Laura Leander 06 - Laura und das Labyrinth des Lichts
schmerzlich bewusst.
Ich kann Beliaal nicht besiegen!
Welch schreckliche Ironie des Schicksals! Da hatte sie ihrem dreizehnjährigen Ebenbild das Leben gerettet, indem sie den Herrn der Finsternis von ihm ablenkte, nur um jetzt, gut anderthalb Jahre älter, doch noch sterben zu müssen: entweder durch die Hand des Dämons – oder durch den Todesschlaf des Fhurhurs!
Laura erinnerte sich an ihr kürzliches Zusammentreffen und Beliaals Worte im Schwarzen Schloss: »Offensichtlich hast du nichts aus unserer letzten Begegnung gelernt. Sonst wärst du nicht allein gekommen!«
Was hatte er nur damit gemeint?
Während Laura noch verzweifelt darüber nachdachte, klang ein Scheppern an ihr Ohr. Als sie sich umdrehte, entdeckte sie einen Jungen, der auf seinem Mountainbike im Höllentempo heranpreschte. Es war Philipp Boddin.
Mr Cool!
Er hatte die teuflischen Wesen offensichtlich noch gar nicht bemerkt und hielt geradewegs auf den Wolfshügel zu. Erst als er auf die Bremse trat, kaum fünf Meter von Laura entfernt, ging ihm auf, was los war.
»Oh«, sagte Philipp und erblasste. Er schob die Strickmütze zurück und kratzte sich am Kopf.
»Hau ab, Philipp!«, rief Laura ihm zu. »Bring dich in Sicherheit, schnell!« Sie erkannte aus den Augenwinkeln, wie Ghoul auf sie zusprang. Hastig wich Laura zurück – und stolperte über eine Wurzel! Sie verlor das Gleichgewicht und schlug rücklings auf die hart gefrorene Erde. Der Aufprall war so heftig, dass der Karfunkelstein aus ihrer Hand geschleudert wurde, über den Boden kullerte und vor Philipps Füßen liegen blieb.
Beliaal heulte triumphierend auf. Das schwarze Einhorn stieg auf die Hinterbeine und ließ ein lautes Wiehern erschallen. Auch die Hundemeute sprengte auf das hilflos am Boden liegende Mädchen zu.
Philipp überlegte nicht eine Sekunde. Er ließ das Bike fallen, hob den Karfunkelstein auf und sprintete damit zu Laura. »Hier, nimm!«
Das Mädchen streckte den Arm nach ihm aus wie eine Ertrinkende in höchster Not.
Als Philipp ihr den Karfunkel überreichte, berührten sich ihre Hände – und da geschah es: Gleißendes Licht schoss aus dem magischen Stein hervor, strahlend hell und voll unvorstellbarer Kraft.
Die schwarzen Bestien ergriffen augenblicklich die Flucht. Ghoul wieherte vor Entsetzen und bäumte sich so abrupt auf, dass Beliaal von seinem Rücken geschleudert wurde.
Dicht vor Laura und Philipp schlug der Dämon auf dem Boden auf. Die Erde erbebte heftig, und die beiden mussten sich aneinander festhalten.
Bevor der Herr der Finsternis sich aufrappeln und die Flucht ergreifen konnte, sprang Laura auf ihn zu und riss ein Büschel Haare aus seinem Bart. Beliaal, gepeinigt durch die Kraft des Lichts, kreischte laut und stürmte in wilden Sätzen über den Hügel davon.
Es war vorbei! Laura lächelte Philipp an. »Ich danke dir für deine Hilfe«, sagte sie. »Ohne dich hätte ich das nicht geschafft.«
»A-A-Aber …«, stammelte Mr Cool. Er war entgeistert.
»W-W-Was hatte das alles zu bedeuten? Und warum hast du eine neue Frisur?«
»Nicht jetzt«, erwiderte Laura. »Ich habe es furchtbar eilig. Aber du wirst es schon bald verstehen!« Damit beugte sie sich vor und küsste ihn auf die Wange. Zum Abschied drückte sie ihm eines der schwarzen Dämonenhaare in die Hand. »Hier nimm. Es wird dich immer an den heutigen Tag erinnern – und daran, dass er gut ausgegangen ist!«
Philipp war zu keiner Antwort fähig. Er schaute Laura nur mit großen runden Augen an.
»Keine Angst, Philipp«, erklärte sie rasch, »wir sehen uns bald wieder. Ich freue mich schon wahnsinnig auf das Konzert!« Damit löste Laura sich vor seinen Augen auf.
Philipp starrte noch eine Sekunde wie vom Schlag gerührt vor sich hin, bevor er bewusstlos zu Boden sank.
Als Lukas mit seinen Eltern das Krankenzimmer betrat, schreckte Mr Cool herum und starrte den Freund verwundert an. »Wo kommst du denn her?«
Lukas schüttelte den Kopf. »Nicht jetzt, Philipp. Das erkläre ich dir später.« Er schluckte. »Sag mir lieber, wie es Laura geht.«
Philipp wandte sich der Patientin zu, die mehr tot als lebendig im Krankenbett lag, und musterte sie mit unendlich traurigem Blick. Die weiße Zudecke reichte Laura bis zum Hals. Mit ihrem wächsernen Gesicht erinnerte sie an eine Leiche in der Anatomie. »Wie soll es ihr gehen?«, fragte er müde. »Sieh sie dir doch an.«
In diesem Moment wurde das Zimmer in gleißenden Lichtschein getaucht. Es strahlte so hell, dass die
Weitere Kostenlose Bücher