Laura Leander 02 - Laura und das Siegel der Sieben Monde
Dabei sind wir mit den Windgeistern um die Wette geflogen!«
Lateris’ feierlicher Ernst entlockte Laura ein Lächeln. »Das glaub ich dir aufs Wort!«
»Wenn Ihr wieder mal Hilfe brauchen solltet, M adame: Stehen stets gerne zu Euren Diensten!«
»Danke, Lateris. Ich werde mit Sicherheit darauf zurückkommen.« Dann baute sich Laura drohend vor Kevin auf. »Gestehst du freiwillig, oder müssen wir nachhelfen?«, knurrte sie und sah den Löwen auffordernd an.
Bevor das Fabeltier auch nur einen Mucks machen konnte, fing der Junge an zu reden. »Es tut mir Leid, aber ich hatte keine andere Wahl.«
Lauras Gesichtszüge entgleisten. »Keine andere Wahl?«, fragte sie ungläubig.
Kevin nickte beklommen. »Ja. Köpfer hat mich gezwungen mitzumachen. Er hatte mich in der Hand.«
»Wie das?«, wollte Lukas wissen.
»Nun…« Der Junge senkte den Kopf. »Damals, in Hinterthur… Äh… Ich wollte euch beide zum Abschluss der Ferien ins Kino und zum Burger-Essen einladen, hatte aber nicht mehr genügend Geld. Da hab ich mir einen Fünfzig-Euroschein aus dem Portemonnaie meines Onkels…«
»Und dabei hat Köpfer dich überrascht?«
»Ja.« Kevin schluckte. »Er hat mich vor die Wahl gestellt, entweder alles Onkel Max zu erzählen…«
»Oder?«, drängte Laura.
»Oder dich im Auge zu behalten und ihm alles zu berichten, was du treibst!«
»Was?« Mit maßloser Überraschung starrte Laura den Jungen an. »Aber… wieso?«
»Das hab ich ihn natürlich auch gefragt. Köpfer hat behauptet, deine Aktivitäten gefährdeten den Ruf von Ravenstein. Was letztendlich Onkel Max schaden würde, der das Internat seit Jahren als Sponsor unterstützt.«
Lukas runzelte die Stirn. »Das hast du doch nicht etwa geglaubt?«
»Doch. Ich hatte doch keine Ahnung, dass…«
Lauras Gesicht verfinsterte sich. »Und weiter?«
»Zunächst hab ich alles gemacht, was Köpfer von mir verlangte. Ich wollte ja nicht, dass mein Onkel erfährt, dass –« Kevin räusperte sich. »Aber nach der Sache mit Pater Dominikus wurde mir klar, dass der Typ mich hinters Licht geführt hat. Ich wollte aussteigen und zur Polizei gehen, aber…«
»Ja?«
»Köpfer hat gedroht, mich ebenso umzubringen wie den Mönch, wenn ich auch nur einem Menschen ein Sterbenswort verrate. Und da hab ich es mit der Angst gekriegt – ich wusste ja, wozu er fähig ist – und weitergemacht.«
Lukas schüttelte den Kopf. »Dann hast du ihm also auch geholfen, die Indizien zu manipulieren, die Professor Morgenstern in Mordverdacht gebracht haben?«
»Ja. Ihm und Quintus Schwartz.«
Laura war fassungslos. »Wie konntest du nur?«, fragte sie. »Wie konntest du nur so etwas Schreckliches tun?«
Doch Kevin schaute nur stumm zu Boden.
Lukas warf ihm einen verächtlichen Blick zu, bevor er sich an die Schwester wandte. »Wir sollten endlich die Polizei rufen. Soll die sich doch mit dem hinterhältigen Verräter herumschlagen! Vielleicht findet sie ja raus, welche Motive ihn angetrieben haben.«
Als Laura, Lukas und Aurelius Morgenstern aus dem Haus traten – Kevin hatten sie in Morduks Obhut zurückgelassen –, hielt Latus immer noch vor dem Gartenhaus Wache. Konrad Köpfer hatte es nicht verlassen, wie der geflügelte Löwe versicherte. In der Wohnung des Hausmeisters konnten sie jedoch nicht die geringste Spur von ihm entdecken. Dabei waren sämtliche Fenster des Häuschens zum Schutz vor Dieben vergittert. Die Freunde stellten das ganze Haus auf den Kopf, durchsuchten jeden Winkel, durchwühlten sämtliche Schränke und Truhen, klopften Wände und Böden ab auf der Suche nach geheimen Schächten, Verstecken und Ausgängen – jedoch vergeblich. Konrad Köpfer schien sich buchstäblich in Luft aufgelöst zu haben. In seiner karg möblierten Schlafkammer machte Laura allerdings eine merkwürdige Entdeckung. Auf dem Nachtkästchen lag ein Stapel alter Dokumente, in denen offenbar erst jüngst herumgeblättert worden war. Es war eine Abschrift der Burgchronik, die Reimars Kaplan angefertigt hatte. Auf dem obersten Blatt erkannte Laura die Zeichnung von Reimars Henker, die Lukas und sie erst vor einigen Tagen im Archiv der Internatsbibliothek gefunden hatten. Alles war genauso wie auf dem Dokument aus dem Ravensteinsehen Archiv: Im Hintergrund war die Burg zu sehen, daneben ein Galgen und ein Richtblock, an dem ein Henkersbeil lehnte. Es gab allerdings einen entscheidenden Unterschied: Auf dem Blatt in Köpfers Schlafkammer befand sich kein weißer Fleck. Der Henker war
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