Lauschangriff - Im Visier der Feinde: Thriller (German Edition)
bereits über ihre Rechte aufgeklärt. Aufgrund der ihnen vorliegenden Fotos gebe es keinerlei Zweifel über die Identität der vier momentan in Gewahrsam genommenen Männer.
Ibrahim, der davon ausging, dass sie einen Anwalt brauchten, hatte darum gebeten, Scheich Abdullah anrufen zu dürfen. Martin hatte ihm das für die folgenden zwölf Stunden verweigert; so lange bräuchten sie noch, um die konfiszierten Materialien zur Sprengstoffherstellung zu untersuchen. Und vielleicht, so seine Begründung, müsse er sie sowieso alle wieder freilassen – je nachdem, was die besagte Untersuchung ergeben würde.
Damit beging er einen Gesetzesverstoß. In England haben sogar Terroristen sofortiges Anrecht auf einen Anwalt. Aber, so Martins Überlegungen, sollte es zu irgendwelchen Problemen kommen, könnte er sie immer noch wegen irgendwelcher Unstimmigkeiten mit ihren Studentenvisa drankriegen.
Als Mack schließlich ins Cow and Calf Hotel eincheckte, hatte Martin die Auserwählten seit 24 Stunden hinter Schloss und Riegel und wurde langsam nervös, da er die Tatverdächtigen nicht mehr viel länger festhalten konnte, ohne sie mit ihrem Anwalt reden zu lassen. Er war daher sehr erleichtert, als sich Mack von seinem Hotel aus meldete und ihm mitteilte, dass er die vier Terroristen am folgenden Abend um 21.30 Uhr allein bei den Felsen treffen wolle. Martin solle sie dorthin bringen, ihnen sagen, dass ein Freund am Fuß des kleineren Felsen auf sie warte, und sie dann freilassen.
»Damit überschreite ich die festgesetzte Frist, innerhalb derer ich sie wieder gehen lassen muss«, erwiderte er. »Kann ich mich darauf verlassen, dass das gewünschte Ergebnis erzielt wird?«
»Ja«, antwortete Mack. »Ich werde mich um ein Säuberungskommando kümmern, bevor ich verschwinde.«
»SAS?«
»Richtig.«
Die militärischen Vorbereitungen verliefen reibungslos. Mack forderte über Martin bei Russ Makin einen Chinook-Hubschrauber an, der am folgenden Abend gegen 23.00 Uhr mit Leichensäcken einschweben sollte. Martin gab diese Daten in seinen Computer ein und schickte wie von Scotland Yard angewiesen alles per E-Mail zu Lt. Colonel Makin in Credenhill.
Vier Stunden später ließ er den vier Gefangenen Kaffee und Sandwiches bringen, in der Hoffnung, sie damit fürs Erste zufriedenzustellen. Dann verließ er die Dienststelle.
In den vergangenen acht Monaten war die Dienststelle der West Yorkshire Police in Bradford allerdings von einem Maulwurf unterwandert worden – einer 24-jährigen pakistanischen Reinigungskraft namens Freddie, der dreimal in der Woche abends zum Putzen kam. Er war ein fröhlicher junger Mann, der tagsüber – gelegentlich – an einer der zahlreichen »Universitäten« im Stadtbezirk Manningham studierte. Es gab keinen, der Freddie nicht gemocht hätte, allerdings wusste niemand, dass er einerseits einen Universitätsabschluss in Informatik der Cornell University besaß und andererseits ein erfahrener Sprengstoffexperte war, der sich vorgenommen hatte, das Hauptquartier der Bradforder Polizei in die Luft zu jagen.
Freddie arbeitete für Scheich Abdullah. Sein Vater war beim amerikanischen Bombardement von Tora-Bora ums Leben gekommen. Freddie war ein islamischer Extremist.
Verborgen im Schatten sah er, wie Len Martin mit seinem Chauffeur das Gebäude verließ. Den Wischmopp über der linken Schulter, einen Eimer mit warmem Seifenwasser in der Hand, schritt er daraufhin durch den langen Gang zum Büro des Superintendent. Er zückte seinen Schlüsselbund, suchte den Generalschlüssel und betrat Len Martins Büro.
Ohne das Licht anzuschalten, fuhr er den Computer hoch, öffnete das E-Mail-Programm und scrollte, wie er es jeden Abend tat, durch die Nachrichten.
Bei der Nachricht mit der Betreffzeile »SAS-Kontakt« hielt er inne, bevor er sie öffnete:
BB ordert Chinook mit vier Leichensäcken für morgen 2300, Ilkley Moor, GPS 53.196N 1.800W. BB Rendezvous mit den Auserwählten, Steinrinder 2130. Bestätigung nicht erforderlich.
Freddie notierte sich die Angaben auf Len Martins Block, bevor er die Nachrichtenliste ein weiteres Mal überflog und auf die Betreffzeile »Auserwählte« stieß. Er öffnete die Mail und stieß auf die vom US-Geheimdienst identifizierten Terroristen Ibrahim Sharif, Yousaf Mohammed, Ben al-Turabi und Abu Hassan Akbar. Dieser Computer war der einzige in der Dienststelle, auf dem diese Namen verzeichnet waren.
»Beim Propheten! Leichensäcke! SAS! Sie wollen meine
Weitere Kostenlose Bücher