Laura und das Labyrinth des Lichts
welche Weise denn?«
»Indem er sich des Sehenden Kristalls von Syrin bedient hat!«
»Hast du den Verstand verloren?«, brauste Borboron auf. »Oder soll das ein Scherz sein?«
»Keineswegs, He…«, hob der Fhurhur an, doch der dunkle Tyrann ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Warum sollte Beliaal so etwas tun?«, hielt er ihm wild gestikulierend vor. »Er ist der Herr der Finsternis und der Herrscher über alle Dämonen. Er fürchtet nichts und niemanden! Warum sollte er uns einen Gefallen erweisen? Und was hat er mit Syrins Sehendem Kristall zu tun?«
»Das wollte ich gera…«, versuchte der Fhurhur zu Wort zu kommen, wurde aber erneut unterbrochen.
»Schweig!«, donnerte sein Gebieter. Er brüllte so laut, dass ihm beinahe Schaum vor dem Mund stand. »Du willst mich wohl in die Irre leiten! Was immer du dir davon auch versprechen ma…« Er brach ab und hustete wild, weil er im rasenden Zorn das Atmen vergessen hatte.
Der Fhurhur nutzte die günstige Gelegenheit. »Gibt Euch nicht zu denken, was der Sehende Kristall uns soeben offenbart hat?«
Der Tyrann räusperte sich heftig. »Gerade eben?«, fragte er erstickt.
Der Fhurhur nickte.
»War heute etwas anders als sonst?«
Erneut nickte der schmächtige Magier.
»Was meinst du damit?« Borboron machte einen Schritt au ihn zu und packte ihn rüde an der Schulter. »Jetzt sprich schon, los!«
Trotz der groben Behandlung blieb das Männchen ruhig. »Habt Ihr jemals erlebt, dass der Kristall uns ein Geschehen vom Menschenstern offenbart hat?«
»Vom Menschen…?« Für einen Augenblick starrte Borboron den Schwarzmagier verständnislos an. Dann endlich begriff er. »Du hast Recht. All die Jahre hat der Sehende Stein uns nur Dinge verraten, die auf Aventerra geschehen sind. Und nun gewährt er uns plötzlich einen Blick auf den Menschenstern.« Seine Augen glühten, als brodele Lava in den Höhlen. »Wie ist das möglich?«
»Ganz einfach.« Ein Lächeln umspielte die Lippen des Männchens. »Weil Beliaal mir das Blut eines schwarzen Einhorns überlassen hat, in dem ich den Kristall dann getränkt habe. Dieses Blut ist eine mächtige schwarzmagische Substanz, aber schwarze Einhörner stehen unter Beliaals besonderem Schutz. Niemand kann sich gegen seinen Willen an ihnen vergreifen.«
»Dann hast du also die Wahrheit gesagt?« Der Schwarze Fürst starrte seinen Ratgeber an, als sähe er ihn zum ersten Mal. »Du hast Beliaal tatsächlich zur Mithilfe überreden können.«
Der Fhurhur nickte mit unverhohlenem Stolz.
»Aber wie?«
»Das erkläre ich Euch später, Herr. Sonst vergessen wir noch das Allerwichtigste!«
»Du meinst … das Kind des Dunklen Blutes?«
»Ihr sagt es!«
»Aber genau das hat meine Zweifel erst herausgefordert!« Erneut wurde Borboron laut. »Beliaal treibt derbe Späße mit uns! Warum zeigt er uns diese Bälger vom Menschenstern, anstatt uns endlich das gesuchte Kind zu offenbaren?«
Ein kaum wahrnehmbares Lächeln huschte über das verschrumpelte Altmännergesicht. »Aber genau das hat er doch getan, Herr.«
»Niemals! Diese verdammte Laura steht auf der Seite des Lichts. Sie kann es also unmöglich sein.«
»Das hat auch niemand behauptet.«
»Aber wer dann?« Borboron blickte fassungslos drein. »Wer sonst sollte das Kind des Dunklen Blutes sein?«
»Lauras Bruder, Herr! Lukas Leander!«
Kapitel 6
Das
Kind des
Dunklen Blutes
ie Deckenlampe tauchte das Wohnzimmer von Professor Morgenstern in warmes Licht. Percy Valiant und Miss Mary hatten am Wohnzimmertisch Platz genommen und erstatteten dem Direktor des Internats Bericht. Als sie damit fertig waren, lächelte Aurelius Morgenstern zufrieden. »Das sind äußerst gute Neuigkeiten«, sagte er. »Es freut mich sehr, dass Yannik Anders solche Fortschritte macht.« Der alte Herr schmunzelte. »Was sicherlich auch das Verdienst seiner Lehrer ist, nicht wahr?«
»Vielen Dank, Herr Direktor«, hauchte Miss Mary mit elfenhafter Stimme. Die zarte Blässe ihrer Wangen färbte sich rot.
Die junge Frau hatte ihre schottische Heimat schon vor Jahren verlassen, um am Internat Ravenstein Englisch und Französisch zu unterrichten, aber mitunter zeigte sie sich noch schüchtern wie ein Teenager. Für ihre Fähigkeit des Gedankenlesens war sie schon oft gelobt worden, aber immer noch schien ihr das unangenehm zu sein.
Percy Valiant, ihr burschikoser Kollege aus Frankreich, der sich seine ulkige Ausdrucksweise durch die intensive Lektüre mittelalterlicher
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