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Laura und das Labyrinth des Lichts

Laura und das Labyrinth des Lichts

Titel: Laura und das Labyrinth des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freund
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schnöden Zweckdenken, und so störte sich niemand am müßigen Treiben der Erleuchtlinge. Sie waren dort wohlgelitten, obwohl die Bewohner des zauberhaften Waldes ansonsten streng darauf achteten, dass kein fremdes Wesen ihr geheimnisvolles Refugium betrat. Dafür sorgten die Irrlichter, die den Zugang des Karfunkelwaldes bewachten und jeden Eindringling vom Weg abbrachten.
    Die Einhornstute hatte keinen Blick für die schwärmenden Erleuchtlinge und auch nicht für die Gestirne am Himmel, deren Licht ihr Horn perlmuttgleich schimmern ließ. Ihre Aufmerksamkeit galt allein dem Fohlen, das sie eben zur Welt gebracht hatte. Auf wackeligen Beinen stakste das Füllen durchs üppige Gras. Sein Fell war noch feucht, aber bereits strahlend weiß wie das seiner Mutter. Allerdings fehlte das Horn auf der Stirn, denn die Tiere bildeten ihre Hörner erst im Lauf des ersten Sommers aus.
    Die Stute stupste das Neugeborene sachte mit der Nase an, um ihm den Weg zu ihren Zitzen zu weisen, wo es kräftigende Milch fand. Obwohl Einhörner magische Tiere waren, konnten auch sie nicht ohne Nahrung leben.
    Erneut stieß die Stute das Füllen an, und endlich begriff es. Während es sich an den Hinterleib der Stute drängte, erhob sich ein Raunen im Wald, gerade so, als würde sich dort jemand unterhalten. Obwohl zwischen den Baumstämmen niemand zu sehen war, formten sich die gewisperten Laute schließlich zu verständlichen Worten.
    »Seht, seht, welch große Ehre uns zuteil geworden ist. Eine neue Prinzessin wurde uns geboren.« Sämtliche Bäume rings um die Lichtung neigten die Kronen, bis die Spitzen beinahe den Boden berührten. »Hoch lebe Silvana, unsere jetzige Königin, und hoch lebe Smeralda, unsere zukünftige Königin!«, wisperten sie wie aus einem Mund. »Hoch! Hoch! Hoch!«
    Die Einhornstute hob den Kopf. »Ich danke Euch, Ihr Alten!« Fein wie gesponnenes Silber klang ihre Stimme über die Lichtung. »Und Euch Pflanzlingen und Unsichtbaren natürlich auch.«
    Bei diesen Worten kam Leben in das Unterholz. Die Büsche, die eben noch reglos an Ort und Stelle verharrt hatten, bewegten sich plötzlich. Jetzt war zu erkennen, dass sie über zwei Beine und zwei Arme verfügten, die aus Blättern und Zweigen bestanden. Auch die Häupter auf den kräftigen Leibern schienen aus Blattwerk geformt zu sein und wiesen doch so etwas wie Lippen auf. »Wir danken Euch, Königin Silvana, dass wir Zeugen dieser schicksalhaften Stunde werden durften«, flüsterten sie.
    Selbst im zauberträchtigen Karfunkelwald war die Geburt eines Einhorns ein ebenso außergewöhnliches wie glückliches Ereignis. Diese geheimnisvollen Wesen standen unter dem besonderen Schutz der Geister, die über den Lauf der Welten bestimmen, und waren deshalb mit nahezu ewigem Leben gesegnet. Zudem lebten Einhörner sehr zurückgezogen, und so fanden nur höchst selten eine Stute und ein Hengst so nah zueinander, dass ihrer Verbindung ein Füllen entsprang. Immer dann fügte es das Schicksal, dass die Fohlen in einer Frühlingsnacht geboren wurden, zu jener Zeit, in der die Macht der Dunkelheit schwindet und das Licht sich zur Herrschaft aufschwingt.
    Es hatte also seinen Grund, weshalb die Alten und die Pflanzlinge, wie die lebenden Bäume und Büsche des Forsts genannt wurden, der Königin des Karfunkelwaldes ihre feierliche Ehrerbietung erwiesen. Sie waren der Einhornstute dankbar, denn die Geburt einer Prinzessin verhieß Glück und Frieden für viele weitere Jahre. »Heil und Dank unserer künftigen Herrscherin«, riefen sie wie aus einem Munde, als mit einem Mal ein dumpfes Grollen einsetzte – aus weiter Ferne zunächst, dann aber rasch näher kommend.
    Der unheimliche Laut schwoll zu einem mächtigen Ton an. Die Kronen und Äste der Baumwesen wurden von einem Sturm erfasst, der sie erzittern ließ. Schließlich fegte ein frostiger Wind über die Lichtung und drohte das Wasser des Sees zu Eis erstarren zu lassen. Bäume und Büsche schüttelten die blattstrotzenden Kronen. Sie sahen einander erschrocken an. »Beliaal!«, raunten sie voller Furcht. »Er zürnt und tobt und wütet im Herzen der Finsternis.« Dann rückten sie Schutz suchend enger zusammen.
    Die Einhornstute aber reckte furchtlos den Kopf, bis ihr Horn wie eine Lanze gen Himmel zeigte. Dann drehte Silvana sich in den Wind, lauschte für einen Moment in die Richtung, aus der das Gedröhn und Gebraus erklang. Schließlich stieg sie auf die Hinterbeine und wieherte weithin vernehmbar. Alle, die die

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