Laura und das Labyrinth des Lichts
Das kam so überraschend, dass Laura auf Anhieb keine Antwort einfiel. Klar, wenn Yannik ihren Schimmel versorgte, konnte sie sich voll und ganz auf die Schule konzentrieren, genau wie sie es sich gewünscht hatte. Andererseits – war Sturmwind bei ihm auch wirklich in guten Händen?
Als hätte der Hengst ihre Gedanken erraten, ließ er ein freudiges Schnauben hören und stupste Yannik auffordernd mit der Nase an. Komm schon, mein Junge, schien er sagen zu wollen. Lass es uns einfach miteinander versuchen!
Yannik strahlte übers ganze Gesicht. Blendend weiße Zähne blitzten zwischen seinen vollen Lippen auf, während er Sturmwind zärtlich die Mähne kraulte.
Und trotzdem …!
Mit einem Male fiel Laura das Schmuckstück ins Auge, das um den Hals des Jungen hing: eine einfache Schlangenkette mit einem goldenen Anhänger, der ein stilisiertes Rad mit acht Speichen zeigte.
»Hey, wo hast du das denn her?«, fragte sie bewundernd. »Sieht ja echt cool aus!«
Yannik wechselte einen raschen Blick mit dem Sportlehrer, bevor er auf das Amulett deutete. »Meinst du das hier?«
Das Mädchen nickte. »Genau.«
»Das ist ein … äh … ein …« Er schien die richtigen Worte zu suchen. »… ein altes Erbstück, wenn du so willst. Es wird seit langem von einer Generation an die nächste weitergereicht!«
»Echt?«, wunderte sich Laura. »Ich glaube, das könnte mir auch gefallen.«
»Das kann iisch mir leb’aft vorstellen«, mischte Percy sich in ihre Unterhaltung ein. »Aber zurück zum eigentliischen T’ema: Wärst du damit einverstanden, dass Yannik siisch deines Schimmels annimmt? Natürliisch nur so lange, bis du diisch eines anderen besinnst.«
Laura zögerte und wusste selbst nicht warum. Schließlich gab sie sich einen Ruck. »Okay«, sagte sie. »Wir können es ja mal versuchen.«
»Super, Laura!« Yanniks Augen leuchteten wie die eines kleinen Jungen an Heiligabend. »Vielen, vielen Dank! Und glaub mir, du wirst es bestimmt nicht bereuen.«
Sturmwind schien von ihrer Entscheidung ebenfalls angetan zu sein. Er hob den Kopf, schnaubte laut und ließ dann ein fröhliches Wiehern hören.
Auch Percy war sichtlich erleichtert. »Iisch kann Yannik nur beipfliischten«, sagte er. »Iisch bin mir absolut siischer, dass das die beste Lösung für alle Beteiliischten ist.« Zu Lauras Überraschung nahm er sie dann an der Hand und führte sie einige Schritte zur Seite, »’ör zu«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Iisch wäre dir se’r verbunden, wenn das unter uns bleiben könnte. Es sollten möglichst wenige Außenste’ende erfa’ren, was wir soeben abgesprochen ’aben. Iisch kann miisch doch auf deine Verschwiegen’eit verlassen, n’est-ce pas ?«
»Aber selbstverständlich, Monsieur Valiant«, antwortete Laura leicht gekränkt. »Ich heiße doch nicht Kaja!«
»Was du nicht sagst, Laura-Schätzchen!«, höhnte Dr. Quintus Schwartz und grinste dabei wie ein Hilfsteufel. »Trotzdem wirst du uns in Zukunft selbst deine größten Geheimnisse verraten – ohne dass du es merkst!« Mit irrem Kichern reckte er das Handy in die Höhe, an dem er und seine Vasallen das Gespräch im Pferdestall mitgehört hatten. »Was sagt ihr jetzt?« Der Triumph in der Stimme des Konrektors war unüberhörbar. »Habe ich euch zu viel versprochen?«
»Natürlich nicht, Quintuss«, lispelte Rebekka Taxus, während sie Dr. Schwartz mit verzückten Blicken anschmachtete. »Ganzs im Gegenteil: Ich hätte niemalss für möglich gehalten, dasss dass sso fabelhaft funktioniert!« Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. »Du bisst ein Genie, Quintuss!«, säuselte sie. »Ein wahress Genie.«
»Vielen Dank, meine Liebe.« Beiläufig tätschelte der Konrektor die Hand der Kollegin und wandte sich dem Gärtner zu, in dessen Dienstwohnung sich die Dunklen versammelt hatten. »Nun, Albin? Ich hoffe, du bist ebenfalls zufrieden. Schließlich musst du jetzt nicht mehr jedes Mal mühsam auf den Speicher klettern, wenn du diese Leander-Gören belauschen willst, nicht wahr?«
Albin Ellerking musste an sich halten, um ihm nicht an die Gurgel zu gehen. Er konnte diesen schmalzhaarigen Ersatz-Gigolo nicht ausstehen, der mit seiner Solariumsbräune so aussah wie ein Brathähnchen, das man im Grill vergessen hatte. Und diese Tussi im pinkfarbenen Hosenanzug mochte Albin ebenso wenig. Die bildete sich wohl ein, der geflochtene und gleichfalls pinkfarbene Haarkranz auf ihrem Kopf ließe sie verführerisch aussehen. So was Lächerliches! Und
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