehe sie die Tür noch einmal öffnete und das Schild >Bitte nicht stören< hinaushängte. Dann kehrte sie zum Schreibtisch zurück, hob den silbernen Deckel von der Schale mit ihrem Abendessen und setzte sich. Aber schon nach wenigen Bissen überwältigte sie die Müdigkeit, und sie torkelte schwindlig vor Erschöpfung zum Bett. Ohne sich die Mühe zu machen, das Geld wegzuschieben oder den Mantel auszuziehen, schlug sie den Überwurf zurück und kroch unter die schwere blaue Decke. Morgen früh, dachte sie vor dem Einschlafen noch, wenn ich aufwache, ist bestimmt wieder alles in Ordnung.
    Aber als sie am folgenden Morgen um sechs die Augen öffnete, hatte sich nichts geändert. Sie hatte noch immer keine Ahnung, wer sie war.

3
    Die erste Stunde war die schlimmste. Bei der Erkenntnis, daß die angeblich belebenden Kräfte des Schlafs nichts dazu getan hatten, ihr Gedächtnis zu beleben, wurde ihr so flau, daß sie nur noch ins Bad taumeln konnte, um das bißchen Essen, das sie am Abend hinuntergewürgt hatte, wieder von sich zu geben. Als das
Frühstück kam - frischer Orangensaft,

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