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Laura, Leo, Luca und ich

Laura, Leo, Luca und ich

Titel: Laura, Leo, Luca und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Maiwald
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Gang der Gelben Sonnenschirme musste sich allerdings je anstellen, ich habe nie ganz verstanden, warum. Die meisten anderen reihen sich klaglos in Schlangen enormer Länge ein, um eine möglichst günstige – sprich: nahe dem eigenen Sommerhaus gelegene – Kabinennummer zu ergattern. Selbst ein paar Österreicher kommen extra über verschneite Alpenpässe runtergefahren, um sich einen sorglosen Sommer zu sichern.
    Anfang 2005 ereignete sich dann ein diplomatischer Zwischenfall, gegen den sich die Emser Depesche ganz |180| und gar lächerlich ausmachte. Die alten, klapprigen Holzkabinen wurden durch neue klapprige Holzkabinen ersetzt, und durch einen »Fehler im Computersystem« (sprich: ein Versehen eines Mitarbeiters in der Strandverwaltung) stand Minnie trotz ordnungsgemäßer Frühbuchung ohne Kabine 84a da. Kein Problem: Sie ging hin, konzedierte, dass so etwas ja schon mal passieren könne, und bat dann um Kabine 84 a. Man entschuldigte sich wortreich, meinte aber, man könne nichts machen, da die Kabine nun schon zumindest drei Wochen lang fest in der Hand von Touristen sei. Geben sie denen eine andere Nummer, ich nehme die 84a, sagte Minnie daraufhin, und so ging es eine Weile hin und her, der Ton wurde lauter und rauer, und man bot Minnie schließlich Kabine 124 an, lockere 300   Meter weit weg vom Geschehen und ihren Sommerfreunden aus Mailand, Venedig, Padua, Bologna und Udine, die über die Jahre hinweg längst eine Teilzeitfamilie geworden waren. Minnie verzweifelte. Also schickte sie Leo hin, ihren Erstgeborenen, einen Mann von Präzision und Geschick. Er argumentierte kühl und sachlich und verwies auf das Recht, eine Kabine, die man die letzten 37   Jahre bewohnt und fürs 38.   Jahr korrekt reserviert habe, auch zu bekommen, während sich die Strandverwaltung auf die Kraft des Faktischen berief – die Kabine sei nun einmal futsch. Nächstes Jahr, das könne man immerhin jetzt schon versichern, werde man aufpassen, dass so ein Lapsus nicht wieder passiere.
    Am Tag drauf wurde Pepe in die Schlacht geschickt, |181| ein Mann von Charisma und Einfluss. Er ließ sich den Vorgang von der Strandverwaltung erklären und sagte dann: Morgen hat meine Frau Kabine 84a. So verließ er die Büroräume, was durchaus Eindruck machte (schließlich ist er gut mit dem Bürgermeister befreundet), aber unfassbarerweise nichts änderte. Außer, dass man Minnie nun Kabine 102 anbot.
    Also beschloss Minnie, eine letzte Attacke zu reiten. Körperliche Gewalt schien für sie eine immer verführerischere Option zu werden. Sie muss aufgetreten sein wie eine Walküre, und an die Szenen, die sich im Büro der Strandverwaltung abgespielt haben, wage ich kaum zu denken. Als sie am Mittag für Laura und mich die Pasta rührte, hatte sie ganz rote Wangen vor Stolz. Sie hatte sich Kabine 84a zurückerobert. Wie um alles in der Welt hatte sie das hingekriegt? Ganz einfach, sagte sie: mit Hilfe ihres deutschen Schwiegersohns.
    Das erstaunte mich nun doch. Es muss sich, Minnies Erzählung zufolge, etwa so abgespielt haben: Ihr Schwiegersohn, hat meine Schwiegermutter gewütet, sei der bedeutendste Journalist deutscher Zunge. Mit einem einzigen Nebensatz könne er die Touristenströme gen Grado stoppen. Und genau das werde er tun, wenn die Strandverwaltung nicht sofort die Nummer 84a herausrücke. Also her mit der Kabine, oder spätestens morgen, vielleicht aber noch heute in einer Sonderausgabe, würden die schändlichen Namen aller Mitarbeiter der Strandverwaltung von den Titelseiten aller deutschen und österreichischen Zeitschriften prangen. Grado werde boykottiert, die Mitarbeiter |182| persönlich haftbar gemacht und verklagt, der Ort verarme, die Kindersterblichkeit steige, die Stromversorgung bräche zusammen, das Wasser müsse wieder aus Zisternen gefördert werden, Pest und Cholera erhöben ihre hässlichen Häupter.
    Das wirkte. Hätte sie Kabine 84a nicht bekommen – ich hätte dieses Kapitel, wenn nicht sogar dieses Buch, damit verbringen müssen, die Strandverwaltung von Grado zu beschimpfen.

|183|
Mit Luca um die Häuser
    M anchmal gehe ich abends mit Luca aus, doch dann ziehen wir nicht durch Grado, sondern durch Padua, und obwohl ich lange in Hamburg gelebt habe und ja auch noch regelmäßig nach München pendle, fühle ich mich in Padua wie Heidi in der großen Stadt.
    Italienische Großstädte kommen einem immer so herrlich verträumt vor, wenn man sie als Tourist besucht, aber wenn man erst mal selbst mittendrin

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